Klaus und Rita Ketterer vom Gasthof zum Ochsen befüllen das gefundene Säckle mit einer "Metzgete". Foto: Larzhal Foto: Schwarzwälder-Bote

Brauchtum: Rita und Klaus Ketterer, Wirtsleute vom "Ochsen", nehmen Schlachtplatte zum Anlass

Rita und Klaus Ketterer vom Gasthof zum Ochsen hatten gemeinsam mit Gabi Fürderer die Idee, bei der Schlachtplatte am Wochenende ganz nach alter Tradition zum Säckle strecken aufzurufen.

Von Ramona Larzhal

Vöhrenbach. "Wir haben in der Zeitung zum Säckle strecken aufgerufen und waren gespannt, was passiert", erzählte Rita Ketterer, die diesen Brauch noch aus ihrer Kindheit auf dem Grießhaberhof in Nußbach kennt. Auch Siegfried Kleiser, der sich gut mit alten Bräuchen und Sagen auskennt und für den Arbeitskreis Stadtgeschichte der Heimatgilde Frohsinn tätig ist, erinnert sich noch genau: "Als ich Hirtebue war auf dem Fernhof hinter der Kalten Herberge, kamen zu uns immer die Säckle-Strecker."

Damals war ein Aufruf in der Zeitung jedoch nicht nötig. Die Neuigkeit, dass der Metzger heute morgen durchs Dorf fuhr und auf einem Hof in der näheren Umgebung geschlachtet wurde, sprach sich schnell herum und vor allem den ärmeren Leuten, bei denen nur selten Fleisch auf dem Tisch stand, lief das Wasser im Mund zusammen. So wurden die Buben losgeschickt, kaum dass es dunkel war.

Im Gepäck hatte jeder ein Säckle, das an einen Stock gebunden war. In manchen befand sich ein Gedicht, in anderen ein gereimter Schandbrief über die Missetaten der Bauersleute. Manch einer verfasste einen einfachen Bettelbrief, so groß war der Hunger. Die Buben befestigten die Säckle am Fenster der Bauernstube, wo die Bauersfamilie gemeinsam mit dem Metzger und allen Bediensteten am Tisch versammelt war und die erste Kostprobe der Schlachtung verzehrte.

Ans Fenster geklopft

Mit einem langen Stock klopften sie ans Fenster und versteckten sich sogleich. Sie wollten nicht erkannt werden. Die Bauersleute mussten nun die Säckle mit einer "Metzgete" füllen und wieder ans Fenster hängen.

Meistens band der Bauer nun ein Säckle so fest, dass es nicht weggenommen werden konnte und legte sich zusammen mit dem Metzger und den Gesellen auf die Lauer. Als sich die Buben anschlichen, um ihre Säckle abzuholen, wurde somit einer ertappt. Der musste mit in die Bauernstube und einen tiefen Teller voller Kartoffelbrei und zerdrückter Leberwurst ausschlecken. Die Hände wurden ihm dafür auf den Rücken gebunden.

"Mit em rächte Lälli isch des gange", sagte Siegfried Kleiser und lachte. Klaus und Rita Ketterer fanden nur ein Säckle am Fenster befestigt, das sie ganz nach der Tradition mit einer kleinen Leber- und Blutwurst, einer frischen Bratwurst und einem kleinen Schnäpsle füllten. Viele Gäste fragten und blätterten den Ordner durch, der auslag und über den Brauch informierte. Erinnerungen kamen auf und die Wirtsleute hoffen, dass es im nächsten Jahr noch mehr mutige Säckle-Strecker gibt.