Obdachlosenwohnheim oder doch ambulant betreutes Wohnen? Das Gelände zwischen Bürgerheim und Bahnlinie weckt das Interesse für gleich mehrere Bauvorhaben. Foto: Hennings

Statt wie geplant in Klippeneckstraße möchte Stadt direkt neben Bürgerheim bauen: Verein wehrt sich.

VS-Schwenningen - In der Planung für das neue Obdachlosenwohnheim am Neckarbad ging es nur noch um Details. Doch weil benachbarte Firmen erweitern möchten, macht die Stadt jetzt einen Rückzieher. Gebaut werden soll stattdessen neben dem Bürgerheim – aber auch dort regt sich bereits Widerstand.

"Das würde uns für Jahre alle Erweiterungsmöglichkeiten verbauen", klagt Hans-Joachim Gebauer, Vorsitzender des Bürgerheim-Vereins. Seit Jahren plant der gemeinnützige Verein auf dem der Stadt gehörenden Areal in der Salinenstraße ein Angebot für ambulant betreutes Wohnen für bis zu 60 Senioren zu schaffen. So, wie er das als Trägerverein in direkter Nachbarschaft bereits mit dem Alten- und Pflegeheim getan hatte. Sogar ein Vorkaufsrecht hatte das Bürgerheim. Dieses ist vor wenigen Jahren jedoch verstrichen.

Plan für altersgerechte Wohnungen liegt bereits in der Schublade

Im nächsten Frühjahr würde der Verein Bürgerheim das Projekt gerne in Angriff nehmen und sich bald darauf auf die Suche nach einem Bauträger machen. "Die Grobplanung aus dem Jahr 2012 haben wir auf Wiedervorlage gelegt", sagt Gebauer. Damals musste das Vorhaben aufgrund fehlender Planungssicherheit wegen einer neuen bundesweiten Heimbaumindestverordnung verschoben werden. Seit diesem Frühjahr aber hat das Bürgerheim und hätte auch ein Bauträger diese Sicherheit.

"Das Angebot der Tagespflege gibt es direkt nebenan, die Essensversorgung wäre wohl über die gemeinsame Küche gegeben. Es ist ein Projekt der kurzen Wege und insgesamt, so finden wir, eine sehr runde Sache", schätzt Gebauer ein. Die Frage nach dem Bedarf an altersgerechten Wohnungen stelle sich gar nicht erst: "Das wäre ein Selbstläufer. Allein die Generation des ›Baby-Booms‹ geht bald in Massen in den Ruhestand", so der Vereinsvorsitzende. Auch hapere es in Villingen-Schwenningen schon jetzt an entsprechenden Angeboten für ältere Mitbürger.

Durchkreuzen könnte diese Pläne des Bürgerheims aber die Stadt selbst. Wie aus der aktuellen Vorlage der Verwaltung für den Technischen Ausschuss hervorgeht, plant diese nach dem Aus für den Standort Klippeneckstraße (siehe Info), das neue Obdachlosenheim auf dem Gelände in der Salinenstraße zu errichten. Das passe, da das Grundstück laut Bebauungsplan für soziale Einrichtungen vorgesehen ist. Einer Genehmigung für das Obdachlosenheim stehe also nichts im Wege, Nachbarn würden nicht beeinträchtigt, heißt es in der Beschlussvorlage, über die am Dienstag abgestimmt wird.

Entstehen soll ein Heim mit 14 Zimmern für Männer (Einzel- und Doppelbelegung), zehn für Paare sowie sieben für Familien. Separat sind Bad und Küche vorgesehen. Die Kosten liegen bei 1.720.000 Euro, wovon 1.175.000 Euro vom Vermögenshaushalt 2016 anzumelden sind.

"Weichenstellung, die Einstellung gegenüber älteren Bürgern zeigt"

"Die Stadt ist natürlich in Nöten", weiß Gebauer. Doch zu viel spricht in Sachen Obdachlosenheim aus seiner Sicht gegen die Salinenstraße. In einem Schreiben, adressiert an Oberbürgermeister Kubon und die Fraktionsvorsitzenden, nahm er deshalb Stellung, als die Pläne der Stadt jüngst durchgesickert waren. "Ich habe darum gebeten, das Vorkaufsrecht für das Bürgerheim wieder aufleben zu lassen", erklärt er. "Das Grundstück", so der Vereinsvorsitzende in seinem Schreiben, "ist für eine ambulante Einrichtung angesichts der direkten Nachbarschaft zum Bürgerheim und der günstigen Lage neben der Möglingshöhe sowie der guten Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr wie kaum ein zweites in Schwenningen geeignet."

Mit Spannung blickt er deshalb der Ausschusssitzung entgegen. Gebauer: "Es wäre nicht im Sinne der Stadt und der Bürger, auf die altersgerechten Wohnungen zu verzichten. Ich sehe die Entscheidung daher auch als eine Weichenstellung an, die zeigt, welche Einstellung die Stadt gegenüber älteren Mitbürgern hat."

Planung weit fortgeschritten

Rückblick: Bereits im Mai 2014 sind Firmen mit der Planung für Elektrik, Heizung und Sanitär der Unterkunft in der Klippeneckstraße beauftragt, kurz zuvor war der Bauantrag eingereicht worden. Bei dem Bauvorhaben ging es nur noch um Einzelheiten. Weil sich mit der Esso GmbH aber ein sogenannter Störfallbetrieb in der Nachbarschaft befindet, hätte das Heim um 200 Meter versetzt gebaut werden müssen. Daraufhin wurde im Februar der Beschluss zum Grundstückskauf gefasst. Da der Bebauungsplan dort aber eine Grünfläche vorsieht, hätte dieser bald geändert werden sollen.

Firmen legen Veto ein

Soweit wird es wohl nicht kommen. Im August äußerten Vertreter einer benachbarten Firma den Wunsch, ihren Betrieb zeitnah zu erweitern. Weil der Lärm für die Bewohner des Obdachlosenheims dadurch zu laut hätte sein können, wäre dafür wohl keine Genehmigung erteilt worden. Da die Entwicklung ansässiger Betriebe nicht verhindert werden soll, nimmt die Stadt nun Abstand vom Standort neben dem Neckarbad.

Neubau dringend notwendig

Die Stadt steht unter Zeitdruck: Weil das Obdachlosenheim in der Turnerstraße marode ist und der Brandschutz nicht ausreicht, sich Investitionen aber nicht lohnen, ist ein Neubau dringend notwendig.