Ludwigsburgs Vorsitzender Alexander Reil setzt auf den Teamgeist. Foto: Baumann

Die Basketball-Bundesliga startet diesen Freitag in die neue Saison. Die MHP Riesen Ludwigsburg müssen zum Auftakt nach Würzburg. Der Vorsitzende Alexander Reil spricht über Ziele und Mannschaft.

Ludwigsburg - An diesem Freitag startet für die MHP Riesen Ludwigsburg die neue Saison der Basketball-Bundesliga mit der Partie in Würzburg. Nach Platz sechs im Vorjahr sind die Erwartungen hoch, das weiß auch der Vorsitzende Alexander Reil.

Herr Reil, ihre Mannschaft hat die Saison mit Platz sechs abgeschlossen, so gut wie lange nicht mehr. Ist das nun mehr Chance oder Risiko?
Es kommt immer auf den Blickwinkel an. Für mich spielt es nicht die entscheidende Rolle. Aber eins ist klar: die Erwartungshaltung im Umfeld ist hoch. Ob sie letztendlich zu hoch ist, sei mal dahin gestellt. Davon lassen wir uns aber auch nicht verleiten. Wir wissen, was realistisch ist und haben im Rahmen unserer Möglichkeiten die letzten drei Jahre versucht, immer ein Stück besser zu werden – das ist auch diese Saison das Ziel. Aber das machen wir nicht an einem konkreten Tabellenplatz fest, sondern an der Art und Weise, wie wir Basketball spielen. Der Funke muss erneut vom Feld auf die Fans überspringen – und umgekehrt. Dann werden wir auch die notwendigen Erfolge haben.
Trotz des großen Erfolgs gab es – wieder einmal – einen großen Umbruch im Kader. Warum ist es denn so schwierig die Spieler zu halten, auch wenn man erfolgreich ist?
Genau deswegen! Wenn man eine erfolgreiche Saison hat, steigt eben der Marktwert der Spieler. Und da stoßen wir an gewisse Grenzen. Wir zählen sicher nicht zu den Top-Sechs Clubs der Liga, was die finanziellen Möglichkeiten angeht, auch wenn wir beim Etat jetzt die Vier-Millionen-Marke knacken werden. Damit leben wir ein Stück weit, und das haben wir die letzten drei Jahre auch immer gut kompensiert. Wichtig ist ja, dass man relativ schnell Spieler holen kann, die zum Spielstil passen und die sich schnell integrieren lassen. Natürlich wäre es mir auch lieber, man könnte zwei, drei Jahre mit der weitgehend gleichen Mannschaft spielen. Aber wir versuchen auch so, das Beste daraus zu machen.
Sie haben mit Boone und Cotton zwei Spieler auf den letzten Drücker zurückgeholt. Ist das zu einem späten Zeitpunkt leichter?
Losgelöst von den zwei Spielern unterscheidet sich die Situation auf dem Markt sehr schnell. Vielleicht waren die Spieler im Juni, Juli deutlich teurer. Wir kennen unsere Möglichkeiten und die Zahl der Spieler, die wir brauchen. Dann muss es ins Gefüge passen, das war jetzt der Fall – und deshalb haben wir auch zugeschlagen.

Man spricht wieder deutsch

Man spricht jetzt auch wieder mehr deutsch in der Mannschaft mit Thiemann, Koné oder Breunig. Ist das Zufall oder Strategie?
Letztendlich ist die Sprache in der man sich unterhält, nicht wichtig. Wichtig ist, dass man sich versteht auf dem Feld. Reden kann man viel, es muss nachher passen. Ob die englisch, deutsch oder japanisch sprechen, ist mir relativ egal.
Aber was erwarten Sie von jüngeren Spielern wie Johannes Thiemann, der jetzt sogar zum Kader der Nationalmannschaft zählt?
Das sind vor allem, ich nenn es mal Perspektivspieler, die ihre Rolle finden müssen, die sich weiterentwickeln sollen. Da haben sie hier eine gute Gelegenheit. Und das – in einer Mischung mit erfahrenen Spielern – kann ganz gut funktionieren.
Es gibt eine feste Größe bei den MHP Riesen – und das ist der Trainer, mit dem sie im Sommer den Vertrag nochmals vorzeitig bis 2019 verlängert haben. Was zeichnet John Patrick denn aus?
Es gibt immer zwei Aspekte. Im Profisport zählt nun mal der Erfolg am allermeisten. Aber das andere ist, dass der Trainer ein Stück weit zum Verein passt. Wir haben immer gesagt, unser Ziel ist es, aus etwas weniger im Vergleich zu anderen Clubs etwas mehr zu machen. Und in dieser Hinsicht ist er der passende Trainer, weil er exakt diese Philosophie verfolgt. Wenn wir so spielen würden, wie die absoluten Top-Clubs, dann hätten wir keine Chance. Also müssen wir es etwas anders machen, das ist ein Stück weit zu unserem Markenzeichen geworden. Und deshalb passt die Konstellation.

