Bewegung ist nicht nur gut für die Gesundheit, sondern kann auch Spaß machen. Das zeigen AllHarald Banzhaf (von links), Heike Entenmann, Christina Obergföll und Sven Bach. Foto: Hopp

Telefonaktion: Vier Experten geben wertvolle Ratschläge zu den Themen Sport, Ernährung und Stressbewältigung.

Oberndorf - Wie gehe ich mit Stresssituationen um? Und helfen Light-Produkte wirklich beim Abnehmen? Fragen wie diese rund um die Themenkomplexe Bewegung, Stressresistenz und gesunde Ernährung haben bei unserer Telefonaktion zu "Wir bewegen" vier Experten beantwortet. Mit den beiden Fachreferenten der Barmer-Krankenkasse Christina Obergföll (Ex-Profisportlerin und Motivationscoach) und Diätassistent Sven Bach, dem Allgemeinmediziner und Therapeuten für Stressmanagement Harald Banzhaf und der Bad Dürrheimer-Ernährungsexpertin Heike Entenmann standen unseren Lesern kompetente Ansprechpartner zur Verfügung.

Mein Beruf lässt mir keine Zeit für die regelmäßige Teilnahme an Sportkursen. Wie lässt sich in meinen vollen Alltag möglichst zeitsparend Bewegung einbauen?

Obergföll: In Bewegung zu bleiben gelingt tatsächlich am einfachsten, wenn sie sich ins tägliche Leben integrieren lässt. Fahren Sie nach Möglichkeit zum Beispiel mal mit dem Fahrrad zur Arbeit oder parken Sie ein paar Straßen von Ihrer Arbeitsstelle entfernt und laufen den Rest. Nehmen Sie die Treppe statt den Fahrstuhl zu nutzen. Mit solchen kleinen Bewegungseinheiten bewegen wir uns automatisch und fast unbewusst – und schaffen so die empfohlenen 30 Minuten am Tag ganz einfach.

Meine Frau zieht mich immer damit auf, dass mein Bierbauch vom Bier kommt, das ich gelegentlich gerne trinke. Hat sie wirklich recht?

Bach: Nur teilweise. Der Bauch kommt nicht direkt vom Bier, sondern vielmehr vom Alkohol an sich. Alkohol ist nach Fett der höchste Energielieferant. Zwei Flaschen Bier à 0,5 Liter enthalten satte 500 Kilokalorien.  Bei einem durchschnittlichen Tagesbedarf von 2000 Kilokalorien sind damit also schon 25 Prozent nur durch das Bier gedeckt. Außerdem schürt der Alkohol das sehr ungesunde Bauchfett.

Wie schaffe ich es, mich nach einem langen Bürotag noch zum Sport zu motivieren?

Obergföll: Verabreden Sie sich mit einem Kollegen oder Freunden zum Sport. Machen Sie dafür einen festen Termin in der Woche aus. Das hilft, den »inneren Schweinehund« zu überwinden. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, machen Sie sich das zunutze und lassen Sie Sport zur Routine werden.

Meine Kinder haben öfter Kopfschmerzen und beklagen sich über Konzentrationsstörungen. Warum?

Banzhaf: Kinder und Jugendliche sind heute durch Smartphones, Internet und Fernsehen einer ständigen Reizüberflutung ausgesetzt. Der ausgeprägte Medienkonsum führt dazu, dass Kinder weniger Zeit draußen verbringen und sich weniger bewegen. Dadurch kommt es zu einem Ungleichgewicht im Nervensystem mit vielen biochemischen Veränderungen, die sich auch auf zahlreiche psychische und kognitive Leistungen des Gehirns auswirken. Deshalb rate ich Ihnen: Schicken Sie Ihre Kinder zum Spielen an die frische Luft, das bringt Sauerstoff in alle Körperzellen und ins Gehirn. Es ist wichtig, für Kinder und Jugendliche handy- und tabletfreie Zeiten einzuplanen, denn der ständige Kontakt mit hochfrequenten Feldern macht auf Dauer krank.

Ich mache viel Sport. Ein Bekannter hat mir zu speziellen Sportlergetränken geraten. Sind die wirklich nötig?

Entenmann: Beim Schwitzen verliert der Körper nicht nur Wasser, sondern auch Mineralstoffe. Daher werden häufig spezielle Sportlergetränke beworben, die uns glaubhaft machen wollen, dass sie beim Sport dringend erforderlich seien.  Diese sogenannten isotonischen Getränke mögen unter Extrembedingungen im Hochleistungssport gerechtfertigt sein, aber im Breitensport sind spezielle Sportlergetränke nicht erforderlich. Der optimale Durstlöscher ist Mineralwasser. Dadurch wird der Flüssigkeitsverlust am schnellsten ausgeglichen.

Seit einiger Zeit habe ich Schlafstörungen und fühle mich morgens nicht richtig ausgeruht. Woran kann das liegen?

Banzhaf: Der Tag ist dazu da, Leistung zu bringen. Die Nacht ist von der Natur dafür vorgesehen, sich zu erholen, zu regenerieren und zur Zellerneuerung. Nicht selten machen wir die Nacht zum Tag: Wir arbeiten bis spät abends, schauen lange fern und essen üppig.  Dadurch entsteht ein Ungleichgewicht im vegetativen Nervensystem und die zellregenerierenden Hormone werden nicht ausreichend gebildet. Achten Sie auf völlige Dunkelheit im Schlafzimmer und verbannen Sie alle elektrischen und elektronischen Geräte aus dem Raum, um sich einer  Dauerbestrahlung zu entziehen. Auch Bewegung, eine gesunde Ernährung und regelmäßige Achtsamkeitsübungen, zum Beispiel in der Meditation, unterstützen einen guten Schlaf.

