Ende Mai jährt sich zum 90. Mal ein wichtiges Ereignis für Vöhrenbach. Erstmals war am 31. Mai 1926 der Vollstau der Linachtalsperre erreicht worden. Foto: Limberger-Andris

Erste und einzige Gewölbereihenstaumauer mit schräg liegender Wasserseite. Stadt lädt zum Festakt am 31. Mai.

Vöhrenbach-Linach - Das Bauwerk gilt als Meisterleistung, die ihresgleichen sucht. Die Linachtalsperre ist die erste und einzige Gewölbereihenstaumauer mit schräg liegender Wasserseite Deutschlands. Und die Stadt Vöhrenbach lädt zum Festakt, da sich die Inbetriebnahme zum 90. Mal jährt.

"Stadt der Linachtalsperre" nennt sich Vöhrenbach. Bürgermeister Robert Strumberger ist stolz auf die "alte Dame in neuem Kleid". Und nimmt dies zum Anlass, Ende Mai zu einem Festakt einzuladen. Das Festdatum am 31. Mai ist wohl gewählt, denn just an jenem Tag 1926 war zum ersten Mal der Vollstau der Talsperre erreicht. Die Linachtalsperre ist mittlerweile Baukulturdenkmal und genießt somit den selben Rang wie der Kölner Dom und das Reichstagsgebäude. In Europa findet sich nur noch eine weitere Staumauer dieses Bautyps im Osten Belgiens.

Die Linachtalsperre hat eine bewegte Geschichte, bis zum heutigen Tag. Karl Kraut, jüngste Bürgermeister der Weimarer Republik, leitete 1921 den Bau in die Wege. Sein Ziel war es, Vöhrenbach in der Wasserversorgung unabhängig zu machen. Denn nach dem Ersten Weltkrieg herrschte Energienot – die Vöhrenbacher Fabriken bekamen immer wieder Stromsperrtage verordnet.

Mehr als 500 Männer, viele darunter Gastarbeiter, waren ein Jahr später auf der damals höchstgelegenen Baustelle Deutschlands beschäftigt. Wegen der galoppierenden Inflation musste der Bau der Eisenbetontalsperre schon bald gestoppt werden. Die Popularität des Bauwerks war so groß, dass sie sogar auf dem Vöhrenbacher Notgeld abgebildet war. 1925 schließlich war die Anlage trotz finanzieller Schwierigkeiten abgeschlossen. Bereits vor Abschluss der Bauarbeiten war die Anlage vorläufig als Ausleitungskraftwerk 1923 in Betrieb genommen worden. Am 16. Dezember 1923 wurde das erste "Lichtfest" gefeiert.

47 Jahre lang lieferte die Linachtalsperre Strom, ab 1922 bis 1969. 1970 schließlich kam das Aus – der Kraftwerksbetrieb wurde eingestellt. Die Reparaturarbeiten an der Staumauer erschienen zu hoch, es gab auf dem Markt billigeren Strom. 1988 wurde die Talsperre geleert.

Zwei Jahrzehnte nach der Stillegung kam die Wende. Das Stromeinspeisungsgesetz des Bundes aus dem Jahr 1990 ließ eine Produktion wieder attraktiv werden. 1996 begann die "Gesellschaft für dezentrale Energieanlagen mbH" mit ihrer Arbeit. 1998 wurde das Kraftwerk als Ausleitungskraftwerk wieder in Betrieb genommen. Das Linachtalkraftwerk liefert jährlich rund 1,39 Millionen Kilowattstunden. Ab 2006 wurde die Staumauer, wiederum mit einem Millionenaufwand, saniert. Die Arbeiten waren bereits ein Jahr später abgeschlossen.

Vor der Sanierung stand allerdings 1999 die Gründung des Fördervereins "Rettet die Linachtalsperre". Dieser ist auch heute noch ein bedeutender Bestandteil beim Erhalt der Talsperre. Der Förderein mit 49 Gründungsmitgliedern sammelte in den vergangenen Jahren viele Spendengelder zum Erhalt der Bauwerks. Die Linachtalsperre muss einmal je Dekade in einer "vertieften Sicherheitsprüfung" überprüft werden. Dies sieht eine Verordnung vor. Die Überprüfung umfasst die Begutachtung der hydraulischen, hydrologischen und statischen Bemessung des Bauwerks, zudem müssen alle konstruktiven und technischen Bauteile nach dem aktuellen Stand der Technik überprüft und bewertet werden. Seit März sind Experten an der Überprüfung.

"Das Herz schlägt wieder, der Zustand der alten Dame ist hervorragend, sie ist wieder jung und stark geworden", betonte der Bürgermeister im September 2014. Und dies solle auch die kommenden fünf Jahrzehnte so bleiben.

Weitere Informationen: Festakt "90 Jahre Linachtalsperre", Dienstag, 31. Mai, 19.30 Uhr an der Talsperre