Noch mehr Professionalität

Die haben mit Marko Beens nun einen zweiten Vorsitzenden, der hauptamtlich tätig ist. Das spricht für mehr Professionalität. Was waren die Beweggründe?
Es geht nicht nur um die Professionalität, sondern darum, dass die Anforderungen insgesamt gestiegen sind. Wir hatten das Amt bisher ehrenamtlich besetzt, und es hat sich einfach gezeigt, dass das aus zeitlichen Gründen so nicht ausfüllbar ist. Hinzu kommt, dass Marko Beens viele Jahre in der Liga gearbeitet hat und so viel Erfahrung mitbringt. Und es geht ein Stückweit darum, sich Aufgaben aufzuteilen. Da ist es dann schon gut zu wissen, es ist jemand da, der weiß, wie das Geschäft läuft und auf den man sich verlassen kann.
Zumal sich der Verein ja im Umfeld weiter entwickeln möchte. Bei den Zuschauern ist nicht mehr viel Luft nach oben, bei über 90 Prozent Hallenauslastung. Macht dies das Arbeiten schwieriger?
Sicher. Ich habe ja früher schon gesagt: bei allen Zielen, sich weiter zu entwickeln, ist Ludwigsburg natürlich auch limitiert. Wir werden sicher in den nächsten Jahren keine neue Arena mit 6000 Plätzen haben. Wir sind im Hospitality-Bereich ausgebucht. Da sind die Entwicklungspotenziale nicht mehr gegeben, also müssen wir auf anderen Wegen noch Möglichkeiten schaffen. Aber es geht ja auch darum zu sagen: wenn du eine gute Situation geschaffen hast, dann must du die auch erst mal stabilisieren. Das Wichtigste ist, dass wir über die letzten Jahre solide und kontinuierlich gearbeitet haben. Das macht es einfacher, darauf aufzubauen.

Sorgenkind Nationalmannschaft

Würden Sie denn sagen, dass der Stellenwert der MHP Riesen innerhalb der Liga gestiegen ist?
Den hat man auf gewisse Art und Weise schon immer gespürt. Was sich verändert hat in den letzten drei Jahren ist, dass es Kollegen gibt, die sagen: ihr seid wieder zu einer Art Marke geworden. Es spielt auch nicht so die Rolle, ob der Spielstil gefällt oder nicht. Aber er ist erkennbar, darüber wird diskutiert. Und das ist gut so.
Sie sind ja auch BBL-Präsident. Zuletzt hat sich die Nationalmannschaft zur EM gezittert. Es gab Absagen und Vorwürfe aus Bamberg bezüglich der medizinischen Betreuung. Machen Sie sich Sorgen um das Aushängeschild ihrer Sportart?
Erst mal ist wichtig, dass sie sich noch qualifiziert haben. Klar ist auch, dass wir die Dinge mit allen Beteiligten bilanzieren und uns Gedanken machen müssen, wie wir die Situation verbessern können. Denn die Nationalmannschaft ist für die Weiterentwicklung der Sportart in Deutschland wichtig, also muss es unser gemeinsames Ziel – sowohl von Ligaseite als auch vom Verband – sein, die Themen intensiv anzugehen.
Als da wären?
Wir müssen uns die Frage stellen, warum jedes Jahr eine solche Flut von Absagen auf die Nationalmannschaft zukommt. Wir brauchen am Ende unsere stärksten Spieler. Darauf müssen wir hinarbeiten, dass es wieder soweit kommt.