Ein Herz und eine Seele: Die Schwenninger Marie und Max Glass sind seit 60 Jahren verheiratet. Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder-Bote

Porträt: Marie und Max Glass feiern diamantene Hochzeit / Seit 1952 in Narrenzunft

Gerade haben Marie und Max Glass diamantene Hochzeit gefeiert. Die beiden gebürtigen Schwenninger sind seit 60 Jahren verheiratet und haben in dieser Zeit viel Veränderung erlebt.

VS-Schwenningen. Zum ersten Mal getroffen haben sich Marie und Max Glass 1949 bei der Eröffnung des Naturfreundehauses in Rottweil. Sie war 15, er 17 Jahre alt. Natürlich sei man damals mit dem Fahrrad von Schwenningen nach Rottweil gefahren, sagt der 85-Jährige und lacht. "Wir sind sogar bis nach Freiburg geradelt". Ein elterliches Taxi? Das war undenkbar, weil in der Regel gar nicht vorhanden.

Ein Jahr später trafen Max und Marie sich wieder, diesmal im Schwenninger Naturfreundehaus im Hirzwald. Bei den Naturfreunden war etwas los. An jedem Samstag traf man sich um 14 Uhr beim "Alpenblick", dann ging die Post ab – natürlich an frischer Luft. So viele Alternativen, die Freizeit zusammen mit Freunden zu verbringen, gab es schließlich nicht, erinnert sich Marie Glass. Es funkte zwischen den beiden, "und ab da waren wir zusammen".

1952 traten sie gemeinsam der Schwenninger Narrenzunft bei. "Ich wollte mal ins Häs, sagt Max Glass. Sein erstes war geliehen und sogar die Einzelfigur des "Hölzlekönigs", die er beim Umzug – damals noch am Fastnachtsdienstag – stolz durch die Stadt trug. Bei seiner ersten Mitgliederversammlung wurde Max Glass sogleich in den Elferrat und zum zweiten, schon im Jahr darauf zum ersten Säckelmeister gewählt. Die Mitgliedsbeiträge habe man bar eingesammelt und sei dazu von Haustür zu Haustür gepilgert.

Sie hat ihm immer geholfen

Nicht nur dabei hat ihm seine Marie in den 30 Jahren, die er das Amt bekleidete, immer geholfen. "Ohne sie hätte ich das nicht so lange durchgehalten", sagt er heute. Die umfangreichen Aufgaben seines Ehrenamtes erfüllte der gelernte Schuhmacher schließlich neben seiner beruflichen Tätigkeit her. Als Betriebsleiter einer kleinen Fabrik, die Uhrenarmbänder und Gürtel herstellte, war er morgens immer der Erste und häufig bis in die Nacht hinein eingespannt.

"Was wir alles gemacht haben", erinnern sie sich heute kopfschüttelnd an das Jahr 1975, als ein Dutzend Mitglieder, darunter Max und Marie Glass, ein halbes Jahr lang nach jedem Feierabend zusammenkam, um für das Narrentreffen acht Kilometer Straßendekoration nähte. Abfallstoffe wurden gebügelt, gestapelt, ausgestanzt – "das Werkzeug dazu habe ich noch" – und zu bunten Girlanden verarbeitet. Damit nicht genug, hat sich Glass auch mit der Häsmacherei beschäftigt. Bei der Schwenninger Narrenzunft bestellt man bis heute ein komplettes Häs samt Kleid, Maske und Glocken.

Max Glass ist nach wie vor einer von denen, der sich um den Stoffkauf, den Schnitzer und den Häsmaler kümmert, der die Häser nach dem Bemalen zusammennäht und die Masken fasst. 110 Mark hat der ganze Hansel Ende der 1950er-Jahre gekostet, erinnert sich Glass. Heute muss man dafür fast das 25-fache hinlegen. Darin sieht er einen der Gründe, warum die Nachfrage heute nicht mehr so groß ist, wie sie schon war.

Einziges Ehrenmitglied

Glass ist inzwischen das bisher einzige Ehrenmitglied der Narrenzunft und natürlich auch Ehrensäckelmeister mit der für ihn erfreulichen Möglichkeit, noch an jeder Vorstandssitzung teilnehmen zu dürfen – mit Rederecht. "Manchmal wird mein Rat noch gebraucht ", sagt er und freut sich außerdem, die Entwicklung der Zunft hautnah miterleben zu dürfen.

Marie Glass hat ihren Mann immer begleitet. Gerne wäre sie Friseurin oder Schneiderin geworden, doch sie musste früh Geld verdienen und hat ihr Leben lang gearbeitet, zeitweise in der gleichen Firma wie ihr Mann. Auch bei der Narrenzunft war sie aktiv.

Als sich 1958 die Frage stellte, wer beim Umzug die Fahne trage, kreierte sie zusammen mit anderen die "Fahnengarde". Die gibt es heute nicht mehr – die Damen von damals wurden später zu Ratsfrauen.

Ins Häs geht das Jubelpaar zwar nicht mehr, doch an der Fastnacht sind sie noch überall dabei. Nicht nur in Schwenningen. Seit 60 Jahren halten sie Kontakt zur Breisgauer Narrenzunft in Freiburg, deren Mitglieder sie sind und die Max Glass zum "Zunftrat in Ehren" ernannte. Auch die Gockel-Gilde in Zollhaus liegt ihnen am Herzen. Schließlich haben sie dort über 20 Jahre lang gewohnt.

Das kinderlose Ehepaar liebt bis heute das Campen. War man früher mit Zelt unterwegs, so gönnte man sich alsbald einen Wohnwagen, reiste damit durch den Süden Europas und später gerne an den Bodensee.

Heute verbringen Max und Marie Glass den Sommer am Sunthauser See. Sie lieben ihr Schwenningen, haben – durch die Fasnet – aber auch viele Freunde in Villingen. Die Stadt ist für sie eine gemeinsame, was heute noch deutlicher würde, hätte man gleich nach der Fusion 1972 eine zentrale Stadtverwaltung aufgebaut. Davon ist Max Glass überzeugt.