Ich bin 45 Jahre alt und habe länger keinen Sport mehr gemacht. Zu welcher Art von Bewegung raten Sie mir als Anfänger?

Obergföll: Grundsätzlich gilt es, eine Sportart zu finden, die Spaß macht. Mit 45 Jahren sollte man sowohl im Ausdauer- als auch im Kraftbereich trainieren. Hier würde sich für die Ausdauer vielleicht Nordic Walking oder Radfahren anbieten. Für die Kraft empfehle ich Ihnen ein leichtes Krafttraining, entweder im Fitnessstudio oder durch Wandern oder Rudern. Sie sollten darauf achten, langsam und kontinuierlich die Belastung und Intensität zu steigern.


Mir ist Nachhaltigkeit bei Lebensmitteln wichtig. Wie kann ich sie am besten umsetzen?

Entenmann: Je regionaler und saisonaler Sie einkaufen, desto größer ist der Effekt für die Nachhaltigkeit. Es muss nicht sein, dass im Winter Erdbeeren und Spargel auf den Tisch kommen, die einen weiten Transportweg hinter sich haben, der jede Menge Treibhausgase verursacht. Es gibt mittlerweile viele Hofläden in der Region, die saisonale Produkte anbieten. Auch Wochenmärkte bieten eine gute Gelegenheit, nachhaltig direkt beim Erzeuger einzukaufen. Wenn Sie dann noch mit dem Rad zum Einkaufen fahren oder zu Fuß gehen, leisten Sie einen optimalen Beitrag zur Klimabilanz.

Ich habe mal gelesen, dass  man nach 17 Uhr nichts mehr essen soll. Gerade, wenn man abnehmen möchte. Stimmt das?

Bach: Es kommt auf die Tagesenergie an, nicht auf die Uhrzeit, zu der gegessen wird. Unsere südlichen Nachbarn essen meist erst in den späten Abendstunden. Und trotzdem zählen wir Deutschen im europäischen Vergleich zu den dicksten. Fürs Gewicht spielt die Uhrzeit also keine Rolle. Was Verdauung und Verträglichkeit anbelangt, mag es ratsam sein, später am Abend nichts mehr oder nicht mehr zu deftig zu essen.  Wegen des Schlaf-Wach-Rhythmuses sollte man allerdings nach 22 Uhr beziehungsweise zwei Stunden, bevor man schlafen geht, nichts mehr essen.

Ich fühle mich dauernd erschöpft und weniger leistungsfähig als früher. Was ist mit mir los?

Banzhaf: Die Anforderungen hinsichtlich Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben steigen ständig – die Welt ist schneller und hektischer geworden. Nehmen Sie daher öfter kleine Auszeiten im Alltag, machen sie kurze Atempausen. Die Konzentration auf den eigenen Atem bringt uns sofort in den gegenwärtigen Moment. Stress entsteht meistens dann, wenn wir entweder mit unseren Gedanken schon in der Zukunft sind oder noch der Vergangenheit nachhängen. Beenden Sie bewusst das Kopfkino. Lernen Sie, auch mal Nein zu sagen. Sich abzugrenzen, bewusst zu verzichten. Und verabreden Sie sich öfters mit sich selbst – zu einem Kaffee oder auf einen Spaziergang.  Erlernen Sie eine Entspannungsmethode und praktizieren Sie diese möglichst jeden Tag. Manchmal genügen wenige Minuten, um zu regenerieren und neue Energie zu tanken.

Ich möchte jetzt auf den Sommer hin ein paar Kilos verlieren. Sind Light-Produkte da die richtige Wahl?

Bach: Eher nicht. Meiner Ansicht nach bewirken sie in manchen Fällen sogar das Gegenteil und führen eher zur Gewichtszunahme. Viele wiegen sich mit dem Wort »light« in Sicherheit und essen dann bis zu einem Drittel mehr. Das Kaloriensparen bleibt aus und damit auch die gewünschte Gewichtsabnahme. Essen Sie lieber bewusst, das bewirkt in der Regel mehr als sich auf den Light-Effekt zu verlassen.

Haben Sie Tipps für kleinere Sportübungen, die ich auch im Büro so zwischendurch mal machen kann?

Obergföll: Legen Sie sich ein Theraband in die Schublade am Schreibtisch und holen es ein- bis zweimal täglich für drei bis fünf Minuten raus. Man kann schnell unzählige Übungen machen, die gerade für Problembereiche wie Schulter und Nacken hilfreich sind, die ja bei vielen verspannt sind. Außerdem ist es ratsam,  immer wieder zu gehen. Als Barmer-Fachreferentin habe ich einen weiteren Tipp: Stellen Sie sich aufrecht hin, lassen die Arme seitlich hängen und kreisen dann die Schultern rückwärts. Das steigert Ihre Konzentration für kommende Aufgaben. Ganz nebenbei haben Sie so auch Ihren Schulter-Nacken-Bereich aufgelockert und die Wirbelkörper werden wieder besser mit Nährstoffen versorgt.