Beim Bürgerball der Alten Germanen treffen schwäbische Sparsamkeit und belgischer Patriotismus aufeinander

Von Karina Eyrich

Winterlingen-Benzingen. Kämpfen konnten sie – und feiern können sie immer noch: Die Alten Germanen aus Benzingen haben mit ihrem Bürgerball gezeigt, wie Fasnet sein muss.

Heiß wie in einer Sauna muss es ihnen sein in ihren Schaffellen und Felljacken, den Mitgliedern der Narrenzunft "Alte Germanen", die ihren Bürgerball wie üblich mit dem Germanenlied beginnen – und dasselbe mit dem ohrenbetäubenden Schlachtruf beenden: "Heiaso – mir lebet no!"

"Wer ist immer vorn dabei? Zunftmeisterin Diana Frey", reimt Gerold Stauß, der ansonsten das Publikum zur Hilfe nimmt, um seine Reime zu vollenden. Die Germanen-Pfetzer mit ihren fellbespannten Trommeln treffen in der kleinen Halle auch das hinterste Trommelfell, animieren zu La-Ola-Wellen und tröten "Ein Hoch auf uns" – was könnte besser zum Selbstbewusstsein des stolzen Germanenvolks passen?

Danach geht’s – Kontrastprogramm – aufs "Traumschiff" mit den Moderatorinnen Diana Frey und Martina Schachtschneider, die als Hausfrauen von der großen Kreuzfahrt träumen. Zuerst legt das Schiff bei Robin Hood, den Musketieren und Feen an – die von Karin Clemens und Samantha Gaiser trainierte Mini-Garde bezaubert so sehr, dass sie nicht ohne Zugabe davon kommt.

Den Alltag in einem Pflegeheim mit allen Klischees nimmt eine Frauengruppe nach einer komischen Rollatoren-Invasion auf die Schippe. Stuhlgang und Körperpflege: alles durchgetaktet. Sogar das Wasser zum Ausspülen nach dem Zähneputzen geben die Frauen von Mund zu Mund weiter – das ist schwäbische Sparsamkeit.

Karl Späh als Till Eulenspiegel knöpft sich das Ortsgeschehen vor, berichtet von einer Trauung mit Panzer als Hochzeitsauto und von einer fußballbegeisterten Patriotin, die zu WM-Spielen Schwarz-Rot-Gold getragen hat. Moment mal, da stimmte doch etwas nicht? Es war die belgische Flagge, die das Trikot der Dame zierte. Außerdem erfuhren die Gäste, dass nicht nur im Nahen Osten, sondern auch in Harthausen zuweilen die Fetzen fliegen, und Wissenswertes über die Hilfsbereitschaft der Benzinger Guggenmusiker: Die junge Aktive, die ihr Instrument für die Probe in Lautlingen vergessen hatte, sei erst kurz bei den Germanen – und stehe schon im Narrenblättle drin.

Rita Späh und Elli Ermler hingegen pflegen den Dorfweiber-Tratsch am Küchentisch und planen gleich noch ihren Urlaub: diesmal kein FKK – "und die Bank sagt, ob’s ein langer wird".

Ein musikalischer Höhepunkt ist das Luftpumpenkonzert der Germanen-Pfetzer. Tänzerische Glanzpunkte setzen die Mädchen vom TV Winterlingen mit ihrem pfiffigen Jazztanz und die Mädchen vom TV Veringendorf, die – originell gewandet – den Kampf zwischen Nacht- und Tagfaltern zum Erlebnis machen.

Ebenfalls aus dem Nachbarort ist die Guggenmusik herübergekommen, obwohl ihr Dirigent Heiko ausgerechnet an diesem Valentinstag 29 Jahre alt wird. Ohrenbetäubend laut beweisen sie, dass sogar einstige Schmuse-Schlager wie "Ohne Dich schlaf ich heut’ Nacht nicht ein" guggenmusik-fähig sind. In Benzingen schläft nach diesem Bürgerball wohl auch keiner so schnell. Schließlich: Dort leben die Alten Germanen noch – und das muss gefeiert werden.