Eine 23-Jährige ist vor dem Amtsgericht in Nagold freigesprochen worden. Foto: Köncke

Staatsanwaltschaft fordert einmonatige Haftstrafe. Vorbestrafter Frau kann Tat nicht nachgewiesen werden.

Wildberg/Nagold - Hat sie das Portemonnaie im Auto mitgehen lassen? Weil das nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, sprach das Amtsgericht Nagold eine 23-Jährige aus dem Raum Wildberg vom Vorwurf des Diebstahls frei. Die Staatsanwaltschaft hatte eine einmonatige Haftstrafe gefordert.

An einem Freitagmorgen im August trampte die Angeklagte von Althengstett nach Calw. Sie wollte sich in einer Bäckerei vorstellen. Ein junger Mann nahm sie mit. In der Kreisstadt bemerkte der Fahrer, dass sein Geldbeutel fehlte. Kann es sein, dass ich ihn daheim liegengelassen habe?, wollte der Paketzusteller nicht ausschließen und drehte um. Die Suche in der eigenen Wohnung blieb erfolglos. Da sei ihm klar geworden, dass er beklaut worden ist, sagte der Geschädigte vor Gericht aus.

In Calw versuchte er die Anhalterin zu finden und bat einen Streifenpolizisten um Mithilfe. Und tatsächlich: Die Angeklagte wurde beim Überqueren des Marktplatzes entdeckt und durchsucht. Die Geldbörse wurde indes nicht bei ihr gefunden.

Angeklagte befindet sich in ambulanter Therapie

Weil der Autofahrer an dem fraglichen Tag wegen eines beruflichen Termins unbedingt in Frankfurt sein wollte, sei er "stinksauer" gewesen und habe Anzeige erstattet, stand im Polizeibericht. In der Lederbörse hätten sich außer Geld wichtige Papiere wie Führerschein und Personalausweis befunden.

"Ich bin unschuldig", beteuerte die Angeklagte in der Verhandlung. Staatsanwalt Martin Klose glaubte ihr das nicht. Er vermutete, dass sie den Geldbeutel irgendwo versteckt habe. Das würde zu ihren bisher verübten Straftaten passen. Richter Link zählte auf: wiederholter Diebstahl, Beleidigung, Körperverletzung, unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln. Deswegen befindet sich die 23-Jährige – sie wohnt noch bei ihren Eltern und macht eine Ausbildung in einer Herrenberger Bäckerei – auch bis heute in ambulanter Therapie.

Die Staatsanwaltschaft beantragte eine Freiheitsstrafe von 30 Tagen, die wegen vieler Rückfälle nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden könnte. Außerdem gab Klose der Frau mit auf den Weg, ihren Bekanntenkreis zu meiden, "der sie immer wieder runterzieht".

Dass die Auszubildende freigesprochen wurde, stand für den Richter "Spitz auf Knopf". Entscheidend war für Martin Link, dass der Paketzusteller in seine Wohnung zurückfuhr und sich folglich nicht sicher gewesen sei, ob die Angeklagte den Diebstahl begangen hat.