Das Fußballfieber ist im Jahr der Europameisterschaft wieder ausgebrochen: Lothar Stoll blättert in seinen Autogramm-Alben. Fotos: Maier Foto: Schwarzwälder-Bote

Hobby: Lothar Stoll packte als 14-Jähriger das Fußballfieber / Original-Autogramme von Herberger haben heute hohen Wert

Von Walter Maier

Während Europas Fußballer in Frankreich gerade dem runden Leder nachjagen, blättert Lothar Stoll in Salzstetten in seinen Autogramm-Alben. Seine Idole aus Jugendzeiten bedeuten ihm auch nach fast 50 Jahren immer noch viel.

Waldachtal-Salzstetten. Die Fußball-Europameisterschaft in Frankreich ist in aller Munde. Da hat sich Salzstettens Ex-Fußballspieler Lothar Stoll wieder an seine Autogrammsammlung erinnert, die er sich als Jugendlicher aufgebaut hat. Im Jahr 1967 war er als 14-Jähriger im Sammelfieber. "Da bin ich sogar in der Pause von der Schule nach Haus gerannt, weil ich es kaum mehr erwarten konnte, welche Autogramme im Briefkasten lagen."

Der 63-jährige erinnert sich: "Aus einem Sportmagazin habe ich die Autogrammadressen bekommen." Einen Ehrenplatz nehmen bei ihm die Original-Unterschriften von DFB-Ehrenspielführer Fritz Walter und Weltmeister-Trainer (1954) Josef "Sepp" Herberger ein. Original-Autogramme von Herberger werden heute zwischen 80 und 100 Euro gehandelt. Seine Lieblings-Autogramme sind die von Fritz Walter, Franz Beckenbauer, Gerd Müller, Wolfgang Overath. Er schmunzelt: "Das ist Nostalgie."

Wenn Lothar Stoll in seinen Autogramm-Alben blättert kommen Erinnerungen an Fußballgrößen und Charaktere von einst hoch. Hier eine Auswahl: VfB Stuttgart: Torhüter Günter Sawitzki, Klaus-Dieter Sieloff, Gilbert Gress, Rolf Geiger, Erwin Waldner, Hans Eisle, Bo Larsson (Schwede); Karlsruher SC: Horst Wild, Torwart Siegfried Kessler; TSV 1860 München: Bernd Patzke, Hans Rebele, Ludwig Bründl, Friedhelm Konietzka; Borussia Dortmund: Torwart Hans Tilkowski, Siegfried Held, Rudi Assauer, Akki Schmidt, Theo Redder; 1. FC Köln: Wolfgang Weber, Wolfgang Overath, Georg Stollenwerk; Borussia Mönchengladbach: Kämpferherz Berti Vogts, Bernd Rupp, Herbert Laumen; FC Schalke 04: Klaus Fichtel; FC Bayern München: Sepp Maier, Franz Beckenbauer, Gerd Müller, Rudi Nafziger, Hans Rigotti; SV Werder Bremen: Seppl Piontek, Horst Höttges, Max Lorenz, Diethelm Ferner; MSV Duisburg (früher Meidericher SV): Carl-Heinz Rühl. Auch Spieler von Eintracht Braunschweig, die im Bundesligajahr 1967 Deutscher Meister wurden, hat der Sammler eingereiht. Dieter Seeler, der Bruder von Uwe Seeler, und Torwart Horst Schnoor vom Hamburger SV bereichern die Alben. Zu HSV-Ikone Willi Schulz erzählte Lothar Stoll eine Begebenheit: "Als Willi noch auf Schalke eine Wirtschaft betrieb und die Kunde von seinem Wechsel zum HSV die Runde machte, kamen die Schalke 04-Fans nicht mehr zu ihm in die Gaststätte, sondern gingen in die Wirtschaft auf die gegenüber liegenden Straßenseite. Was niemand wusste: Willi Schulz war auch Besitzer der Gaststätte auf der anderen Straßenseite."

