Foto: Hopp

Sozialbetreuerin im Sattelacker Hof hofft zwei Wochen nach Einzug auf Abbau der Vorbehalte.

Waldachtal-Lützenhardt - Knapp 50 Flüchtlinge sind in das verlassene Hotel "Sattelacker Hof" eingezogen. In der benachbarten Mutter-Kind-Klinik fürchtet man negative Folgen für die Patienten, im Dorf waren viele von der Belegung überrascht. Wie läuft die neue Unterkunft nach den ersten zwei Wochen?

Im Sattelacker Hof liegt ein deftiger Geruch in der Luft, der an Bratensoße erinnert. Zwei Frauen kochen in der ehemaligen Hotelküche, wo jetzt rund ein Dutzend Herde stehen. In den nächsten zwei Stunden kommen ihre Kinder von der Schule.

Im Obergeschoss, wo die Familien, die insbesondere aus Balkanstaaten kommen, in je zwei gegenüberliegenden Hotelzimmern wohnen, ist es ruhig. Salmir Qorri (33) räumt den Staubsauger beiseite und zeigt seine neue Wohnung. "Sehr schön", sagt seine Frau Dafina (30). Tochter Elmaida (6, Bild) hopst durch das Zimmer, am Wochenende wird sie eingeschult. Die Familie hat vorher in der Alten Schule in Talheim gehaust, wo die privaten Bereiche nur durch Bauzäune abgetrennt waren. Duschen waren auf dem Hof, jetzt hat jede Familie zwei Bäder.

"Das ist ein Riesenfortschritt für die Leute", sagt Heimverwalter Rolf Gaiser, der von den Bewohnern nur "Chef" genannt wird. Er lobt die Flüchtlinge nach den ersten 14 Tagen für ihre Sauberkeit und für die Hilfe bei Arbeiten rund ums Haus.

Zusammen mit Sozialbetreuerin Margaretha Däumler hat Gaiser den Betrieb in der neuen Unterkunft zum Laufen gebracht und versucht, die Wogen mit der nahegelegenen Klinik am Zauberwald zu glätten.

Ein erstes Gespräch mit zwei Mitarbeitern von Klinik-Inhaberin Petra Schraml-Dussle sei "offen und angenehm" gewesen, sagt Däumler. Schraml-Dussle wehrt sich gerichtlich gegen die Nutzung des Sattelacker Hofs als Flüchtlingsunterkunft – eine aufschiebende Wirkung hat der Widerspruch gegen die Nutzungsänderung jedoch nicht, wie der Verwaltungsgerichtshof entschieden hat und damit den Weg freimachte für den Einzug der Flüchtlinge.

Beim Kennenlerngespräch mit den Klinikvertretern habe man sowohl Klinik als auch Flüchtlingsunterkunft besichtigt und vereinbart, dass sofort Kontakt aufgenommen wird, sollte es zu Problemen kommen, berichtet Däumler. Den Flüchtlings-Kindern habe man gesagt, dass sie den Spielplatz an der Klinik nicht benutzen dürfen. Daran hielten sie sich auch.

Mit den privaten Nachbarn will das Führungs-Duo Däumler und Gaiser auch Kontakt aufnehmen. "Bisher sind wir nicht dazu gekommen, seit 1. September sind wir hier am Wirbeln", sagt Däumler.

Ein Sicherheitsdienst ist rund um die Uhr mit zwei Personen im und um das ehemalige Hotel zugegen. Im Hof steht einer der Sicherheitsmänner mit weißem "SECURITY"-Aufdruck auf dem Shirt und strengem Blick unter der Schildmütze. Er berichtet, dass es im Haus ruhig sei, aber immer wieder Menschen vor der Einfahrt stünden. "Die schauen halt penetrant rein", sagt er. Das Gelände sei von den Zaungästen aber bisher richtigerweise nicht betreten worden.

Auch der örtliche Freundeskreis Asyl hat Verlegung der Waldachtaler Flüchtlinge in den Sattelacker Hof als "unsinnig" bezeichnet. Däumler sagt dazu: "Es gibt einen sehr guten Asylkreis hier. Die müssen sich mit dem Sattelacker Hof anfreunden. Ich bin optimistisch." Über Vorbehalte gegen das Flüchtlingsheim in der Bevölkerung sagt sie: "Die Menschen brauchen Zeit, das ging hier alles sehr schnell."

Warum alles so rasch ging, erklärt die Sozialdezernentin des Landratsamts, Stefanie Simet, noch einmal: Die Heizung in der Talheimer Schule sei schon im Frühsommer kaputt gegangen. Auf der Suche nach Ersatzunterkünften habe man wegen der großen Zahl an Kindern auch mit dem Schulamt gesprochen. "Da hieß es: Wenn ihr die Familien verlegt, dann vor Schulanfang", sagt Simet. So habe man gewartet bis Bürgermeisterin Anick Grassi aus dem Urlaub zurückgewesen sei, habe sie informiert und ihr Zeit gegeben, ihren Gemeinderat ins Bilde zu setzen. Daraufhin wurde rund zehn Tage vor Belegung die Öffentlichkeit informiert.

Nachdem der Kreis seit Monaten Miete für den Sattelacker Hof gezahlt hatte, ist er jetzt auch belegt. Simet sagt: "Die Unterkunft ist viel zu gut, um sie leerstehen zu lassen."