Eugenie Pfeiffer ist mit ihren 104 Jahren die älteste Einwohnerin der Gemeinde Waldachtal. Sie wird von ihrer Tochter Ingeborg versorgt. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder-Bote

Das Bürstenmacher-Handwerk bestimmte über Jahrzehnte das Leben von Eugenie Pfeiffer

Von Walter Maier

Waldachtal-Lützenhardt. Sie ist die Dorfälteste in Lützenhardt und die älteste Einwohnerin in der Gemeinde Waldachtal: Eugenie Pfeiffer feiert am heutigen Freitag ihren 104. Geburtstag. Das Bürstenmacher-Handwerk bestimmte ihr Leben. Zusammen mit ihrem Mann Johann Georg Pfeiffer war sie vier Jahrzehnte lang unterwegs als Handelsreisende.

Heute kann sie noch jeden Tag aufstehen. "Aber kein Tag ist wie der andere." Erst nahm sie eine Gehhilfe in Anspruch, inzwischen ist sie auf den Rollstuhl angewiesen. An ihrem letzten runden Geburtstag sagte sie: "Mit 100 bin ich nicht mehr so strapazierfähig." Noch bis ins Frühjahr hat sie am öffentlichen Leben Anteil genommen. Seither hat sie eine Bronchitis zurückgeworfen. Etwas langweilig ist es ihr schon, da ihre Augen nicht mehr mitmachen, um die Zeitung zu lesen oder Fernsehen zu schauen. Sie ist nicht bettlägerig und kann auf die tägliche Versorgung ihrer einzigen Tochter Ingeborg Siebers (72) vertrauen. Unterstützt wird sie in der Pflege von den beiden Enkeltöchtern Jutta und Heike sowie von ihren Cousinen Irmtrud Hirth und Heidelinde Notthoff. Die Jubilarin kann jeden Tag aufstehen und selber noch gut essen. Den katholischen Sonntagsgottesdienst am Fernseher mitzuerleben gehört zu ihrem sonntäglichen Ritual. Überhaupt: Die 104-Jährige betet noch viel. Die gläubige Christin wird regelmäßig von Magdalena Störzer von der katholischen Kirchengemeinde und auch von Pfarrer Anton Romer besucht.

"Sie war immer sehr fürsorglich für die ganze Familie", erzählt Tochter Ingeborg. "Gutes, das meine Mutter getan hat, können wir ihr jetzt wieder zurückgeben durch die Pflege." Die Jubilarin blickt auf ein arbeitsames Leben zurück. "Die Familie ist mein ein und alles", bilanzierte sie schon an ihrem 100. Geburtstag im Jahr 2011. Glücksmomente erlebte sie durch die Geburt ihrer beiden Enkeltöchter Jutta und Heike.

Aus Schneesturm von einem Taxi vor Erfrieren gerettet

Eugenie Pfeiffer wurde am 25. September 1911 in Lützenhardt als drittes von fünf Kindern der Eheleute Josef Schmid und Ida, geborene Witzelmaier, geboren. Sie erlebte die Entbehrungen des Ersten und Zweiten Weltkrieges. Weil die Eltern arbeiteten, musste sie nach der Schulzeit ihre beiden jüngeren Brüder versorgen. Die Hochzeitsglocken läuteten für die heutige Jubilarin am 18. Oktober 1943, an einem Montag, wie es seinerzeit so üblich war. Zur öffentlichen Hochzeit in der Krone in Lützenhardt musste das Brautpaar Getränke und Essen "in der schlechten Zeit" von Zuhause selbst mitbringen. Der Hochzeitszug mit der Musikkapelle führte in die katholische Herz-Jesu-Kirche. 1993 konnte sie mit ihrem Mann noch Goldene Hochzeit feiern. 1999 ist Johann Georg Pfeiffer verstorben.

40 Jahre lang, auch mit Unterstützung von Tochter Ingeborg, waren die Eheleute Pfeiffer in Ermangelung eines eigenen Autos mit Bus und Bahn als Handelsreisende unterwegs auf den Fildern, im Raum Göppingen und im Hochschwarzwald. Zuhause wurde fleißig in der eigenen Bürstenmacher-Werkstatt gearbeitet. Das noch vorhandene Inventar, gespickt mit Raritäten, taugt als ein Stück Lützenhardter Ortsgeschichte für ein mögliches Bürstenmacher- oder Heimatmuseums. Während der Kriegsjahre mussten Bürsten gegen Nahrungsmittel wie Kartoffeln oder Mehl bei Bauern eingetauscht werden.

Die schwere Last der Bürsten wurde von Haus zu Haus getragen. Eines Tages wurden sie aus einem Schneesturm von einem Taxi vor dem Erfrieren gerettet. Das Miteinander schweißte die Familie zusammen. Eigentlich konnten sie nie Urlaub machen.