Ungewöhnliches zum Geburtstag: Ritter Assimil (rechts) vom schlaraffischen Reych "Offenburgia Badensis" zeigt dem Villinger Schlaraffen-Thron, unter welchen Mühen und mit welchen Hilfsmitteln man den Weg aus der Rheinebene nach Villingen antritt. Foto: Burgblitz Foto: Schwarzwälder-Bote

OB Kubon überrascht "Schlaraffia Ad Villingam" zum 50. Geburtstag mit einem besonderen Geschenk / Zum Jubiläum auch ein Konzert

VS-Villingen. Die Schlaraffen sind weder Freimaurer, Karnevalisten noch ein Service-Club, sondern eine deutschsprachige Vereinigung zur Pflege von Kunst, Humor und Freundschaft. "Schlaraffia Ad Villingam" feierte jetzt den 50. Geburtstag.

Männer mit verschiedenfarbigen Helmen, Orden und Umhängen. Männer mit Holzschwertern. Ein großer Uhu als Wappentier. Ein opulentes Bühnenbild, auf dem unter anderem Ritter Berthold von Zähringen zu sehen ist. Und eine knapp 300-köpfige Schar, die begeistert Textzeilen singt wie: "Wir sind die Ritter von der Rolandnadel" (Erkennungszeichen am Revers).

Am Samstag nun wurde im Münsterzentrum das 50. Stiftungsfest des "allzeyt hoch gelegenen Reyches Ad Villingam" gefeiert – mit Gästen aus 40 anderen schlaraffischen "Reychen" von Kapstadt bis Wien, von Locarno bis Stade. Mittags gab es in der voll besetzten Benediktinerkirche ein Konzert auf der Silbermannorgel mit der Gregorianikschule Schramberg unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Rudi Schäfer, abends die 1528. Sippung der Villinger Schlaraffen – auch die Frauen sowie einige Ehrengäste waren zugelassen. Zu Letzteren zählte Dekan Josef Fischer als Hausherr, der die Festversammlung auf schlaraffische Weise begrüßte.

Oberbürgermeister Rupert Kubon bewies ebenfalls, dass er das schlaraffische Spiel schon bestens verinnerlicht hat. In seinem Grußwort versuchte er augenzwinkernd nachzuweisen, dass die Schlaraffia keineswegs 1859 von Künstlern in Prag gegründet worden sei, sondern rund 250 Jahre zuvor in Villingen. Er habe nahe des Keltengrabes am Magdalenenberg den "Ur-Uhu" ausgegraben und mitgebracht, die schlaraffische Geschichte müsse daher neu geschrieben werden.

Der dreiköpfige schlaraffische Thron, die Spielleitung gewissermaßen, reagierte erleichtert: "Wir hatten für ein paar Sekunden schon befürchtet, der Ur-Uhu stamme aus Schwenningen..."

Die dreistündige "Festsippung" bot einen guten Querschnitt dessen, was Schlaraffia ausmacht: Heiteres ebenso wie Ernstes, Musikalisches ebenso wie Literarisches, Schräges ebenso wie Kerzengerades. Ein dreiminütiges Kurz-Kammerkonzert zweier "Ritter" (Vollmitglieder) mit Cello und Klavier gehörte ebenso dazu wie ein Vortrag über die Frage, ob es Schlaraffia in 50 Jahren wohl noch gebe. Antwort: Ja, aber nur dann, wenn man die von den Gründungsschlaraffen vor 156 Jahren aufgestellten Grundregeln genau befolge.

Der Bad Säckinger Schlaraffe und Puppenspieler "Ritter Perlacko" erweckte mit Hilfe seines Knies und seiner Finger diverse Personen von einem Araber im "Café Oriental" bis zu einem Rapper zum Leben, und der Offenburger "Ritter Assimil" berichtete mit einer Schneeschaufel bewaffnet von den Unbilden, aus der Rheinebene hoch zu den Sippungen der Villinger zu fahren. Er habe auch heute wieder Schneeketten am Auto angelegt und erwäge jedes Mal, das Reych "Hohenschramberg" (Schramberg) als Basislager für die abenteuerliche Fahrt gen Villingen zu nutzen. Er jedenfalls sei sicher: "Reinhold Messner ist nur deshalb in den Himalaya gekommen, weil ihm Villingen mit seiner Höhe und Witterung zu gefährlich erschien."

Auch die Gastgeber trugen mit einem gut 30-köpfigen Männerchor zum Programm des Abends bei, ernteten bei ihrem eigenen "Oberschlaraffen des Äußersten" aber nur bedingt Begeisterung: "Die Klavierbegleitung war wirklich gelungen", lautete die mehrdeutige Verdankung.

"In Arte Voluptas" – in der Kunst liegt das Vergnügen, das ist der Wahlspruch der Schlaraffen. Politik, Beruf und Religion bleiben als Themen draußen, wenn man sich trifft, um die "profane" Welt zu vergessen und in ein Spiel einzutauchen, das zwanglos, aber geistvoll ist und in dem spontane Wortmeldungen durchaus gefragt sind.

Nicht wenigen Mitgliedern, die männlichen Geschlechts und "in gesicherter Position" sein sollten, sind die schlaraffischen Sitzungen wichtiger Lebensinhalt. Und so wurde auch zum Abschluss das Lied "Ein Lulu dem Schlaraffenreych" gesungen, das mit dem Satz endet: "Drum bis zum letzten Atemzug – lasst uns Schlaraffen bleiben!"

Weitere Informationen: www.advillingam.de

Die Schlaraffen sind weder Freimaurer, Karnevalisten noch ein Service-Club, sondern eine deutschsprachige Vereinigung zur Pflege von Kunst, Humor und Freundschaft. 11 000 Schlaraffen gibt es weltweit – und ihr 46-köpfiger Villinger Ableger ist sehr rege. Tausende von Gästen haben in der Vergangenheit die Sippungen Ad Villingams und damit auch die 1000-jährige Stadt besucht, ihr zähringisches Stadtbild bewundert und ihre Gastlichkeit kennengelernt.