Der Professor aus Potsdam rüttelte die Liberalen tüchtig auf: Gerd Habermann referierte beim Liberalen Freundeskreis in der Mönchhofsägemühle. Foto: Wagner Foto: Schwarzwälder-Bote

Gerd Habermann hält in der Mönchhofsägemühle einen Vortrag zum Thema "Liberalismus und der Wohlfahrtsstaat"

Von Eberhard Wagner

Waldachtal-Vesperweiler. Erstmals fand der Liberale Freundeskreis mit Friedrich Gerhard in Kooperation mit dem Hayek-Club Nordschwarzwald (Vorsitz Werner Kriech) und dem LIM (Liberale Mittelstandsvereinigung) Bezirksverband mit seinem Vorsitzenden Karl Braun in der Mönchhofsägemühle in Vesperweiler statt.

Zum Thema "Liberalismus und der Wohlfahrtsstaat" gewannen die Initiatoren des Abends niemand geringeren als Gerd Habermann, der sowohl als freier Publizist wie als Honorarprofessor an der Universität Potsdam tätig ist. Außerdem fungiert Habermann als Geschäftsführer der Friedrich August von Hayek-Gesellschaft.

Mit scharfen Äußerungen verstand es Habermann, die Aufmerksamkeit der zahlreichen Besucher auf sich zu lenken. Er ist kein Mann der verwässerten Worte und stellte dies auch zu Beginn an klar. Auch mit der eigenen Partei, der FDP, ging er scharf ins Gericht und ließ dabei auch den Europaabgeordneten Michael Theurer nicht außen vor, der von Brüssel aus zu diesem Termin angereist war. Mit der Klarstellung, was das Wort Liberalismus überhaupt bedeute, traf er so manchen der eingefleischten Mitglieder tief ins Mark. Dabei wirkte Habermann jedoch keineswegs polemisierend, auch wenn dies einige so empfanden. Mit messerscharfem Verstand und deutlichen, ungeschminkten Worten referierte Habermann souverän, auch über sich wiederholende Zwischenrufe hinweg. "Halten Sie die Klappe, bis ich fertig bin – oder gehen Sie raus", schnitt er deshalb einem besonders eifrigen Besucher das Wort ab. Habermann zeigte sich als Freigeist, der weder die "Überherrschaft" des Staates noch dessen steuerliche Habsucht auf das erarbeitete Vermögen seiner Bürger akzeptiert. Mit der klaren Aussage "Der Wohlfahrtsstaat ist kein Sozialstaat – er ist eher unsozial" vermochte Habermann zu verdeutlichen, was er unter Liberalismus versteht. So sehe er die Hauptaufgabe des Hayek-Clubs darin, die wirkliche Bedeutung des Liberalismus von unten her zu beleben. "Mehr Netto für alle und solide Staatsfinanzen. Das Eigentum und die Freiheit der Bürger muss stärker vor dem Zugriff des Staates und der EU geschützt werden. Weg mit der Progression: Sie bestraft in Wirklichkeit jene, welche Leistung bringen." So sieht er im Wohlfahrtsstaat auch einen Staat, der sich auf Dauer selbst zerstört. Womit er keinesfalls zum Ausdruck brachte, dass sozial Schwächere keine Hilfe bekommen dürften: Im Gegenteil: "Der Liberalismus war ursprünglich ein Programm für die kleinen Leute. Er hatte das Ziel, sie unabhängig vom Staat zu machen. Heute zwingt uns der Staat über hohe Sozialabgaben zu einer Vorsorge (Rente), die längst nicht mehr sicher ist. Hätte der Bürger mehr Netto, könnte er seine Vorsorge selbst betreiben."

Haftung und Risiko muss jeder Einzelne selbst tragen dürfen. So habe er (zu seinem eigenem Bedauern) feststellen müssen, dass selbst er in den Genuss von Kindergeld gekommen sei, ohne dieses wirklich zu benötigen. "Der Staat darf die Bürger nicht abhängig von Hilfe machen", sagte er deshalb auch.

Michael Theurer stimmte Habermann in vielem zu: Grundgedanke des Liberalismus beleben, Ermutigung der Bürger zur Eigenverantwortung, Politik der soliden Haushalte und Wohlstandserhaltung. "Wenn Demokraten zu Hause bleiben, kommt die Diktatur", so Theurer. "Wir müssen gemeinsam die Herausforderungen unserer Zeit meistern."

Für Habermann klingen die Stimmen der FDP derzeit zu "selbstzufrieden", da mache auch der EU-Politiker keine Ausnahme. "Wir müssen schärfer gegen den Wohlfahrtsstaat Stellung nehmen." Die Lähmung der Selbstverantwortung sei keinesfalls ein Standortvorteil.

Ein Zuhörer meinte, dass sich Habermann "im Ton und in Beispielen vergriffen" habe. In der Tat brachte Habermann Metaphern, die dem einen oder anderen aufstießen. "Ich habe gerade in meinen Beispielen vom freien Menschen gesprochen", antwortete er daraufhin.

Die sehr lebhafte Diskussion im Anschluss der Veranstaltung machte deutlich, dass genau so "gelebte Demokratie" aussehen kann. Jeder hat seine eigene Meinung und darf sie sagen. Und Wahrheiten gibt es viele – manchmal tun sie auch weh.

Die Friedrich-August-von-Hayek-Stiftung wurde aus Anlass des einhundersten Geburtstages von Friedrich August von Hayek im Mai 1999 ins Leben gerufen. Sie hat ihren Geschäftssitz in Freiburg im Breisgau. Stifter ist die Wüstenrot & Württembergische AG. Die Stiftung fördert die Festigung und Förderung der Grundlagen einer freiheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung auf nationaler wie auf internationaler Ebene im Sinne Friedrich August von Hayeks.