Foto: M. Bernklau Foto: Schwarzwälder-Bote

Comedy: Christoph Sonntag gastiert in der lang schon ausverkauften Gültlinger Halle

Der "König der schwäbischen Comedy" im kleinen Gültlingen – das ist fast wie ein Staatsbesuch. In einer lang schon ausverkauften Gültlinger Halle, hinter sich Stuttgarts Neues Schloss als Deko, trat Christoph Sonntag vor sein Publikum.

Von Martin Bernklau

Wildberg-Gültlingen. Er kann weit größere Hallen füllen, womöglich Stadien, vielleicht auch ganz anderswo. Als Schwabe und Stuttgarter aber bleibt der Alleinunterhalter gern im Ländle und bei seinem lokalen Leisten; allerdings immer mit der knitzen Vergleichs-Perspektive auf die Nation und die Welt. Der verbuddelte Hauptbahnhof ist doch noch lang kein so peinlicher Schwabenstreich im Vergleich mit dem Berliner Geisterflughafen.

Christoph Sonntag ist souverän und erfahren genug, Brandaktuelles spontan in sein ausgefeiltes Programm "Muss des sei..?" einzubauen, die Flüchtlingskrise etwa. Aber auch neue Gags zur schnellen Zweitverwertung bei seinen Partnern von Funk und Fernsehen probiert er aus. Kindergarten-Stuhlkreis, veganes Essen, Selfies, Paketzustellung, Telekom-Warteschleifen, Baumarkt oder Kindergeburtstag bei Sven Torben Ole – der Alltag liefert genug Stoff für Spott und Spiel.

Verglichen mit seinem Berliner Kollegen und Stadionfüller Mario Barth hat Christoph Sonntag eine weitaus farbigere Palette als fast nur Variationen der alten Geschichte von den Männern und den Frauen. Da sind beim schwäbischen Comedian noch mehr Anteile des klassischen Kabarettisten. Doch die zugespitzten Beobachtungen aus dem familiären Alltag sind auch bei ihm ein wichtiger Teil seiner Methode. Und im Abgleich der jungen Leute von heute mit der eigenen Kindheit und Jugend fördert der 53-Jährige doch auch manches spaßig Erhellende zutage.

Sonntag kalauert gern auch mal. "Thomas die Misere" ist so ein Ding oder "Politik von Profis statt von der Leyen!", hart auf der Kante. Schon raffinierter ist der gemeine Nachsatz "Wehrmachts-Uschi... noch Doktor". Und ein bisschen Pöbeln muss sein. Der nuschelnde Bahn-Vorstand Ronald Pofalla kommt für den Comedian nicht aus Merkels Amt, sondern "aus dem Enddarm der Kanzlerin". Naja.

Klischees müssen auchsein beim Humor

Für einen wackeren Schwaben gehört auch ein bisschen liebevolles Bashing anderer Völkerschaften zum Pflichtprogramm, Saarländer etwa. Über die habe man sich einst wüst gestritten, heute gäbe man die armen Schlucker gern an Frankreich zurück. Den einen Saarländer im Publikum fragt Sonntag, ob ihm auf dem Weg zum Bodensee das Benzin ausgegangen sei. Klischees, kein Zweifel, müssen auch sein beim Humor. Einen verspäteten Lacher wegen denkbarer Begriffsstutzigkeit zu fragen, ob "heute Lehrer-Ausflug" sei, ist da aber keine Sternstunde.

Es ist andererseits auch noch keine politisch unkorrekte Volksverhetzung, wenn Sonntag einen Griechen und einen Portugiesen ins Bordell gehen lässt und dann fragt: "Wer zahlt?". Klar, über die Antwort "Du und ich!" darf lauthals gelacht werden. Das passiert sowieso am laufenden Band. Das Wildberger und Gültlinger Publikum zeigte dabei ein gutes Gespür für das richtige Maß und die Qualität der Mitte. Es sind nicht die platten Brüller und nicht die verkopften kritischen Spitzen und Wortdrechseleien, mit denen der Komödiant es gewinnt, sondern die gelungenen Scherze irgendwo zentral zwischen Comedy und Kabarett.

Natürlich hatten die städtische Initiative "Kultur macht Freu(n)de" und der Südwestrundfunk als Veranstalter "ganz Wildberg" zu Gast. Christoph Sonntag bräuchte nur dastehen und redend seine Sachen machen. Als (nebenbei) gelernter Schauspieler bietet er aber auch ein bisschen mehr an theatralischem Schabernack und Mummenschanz.

Kretschmann stellt erals Denkmal dar

In Zuhälter-Verkleidung führt er mit seiner Geige vor der Pause ein zornig-böses Lied über Zocker-Bänker auf. Und für seine Kretschmann-Parodie stellt er den Ministerpräsidenten (Aufschrift: "2011 – 2046") als sprechendes Denkmal auf den Stuttgarter Schillerplatz, die kackende Taube auf dem Arm; als Hintergrundmusik: "Preisend mit viel schönen Reden", die Schwaben-Hymne.

Wer nach zweieinhalb Stunden Vergnügen und viel Jubel schnell genug heim kam, konnte Christoph Sonntag noch im Fernsehen erleben, mit dem selben Programm aus der Porsche-Arena. Der Vergleich zeigte: ähnlich große Stimmung, und das Gültlinger Publikum konnte mit dem Stuttgarter gut mithalten.