Freut sich über den Wahlsieg: Gerhard Reiner (Mitte) mit seiner Frau Claudia und dem amtierenden Schultes Richard Ege. Foto: Schnurr/Visel

54-Jähriger kommt auf 52,5 Prozent der Stimmen. Stephan Reuß erhält 46,7 Prozent. Wahlbeteiligung liegt bei 78,4 Prozent. Mit Kommentar.

Weilen unter den Rinnen - Die Weilener haben entschieden: Der 54-jährige Schömberger Stadtkämmerer Gerhard Reiner ist neuer Bürgermeister der 600 Einwohner zählenden Gemeinde. Er erhielt am Sonntag im entscheidenden Wahlgang überraschend 52,5 Prozent der Stimmen und versprach Freibier für alle.

Nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses nahm Gerhard Reiner spontan seine Frau Claudia in den Arm. Er dankte den Wählern für das Vertrauen, das ihm entgegengebracht worden sei und versprach, allen Bürgern die Hand für ein gutes Miteinander zu reichen.

Der neue Bürgermeister dankte seinen Mitbewerbern für den fairen Wahlkampf und seiner Frau Claudia, die ihn nach dem ersten Wahlgang ermutigt habe, weiter zu machen. Er zeigte sich froh darüber, "es doch noch geschafft zu haben". Seine Frau sagte einfach nur: "Wir sind begeistert. Wir empfinden einfach nur Freude ohne Ende."

Reiner lag nach dem ersten Wahlgang noch deutlich hinter seinem Mitbewerber Stephan Reuß. Er ließ sich aber nicht entmutigen, sondern machte in den vergangenen zwei Wochen noch einmal intensiven Wahlkampf und sprach dabei Themen an, die den Weilenern wichtig sind. Stephan Reuß hingegen, so hieß es gestern, habe sich wohl schon zu sicher gefühlt.

Der scheidende Amtsinhaber Richard Ege sprach angesichts 46,7 zu 52,5 Prozent von einer »knappen Kiste«. Reiner erhielt 197 Stimmen und legte damit um 77 Stimmen zu. Stephan Reuß kam auf 175 Stimmen und erhielt damit genau eine mehr als im ersten Durchgang. Somit konnte nur der Schömberger Stadtkämmerer vom Rückzug der Kandidaten Reinhold Weiß und Dorothee Baur profitieren.

377 Wähler gingen an die Urne, die Beteiligung lag bei 78,4 Prozent. Es gab zwei ungültige Stimmen, drei Weilener Bürger – darunter Reinhold Weiß – erhielten jeweils eine Stimme, der Vertreter der Nein-Partei, Hans-Jörg Nordmeyer, bekam keine einzige.

Als Ege kurz nach 18.30 Uhr das Wahlergebnis bekanntgab, brach Jubel unter den zahlreichen Bürgern aus, die sich vor dem Dorfgemeinschaftsgebäude versammelt hatten. Dann spielte der Musikverein auf – erstmals dirigiert von Fynn Müller.

Während Gerhard Reiner Glückwünsche von Bürgern und seinen künftigen Amtskollegen aus dem Oberen Schlichemtal entgegennahm, war Stephan Reuß enttäuscht von seinem Ergebnis. Er zeigte sich aber als fairer Verlierer und gratulierte dem siegreichen Mitbewerber als Erster. »Ich muss das erstmal sacken lassen«, sagte er danach dem Schwarzwälder Boten. Er werde heute Abend in Ruhe "ein Bierle trinken" und den anstrengenden Wahlkampf hinter sich bringen.

Mut sprachen ihm Geislingens Bürgermeister Oliver Schmid und Landrat Günther-Martin Pauli zu. Über Pläne für eine künftige Kandidatur hat Reuß bislang noch nicht nachgedacht.

Pauli sagte: "Demokratie bleibt oft bis zum Schluss spannend." Schömbergs Bürgermeister Karl-Josef Sprenger betonte, Reiner habe "hoch verdient" gewonnen. Die Auschreibung für den neuen Stadtkämmerer sei vorbereitet. Monique Adrian, Bürgermeisterin von Dotternhausen, freute sich über einen "neuen, guten Kollegen", Dormettingens Schultes Anton Müller sagte, für ihn sei es überraschend, dass Reiner das Blatt noch wenden konnte. Heiko Lebherz meinte, es sei schwierig gewesen, den Wahlausgang vorherzusagen. Hans-Joachim Lippus aus Dautmergen betonte, Reiner habe nicht aufgegeben, sondern die richtigen Themen besetzt. Laut Oliver Schmid, Vorsitzender der Bürgermeister-Vereinigung, haben die Wähler auf Reiners Erfahrung gesetzt: "Der zweite Wahlgang bringt oft ein ganz anderes Ergebnis als der erste."

Kommentar: Aufholjagd

Bernd Visel

Der 54-jährige Gerhard Reiner ist der strahlende Sieger der Bürgermeisterwahl in Weilen unter den Rinnen. Er wird nun die Geschicke der 600 Einwohner zählenden Gemeinde leiten, nachdem er gestern im entscheidenden Wahlgang ganz überraschend seinen Mitbewerber Stephan Reuß hinter sich lassen konnte. Dieser lag im ersten Wahlgang noch klar vorne. Der Schömberger Stadtkämmerer gab jedoch nicht auf, sondern betrieb noch einmal intensiven Wahlkampf und sprach die richtigen Themen an. Es hat sich gelohnt. Reiner kann sich als Nachfolger von Richard Ege auf einen starken Rückhalt in der Bevölkerung stützen. Mit Bürgern und Gemeinderat will er ein Zukunftskonzept für Weilen entwickeln. Breitbandanschluss, Aufwertung des Ortskerns, neues Bauland und Angebote für Jung und Alt sind Aufgaben, an deren Bewältigung er sich nun messen lassen muss.