Mit einem Rollenspiel unterstrich die Diplom-Psychologin Claudia Müller-Lütken (Mitte) ihren Vortrag zum Thema "Mobbing". Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder-Bote

Mobbing: Ein Drittel der Eltern outet sich

Von Birgit Heinig

Villingen-Schwenningen. "…und raus bist du!" Der Titel des Vortrages am Donnerstagabend zum Thema Mobbing beschrieb es treffend. Soziale Isolation ist die Folge und die verletzt genauso wie körperliche Gewalt.

Der Einladung des Gesamtelternbeirat der VS-Schulen (GEB) in das Gymnasium am Deutenberg folgten am Donnerstagabend rund 100 Väter, Mütter, Lehrer und Schulsozialarbeiter. Rund ein Drittel outete das eigene Kind beziehungsweise namentlich bekannte Schüler als von Mobbing betroffen.

Die Diplom-Psychologin Claudia Müller-Lütken hatte zwar nicht das Allheilmittel gegen Mobbing parat, lieferte jedoch Ansätze für Hilfeleistungen.

Sie ist an der Schulpsychologischen Beratungsstelle am Staatlichen Schulamt Donaueschingen Teil eines Teams von fünf Psychologen und drei Beratungslehrern. Warum noch ein Vortrag zum Thema? "Die Gesellschaft darf sich mit dem Problem Mobbing und Cybermobbing nicht arrangieren", begründete Michael Grieshaber, seit November GEB-Vorsitzender und Elternbeirat an der Karl-Brachat-Realschule, den Infoabend, der noch von seiner Vorgängerin Claudia Kienast organisiert wurde. "Wir sind schon gut aufgestellt, aber es gibt noch viel zu tun".

Vor allem in den Klassenstufen sieben bis neun sei Mobbing – auf dem Schulhof oder im Netz – am verbreitetsten, sagte Claudia Müller-Lütken. Prävention versprechen von Elternseite Medienfitness, Interesse und Zeit für das Kind sowie genaues Hinsehen, von Seiten der Schule helfe ein gutes Klima in den Klassen, ein "anonymer Briefkasten" und ein Klassenrat gegen das Ausgrenzen einzelner Schüler. Mobbing sei systematisches, wiederholtes und vorsätzliches Beleidigen von Mitschülern und es gehe dabei um Macht. Rund ein halbes Jahr dauere es, bis sich ein Kind zum "Betroffenen" manifestiere, so die Erfahrung der Psychologin. Nur ein Bruchteil der Fälle komme ans Licht. Erst wenn Stress, Angst und Ohnmacht zur Schulverweigerung führen, wird es offensichtlich.

Dabei sei frühes Agieren wünschenswert, sagte Müller-Lütken und riet allen Betroffenen, sich bald Eltern, Lehrern oder Schulsozialarbeitern anzuvertrauen.

"No blame Approach" heißt eine Strategie gegen Mobbing, die Schüler in den Klassenverband zurückholen kann. Aus der Klasse heraus wird eine aus Mobbingakteuren, Freunden des Opfers und neutralen Schülern bestehende "Unterstützergruppe" gebildet. Das wichtige laut Müller-Lütken: keine Schuldzuweisungen, keine Namen, keine Strafen. Alle Gruppenmitglieder beschreiben ihre Gefühle – "so entsteht Empathie und Verhalten wird geändert", ist die Psychologin überzeugt. "Es gibt viele Möglichkeiten der Hilfe", schloss Claudia Müller-Lütken. Ein Schul- oder Klassenwechsel sei dabei immer das letzte Mittel der Wahl.