Schmotziger: Vier Gruppen, vier Lokalitäten und viele Schmonzetten / Von Abstiegsklause über Schuhkauf bis zur Schönheit

Von Andreas Pfannes

Villingendorf. Villingendorf kann sich glücklich schätzen, über eine sehr ansehnliche Schmotzigen-Kultur zu verfügen. Es erfreut, dass erfahrene Verfechter des traditionellen Dorffasnetshumors Jahr für Jahr mit anspruchsvollen Beiträgen diesen Abend der Abende zu einem Höhepunkt im Jahreskalender gestalten.

Jenes ist natürlich nur möglich, wenn die "Bürgersleut’" mithelfen und das Jahr über immer wieder Stoff für Narrenstückle anbieten. Kommt dann dieses Rohmaterial in die Finger von "Schmotzkäppele", "Musikkapelle", "Elferräte" und "Amtsärzte", ist dem Frohsinn bis spät in die Nacht Tür und Tor geöffnet. Wobei jede Gruppe sich an einem roten Faden orientiert und den Schabernack, mal gesprochen, mal gesungen, mal künstlerisch tätig, ans Publikum bringt.

Nach einem Jahr der Pause und kreativen Sammlung setzen die "Elferräte", die eben erst mit ihren Dreschflegeln im Rathaus reinen Tisch gemacht haben, als "Eschflegel Raus GmbH & Co KG" einen Markstein des 2016er-Schmotzigen. Klar, um den Knast im Esch dreht sich die Chose. Um die Rottweiler "Stadtaffa". Das teils subtile Einweben des Villingendorfer Feingeistes löst Begeisterung aus.

Es liegt was in der Luft

Als Beispiele dienen die "Habermüaslewecka" mit Feile, die vom "Elferratswaga" garantiert durch noch so kleine Gitter in die Zellen geworfen werden. Einen treffsicheren Mann hat die Zunft. Mindestens. Oder der "Gefangenenchor", der keine Opern quatscht – pardon: singt –, sondern zur Melodie des Stefan-Raab-Songs "Maschendrahtzaun" den "Stacheldrohtzaun" anstimmt. Prachtvoll.

Dies ist – natürlich – ebenfalls der Standard von "Schmotzkäppele". Das launige Wechselspiel der "Sternsinger" und "Abstauber", die sich zufällig treffen, köstlich. Weltmeisterlich – sowohl das "Sommermärchen" mit dem Fußball-WM-Pokal in der Dorfmitte, als auch mit dem Kochtopf ("Mälzer? Mälzer? Wer ist der Tim Mälzer?"). "Komisch zumute" wird es höchstens denen, die einmal im neuen Baugebiet "Stephanswäldle" die Düfte eines Aussiedlerhofes "schmecken" (wenn der Wind aus einer ungünstigen Richtung weht), nicht jedoch die, die Bully Buhlans 50er-Jahre-Schlager "Es liegt was in der Luft" von Gerhard, Hermann, Martina, Selma und Co. hören. Dass ein Schlenker zur "4falt", der nicht fehlen durfte, mit diesem "neuen Duft" gar nichts zu tun hat, ist selbstredend. Hier spielen sich die Pointen zwischen "Suppenküche", "Weinabo" und "Drohne als Bedienung" ab.

Es verwundert kaum, dass die "Musikkapelle" als "Mexikaner" ebenfalls kulinarische Abstecher in ihrem Repertoire hat. Das ein oder andere Missgeschick lässt sich vielleicht aber auch durch die ungewöhnliche Hitze des Jahres 2015 erklären. Eine Hitze, die den "schaffigen Schwob" zum Auslaufmodell degradiert und zur Siesta ermuntert.

Wie sonst könnte es sein, dass "Hosse Garcia" nicht die korrekten Maße für eine Tür in der "Abstiegsklause" des VfB-Fanclubs mit seinem Meterstab aufschreibt, sondern so kleine Zahlen, dass nur geknickte Mitglieder durchpassen? Oder dass eine respektable Bürgerin mit dem Schuhkauf großes Malheur hat? Und bei den Retouren je einen braunen und schwarzen Stiefel verschickt und letztendlich auf einem solchen Paar sitzenbleibt?

Stau an Kasse zwei

Gott sei Dank treiben im Flecken "Amtsärzte" ihr segensreiches Wesen und fühlen sich an der Fasnet auch nicht an ihr Schweigegelübde gebunden. Sie können also frank und frei von der Leber weg plaudern und die "Missgeschicke" ihrer "Patienten" kund tun.

Probleme mit dem Müll nach einer inhaltsschweren Ausfahrt mit Freundinnen muss eine honorige Frau selbst meistern. Wenn man viel um den Kopf hat, kann es selbstverständlich passieren, dass eine andere honorige weibliche Person den halben Einkauf an Kasse zwei des Supermarkts vergisst und somit den weiteren Ablauf empfindlich verzögert.

Wer denkt, dass Männer vom Vortrag ausgenommen werden, irrt. So entlockt das abgesagte 1.-Mai-Fest des Albvereins, das dennoch begeisterten Niederschlag in einer nur im Ort zu lesenden Publikation findet ("schönes Fest"), Verwunderung aus. Und wie es sich gehört, bleibt der "schönste Bürgermeister des Kreises" keineswegs unerwähnt.

Alles in allem: Die erwartungsvollen Gäste in "Kreuz", "Krone", Sportheim und dem Albvereinssaal werden sinnvoll unterhalten und gehen gut informiert in die folgenden vier Tage.