Beiname "Fricke"

Der leidenschaftliche Anhänger des Fußballsports mit dem Beiname "Fricke" blendet zurück in die Kinder- und Jugendzeit, als Jungs aus dem Dorfzentrum Salzstettens fast jeden Tag auf umliegenden Wiesen Fußball spielten. Jeder junge Freizeitkicker bekam seinen Spitznamen. Obendrein wollte jeder Jungkicker ein Fußball-Idol sein (nachfolgend, jeweils in Klammern). Eine unvergessene Zeit mit den Kameraden wie seinem Bruder Hartwig "Schnorre", Klaus "Mandele" Maier (Rudi Brunnenmaier/1860 München), Walter "Käptn" Maier (Otto Luttrop/1860 München), Helmut Klink, Axel Gaiser (Huberts/Eintracht Frankfurt), Karl Essig "Hannebäck", Wolfgang "Bitze" Kaupp, Dieter Kaupp, Gerhard Singer und der heutige Sportvereinschef Holger Kreidler "Buljan" (Hamburger SV). Gerhard Schuh hatte den Beinamen "Bena" von einem spanischen Fußball-Profi (Hannover 96), und Manfred Singer "Riva" von einem brasilianischen Fußballstar. Als "Katsche" (Hans-Georg Schwarzenbeck) lief Hans-Dieter Spohn auf. Außerdem gab es Hans-Klaus Schuh alias "Hanse" und weitere.

Fußball spielten die Jungs früher auf eigens auf Wiesen kurzerhand installierten Fußballplätzen. Ein Platz wurde sogar "Wembley-Stadion" getauft. Stolls Lieblingsspieler waren Klaus-Dieter Sieloff, Gilbert Gress und Helmut Huttary (alle VfB Stuttgart) und natürlich Franz Beckenbauer und Torjäger Gerd Müller. Als Jungkicker wollte er gerne Klaus-Dieter Sieloff und Franz Beckenbauer sein. Und heute? "Bei Thomas Müller sieht man noch etwas von einem Straßenfußballer, auch bei Sebastian Schweinsteiger." Zum heute wohl besten Torhüter der Welt gibt es einen Vorgänger in Sachen "Ausflüge aus dem Kasten": "Wie heute Manuel Neuer als Torwart mitspielt, hat in den 1960er-Jahren schon Petar Radenkovic (Sein Hit: "Bin i Radi i König") von 1860 München so praktiziert."

Lieblingsverein VfB

Lothar Stoll: "Mein Lieblingsverein war und ist der VfB Stuttgart. Nach den Zeiten von VfB-Präsident Mayer-Vorfelder (MV) ist es beim VfB bergab gegangen." Bei einem Preisausschreiben eines Sportmagazins hat er früher mal zwei Dauerkarten für ein Jahr auf der Haupttribüne beim VfB Stuttgart gewonnen. Auf internationaler Ebene sympathisiert er für den FC Bayern München. Über seine Idole von einst könnte er viele Geschichten erzählen.

Der 63-jährige Stoll gilt als ausgesprochener Kenner des Fußballsports. In seinen besten Jahren verkörperte er einen klassischen ausgezeichneten Libero mit Spielübersicht. "Ich habe so ähnlich gespielt wie einst Beckenbauer, so mit dem Außenrist. In der Rolle des Spielmachers bin ich zeitweise auch mit der Nummer 10 aufgelaufen." Mit 52 Jahren hat er in der zweiten Salzstetter Fußballmannschaft sein letztes Spiel für seinen Heimatverein SF Salzstetten gemacht. Im Alter von 44 Jahren kickte er noch in der ersten Mannschaft in der Kreisliga A. Begonnen hat er seine Laufbahn in der C-Jugend und war fast 40 Jahre aktiv. Sein letztes Spiel bestritt er in Göttelfingen/Gäu. Gern erinnert er sich als Auswahlspieler gegen eine deutsche Traditionsmannschaft mit Helmut Rahn (WM 1954 Sieg-Torschütze), Horst Eckel und Willi "Ente" Lippens.

Beruflich für Homag war der gelernte Schlosser Ende der 1970er-Jahre 15 Monate in Rio de Janeiro und hat sich vom Maracana-Stadion, das mit einem Fassungsvermögen von 200 000 Zuschauern einmal das größte Fußballstadion der Welt war, faszinieren lassen. Während seines Brasilien-Aufenthaltes ging er dort aus und ein und erlebte brasilianischen Fußballzauber bei Top-Spielen der Rio-Clubs Flamengo, Fluminense und Botafogo.

Heute noch ist Lothar Stoll in seinem Heimatverein, bei den Sportfreunden Salzstetten, engagiert in der Pflege der Sportanlage: "Ohne Alte geht es nicht." Was ist sein EM-Tipp? "Ich hoffe auf Deutschland, aber Frankreich kann durch den Heimvorteil gegen uns schon gewinnen, vorausgesetzt es kommt im Halbfinale zu diesem Aufeinandertreffen."