Seit Monaten ist Barbara Vara-Acuma auf der Suche nach einer Wohnung - vergeblich. Foto: Spitz

Alleinerziehende Kubanerin sucht verzweifelt neues Zuhause - und erhält höchstens unmoralische Angebote.

Villingen-Schwenningen - Barbara Vara-Acuma blinzelt die Tränen weg und widmet sich der nächsten Wohnungsanzeige. Die alleinerziehende Mutter sucht händeringend eine Wohnung. Seit zehn Monaten. Bislang vergeblich. Und nun hat sie vor allem vor einem Angst: Mit ihren beiden kleinen Kindern im Obdachlosenheim zu landen.

Ihr Wohnzimmer in Erdfarben und mit Afrika-Deko ist stilvoll eingerichtet, im Regal stehen Fotos ihrer Kinder, auf dem Tisch eine Vase mit frischen Blumen. Alles sieht nach dem warmen, idyllischen Zuhause einer Familie, nichts nach Aufbruch aus. Dabei müssten die Kubanerin und ihre beiden Kinder hier schon seit April weg sein. Die Räumungsklage ist zugestellt. Der Gerichtsvollzieher kann jeden Moment auf der Matte stehen. Vor zehn Monaten bekam die junge Familie die Kündigung wegen Eigenbedarfs. Die Räume werden von der Vermieterin als weitere Büroräume benötigt. Und seither ist Barbara Vara-Acuma auf Wohnungssuche.

Der Browser ihres Laptops schlägt die einschlägigen Immobilienportale schon von selbst vor, so oft hat Barbara Vara-Acuma die Internetadressen eingetippt. Sie hegt keinen Groll gegen ihre Vermieterin, "ich würde auch nicht für teures Geld ein Büro mieten, wenn ich ein Haus besitzen würde". Die Vermieterin hat ihr für die Wohnungssuche sogar ein Schreiben mitgegeben, in dem sie Schwarz auf Weiß bestätigt, dass die 43-jährige Mutter, die seit elf Jahren in dem Mehrfamilienhaus in Schwenningen wohnt, nie im Mietrückstand war und pünktlich bezahlt hat.

"Der Vermieter wünscht sich ein Pärchen ohne Kinder, gerne auch mit Hund."

Die Kubanerin breitet ihre Zettelwirtschaft auf dem Tisch aus. Die Schufa-Bonitätsprüfung, Kontoauszüge als Beweis dafür, "dass da keine roten Nummern stehen", das Schreiben ihrer Vermieterin – all das legte sie potenziellen neuen Vermietern vor. Doch immer hagelte es Absagen. "Der Vermieter wünscht sich ein Pärchen ohne Kinder, gerne auch mit Hund", steht beispielsweise in einer Absage eines Immobilienmaklers. Bloß keine Alleinerziehende mit Kindern, wie so oft.

Vor ihren beiden kleinen Kindern, dem dreijährigen Liam und der sechsjährigen Zoe versucht sie ihre Not zu verbergen. Doch manchmal ertappen die beiden ihre Mama dann doch weinend am Computer. "Mama, warum weinst Du?", fragen sie dann und legen ihre kleinen Arme tröstend um sie. Auch dann blinzelt sie tapfer die Tränen weg und lächelt. "Ach nichts", sagt sie.

Doch die Angst erdrückt die Schwenningerin fast. Immer wieder schleichen sich Tränen in das Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten, als sie ihre Geschichte erzählt. 1996 kam sie der Liebe wegen aus Kuba nach Deutschland, heiratete einen deutschen Mann, 1999 kam die erste Tochter, Janina, zur Welt, die heute bei ihrem Papa lebt. Die beiden jüngeren Kinder stammen aus einer anderen Beziehung, zum Papa gibt es noch guten Kontakt, auch wenn die Liebe nicht hielt. Er chauffiert die junge Mutter auch derzeit zu Besichtigungsterminen und unterstützt sie bei ihrer Suche. Vor elf Jahren zog Barbara Vara-Acuma von Trossingen nach Villingen-Schwenningen, weil es hier Arbeit bei einem Drogeriemarkt gab. Und sie hofft, auch später, wenn der Kleinste aus dem Gröbsten raus ist und der Alltag geregelte Zeiten zwischen Schule, Kindergarten und womöglich einem Hort hat, wieder am Arbeitsleben anknüpfen zu können. "Ich will arbeiten", sagt sie und fügt hinzu: "Ich brauche auch soziale Kontakte, will unter Menschen sein." Mit den 1700 Euro an Unterhalt, Arbeitslosengeld und Kindergeld kommt sie bis dahin gut über die Runden. "Ich komme aus einem armen Land, ich habe gelernt zu sparen."

In den vergangenen Monaten hat sie unzählige Immobilienportale, Zeitungen und Aushänge studiert, x Emails geschrieben. Und als die Räumungsklage kam, konsultierte sie vor lauter Angst sogar einen Anwalt, erzählt sie. Er habe sie nur beraten, wolle ihr nicht das Geld aus der Tasche ziehen, weil sie am Ende nur verlieren könne. Der Gerichtsvollzieher werde wohl bald auftauchen, habe der Anwalt gesagt. Und dann? "Dann lande ich in einem Obdachlosenheim mit meinen Kindern."

Sie weint. Entschuldigt sich, fängt sich und fragt: "Was passiert dann? Kommt das Jugendamt und nimmt mir meine Kinder weg? Kinder können doch nicht in einem Obdachlosenheim wohnen. Wenn sie mir meine Kinder nehmen...", weiter kann sie dieses Szenario nicht spinnen. "Ich weiß nicht, was ich noch tun soll." Ihr Notlage wollte mancher schon schamlos ausnutzen. Auf ihre Suchanzeige auf Ebay im Internet hat sich ein Mann aus der Doppelstadt gemeldet und ihr eine Drei-Zimmer-Wohnung angeboten. Sie zeigt unserer Redaktion die Mail: "Du brauchst nichts zu bezahlen, Du bekommst sie umsonst – wir treffen uns einfach zweimal im Monat und haben Spaß miteinander", steht darin. Barbara Vara-Acuma lehnte höflich dankend ab, sie will sich nicht prostituieren, sie will nur ein neues Zuhause für sich und ihre zwei kleinen Kinder.

Info: Wohnungsmarkt

Die Lage auf dem Wohnungsmarkt in VS spitzt sich immer mehr zu. Unter den Suchenden sind auch viele alleinerziehende Mütter. "Wir kriegen das in unserer Arbeit wirklich täglich mit, dass Menschen verzweifelt nach Wohnungen suchen", schilderte Sebastian Merkle, geschäftsführender Vorstand der Baugenossenschaft Familienheim unserer Zeitung. Auch Rainer Müldner, Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft wbg machte diese Erfahrung: "Wir spüren einen höher werdenden Druck am Markt." Seine Mitarbeiter müssten trotz Wartelisten schon Interessenten abweisen – "das führt zu Frustrationen", weiß er.