Foto: Pilick Foto: Schwarzwälder-Bote

Vor allem viele Rentnerinnen zieht es eher in die Wärmestube als zum Sozialamt / Aktionswoche klärt auf

Wenn das Geld nur noch für Gebrauchtes reicht und jeder Cent umgedreht werden muss, um über die Runden zu kommen, dann darf man wohl von Armut sprechen. Dass es diese im Schwarzwald-Baar-Kreis gibt, zeigt eine Aktionswoche eindrucksvoll auf.

Schwarzwald-Baar-Kreis. Die landesweit vom 16. bis 22. Oktober von der Liga der freien Wohlfahrtsverbände durchgeführte Aktionswoche gegen Armut, diesmal speziell zur Armut von Kindern, Jugendlichen und alten Menschen, findet auch in Villingen-Schwenningen ihren Niederschlag.

Von 2700 Ratsuchenden leidet fast die Hälfte an Armut

Der Schwarzwälder Bote startet in diesen Tagen eine Serie zum Thema "Altersarmut". Außerdem werden sich die Wohlfahrtsverbände die lokalen Landes- und Bundespolitiker zu einem Fachgespräch über das Armutsrisiko von Alleinerziehenden an den Tisch holen und eine Umfrage in den Second-Hand-Läden von Diakonie und Arbeiterwohlfahrt (AWO) soll aufzeigen, dass Menschen auf derlei Angebote angewiesen sind. "Und das ist eine gesellschaftliche Katastrophe", findet Reinhold Hummel von der Diakonie in Schwenningen.

Die von Anita Neidhardt-März, Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes, vorgelegten Zahlen des Kirchlichen Sozialdienstes im Schwarzwald-Baar-Kreis, einer ökumenischen Einrichtung des Caritasverbandes und des Diakonischen Werkes im Kreis sowie der Diakonie Schwenningen, machen deutlich, dass von den fast 2700 Menschen, die 2016 hier Rat suchten, mehr als die Hälfte an Armut leidet. Darunter waren fast 300 Rentner. Barbara Spruth, die sich im Diakonischen Werk um "Menschen in Rente" kümmert, weiß, dass es vor allem Mütter sind, die nach dem Tod ihres Gatten mittellos dastehen. Statt zu arbeiten haben sie ihre Kinder erzogen. Das rächt sich jetzt. Bärbel Wagner vom Sozialen Zentrum der AWO in Schwenningen bestätigt, dass sich auch der Kreis der Bedürftigen in der "Wärmestube" geändert hat. Waren es früher vornehmlich die Obdachlosen, die für ein warmes Mittagessen kamen, so sind es inzwischen vor allem Rentnerinnen, die sich ihre Wohnungen nicht mehr leisten können. Die Scheu vor der Bürokratie, vor allem aber Scham hindere die Frauen häufig am Gang zum Sozialamt.

In den Fokus genommen werden in der Aktionswoche auch die Alleinerziehenden. 909 sogenannte "Bedarfsgemeinschaften" gibt es im Schwarzwald-Baar-Kreis. Werner Gutermann vom Caritasverband weiß um deren Sorgen, die sich um die erschwerte Rückkehr in den Beruf durch unpassende Arbeitszeiten und eine teure Kinderbetreuung drehen. Monika Haas leitet das Sozialkaufhaus "Jumbo" in Villingen und kennt ihre Klientel. Ohne die Möglichkeit, hier billig einzukaufen, käme niemand von ihnen über die Runden.

Die Forderungen an die Politik äußern die Organisatoren der hiesigen Aktionswoche deutlich: Es brauche mehr bezahlbaren Wohnraum, eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung, die Einführung einer Mindestrente und für Alleinerziehende eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie.