Mitten in der Christuskirche: Mal ein Selfie machen vom Jesuskind, dem neuen Superstar. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder-Bote

Religion: Modernes Krippenspiel in Tumlingen provokant inszeniert

Waldachtal-Tumlingen/-Hörschweiler. Wer stört, fällt unangenehm auf, besonders in einem sonntäglichen Gottesdienst in der evangelischen Christuskirche Tumlingen-Hörschweiler. Die Störenfriede machten aber auf das große Ereignis aufmerksam, das durch die Christnacht in unsere Welt gekommen ist. Weihnachten will auffallen – um jeden Preis.

"Wir wollen in Frieden und Gemeinschaft diesen Gottesdienst feiern", sagte Pfarrer Markus Arnold und wurde jäh unterbrochen durch lautes Klopfen an die Kirchentür. Grund dafür war das moderne Krippenspiel "Die Störung", das für Aufregung sorgte. Provozierende Aussagen sollten Wachrütteln und verfehlten ihre Wirkung nicht.

Unter der Regie von Diakon Ralf Hornberger führten Mädchen und Jungen der Kinderkirche und erwachsene Gemeindemitglieder die zeitgenössisch interpretierte biblische Weihnachtsgeschichte, die Theresa Martini erzählte, im Spätschichtgottesdienst am vierten Adventssonntag auf. Die Cresbacher Autorin und Kirchengemeinderätin Sabine Kübler hatte das Stück auf Waldachtaler Verhältnisse umgeschrieben. Einige Gottesdienstbesucher empörten sich, als ständig Leute lautstark an die Kirchentür polterten und um Einlass baten. Und der Küster (Ralf Hornberger) rieb sich verwundert die Augen. Voran eine Schwangere mit ihrem Mann, die selbst in den Hotels in Waldachtal keine Aufnahme fand. Sabrina und Gerd Johannsen verkörperten authentisch die Rollen von Maria und Josef. Eine aufgeregte Gottesdienstbesucherin (Margot Kirschenmann) schaute neugierig hinter den Altar und fand es skandalös, dass hier ein Kind entbunden werden sollte. Maria und Josef antworteten gelassen: "Das Baby ist doch niedlich." Das Schauspiel gipfelte in der Szene, als die beiden Jungs Hans und Gerhard (Matthias Fischer und Lukas Enderle) mit dem neu geborenen Jesuskind sowie Maria und Josef mit ihrem Smartphone ein Selfie machen wollten. Menschen (Hirten) von heute, mehr als 2000 Jahre nach dem Wunder von Bethlehem, würden wohl auch zu ihrem Handy greifen, oder?

Als dann zwei aufgemöbelte ortsprominente Damen in hochnäsiger Gangart zum neugeborenen Messias vorgelassen werden wollten, brachte es das Fass zum überlaufen: "Wo ist er denn, der kleine Schnuckel? Der zukünftige Superstar?" Die beiden neugierigen Damen (Elisabeth Enderle und Vanessa Brieskorn) schlüpften in die Rollen der Heiligen Drei Könige. Deren Bodyguards warteten draußen.

"Kennen Sie das auch, dass Weihnachten nervt? Dass Weihnachten alles durcheinander bringt, was wir uns so schön eingerichtet haben?", fragte Pfarrer Markus Arnold. Adventsfeiern über Adventsfeiern, Einkäufe, Geschenke, Haus und Wohnung dekorieren. Da sitzt man in der Kirche und will gemütlich seinen Gottesdienst feiern, so wie jedes Jahr. "Und plötzlich explodiert da die Bombe: Da kommt jemand herein und stört. Nein: Für Maria und Josef haben wir keinen Platz! Und die Hirten, Hans und Gerhard, die braucht sowieso kein Mensch."

Mancher mag sich in Gottesdienstbesuchern dieses aufrüttelnden Krippenspiels wiedererkannt haben. Ist es nicht so: "Die freien Tage an Weihnachten sind zwar ganz nett – aber das ganze kirchliche Drumherum ist etwas, worauf die Menschen gut verzichten können." Pfarrer Arnold: "Genau das ist die Erfahrung, die Jesus in seinem ganzen Leben gemacht hat. Man wollte ihn nicht." Er habe gestört, durcheinandergebracht, verärgert. Evangelist Johannes schrieb: "Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf." Man hatte für Jesus an seinem Geburtstag grade mal noch Platz in einem Stall am Rande von Bethlehem. Kurz nach seiner Geburt musste er als Flüchtling nach Ägypten. Als Erwachsener zog er in Israel von Ort zu Ort. Nur seine Wunder wollte man gern haben. "Die Menschen, die ihn in ihr Leben lassen, bekommen von ihm neues Leben." Seine Liebe zu den Menschen lasse sich auch durch unsere Abwendung nicht erschüttern. Es sei wie in einer Familie: "Auch wenn die Kinder noch so viel Unsinn machen, auch wenn das Leben der Kinder noch so schief geht – die Eltern bleiben immer noch die Eltern! Gott bleibt immer noch unser Vater, auch wenn wir noch so über die Stränge schlagen."

Das Chörle der evangelischen Kirchengemeinde unter Leitung von Diakon Ralf Hornberger umrahmte die Feier mit den passenden Liedern "Ein Licht leuchtet auf in der Dunkelheit" und "In der Nacht von Bethlehem", begleitet von Keyboarderin Sabine Kübler und Gitarristin Anouschka Hornberger. Pfarrer Markus Arnold spielte an der barocken Vleugels-Orgel.