Geschlossen blieb die Kindertagesstätte der Polizeihochschule, da sich die Erzieherinnen an den Streikaktionen in Stuttgart beteiligten. Auch in den städtischen Einrichtungen war die Betreuung teils eingeschränkt. Foto: Bloss, Grubitzsch, Karmann/Montage: Hackenjos

Erzieherinnen beteiligen sich an Warnstreiks. Eltern zeigen Verständnis. Wie eine Mutter ihre Tochter versorgt.

Villingen-Schwenningen - Bei manchen Kindergärten blieben gestern die Türen geschlossen: Auch Erzieherinnen aus der Doppelstadt beteiligten sich an den Warnstreiks im Rahmen der Tarifverhandlungen. So mussten sich manche Eltern etwas einfallen lassen, zeigten aber Verständnis für die Arbeitsniederlegung.

Bei der zentralen Kundgebung der Gewerkschaft Verdi in Stuttgart untermauerten Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst ihre Forderungen nach mehr Lohn. In Villingen-Schwenningen hatten beispielsweise der Kindergarten in Rietheim und in Obereschach sowie die Tageseinrichtung am Schwalbenhaag zu, teilte Nicolas Lutterbach, Pressesprecher der Stadt, mit. "Hier mussten sich die Eltern für diesen einen Tag um eine Betreuungs-Alternative kümmern."

So auch die Mütter und Väter, die ihren Nachwuchs in der Johanna-Schwer-Kita in der Villinger Zeppelinstraße untergebracht haben, die normalerweise durchgehend von 7 bis 17 Uhr geöffnet hat. Die Türen blieben den ganzen Tag über verriegelt. Bereits vergangenen Mittwoch waren die betroffenen Eltern in einem "freundlichen Schreiben" darüber informiert worden, dass sich alle Erzieherinnen am Streik in Stuttgart beteiligen würden, berichtet Monika Siebert, deren fünfjährige Tochter Emilija die Einrichtung besucht. Die Kita-Leitung habe zudem die Lösung einer Notgruppe signalisiert, falls sich die Versorgung der rund 130 Kinder, die auf sechs Gruppen aufgeteilt sind, nicht anders regeln ließe.

Dazu musste es jedoch nicht kommen: Denn wie viele betroffene berufstätige Mütter hatte sich die Steuerfachangestellte für den gestrigen Tag Urlaub genommen, um die Betreuung ihrer Tochter zu gewährleisten. Damit sie die wichtige innerbetriebliche Schulung am Nachmittag dennoch wahrnehmen kann, bringt sie Tochter Emilija zur befreundeten "Kinder-Mami", die bei Notfällen stets einspringt. Trotz des Aufwands zeigt sich Monika Siebert gelassen und ist wenig verärgert über die gestrige Schließung: "Wie mein Arbeitgeber auf meinen Urlaubstag reagiert hat, werde ich erst morgen erfahren. Aber ich finde den Streik okay und stehe voll hinter den Erzieherinnen. Und auch die meisten anderen Eltern haben wohlwollend reagiert. Wir möchten alle, dass die Mädels eine richtige Entlohnung bekommen."

Zudem, so schmunzelt die Mutter, könne sie an solch einem Tag endlich einmal das erledigen, wozu sie sonst keine Zeit habe. Ob es bei einem Schließungstag bleiben wird oder ob sie sich zukünftig nochmals freinehmen muss, um Tochter Emilia werktags selber zu betreuen, darauf ist Monika Siebert gespannt und nimmt an, dass sie es erst kurzfristig erfahren werde.

Im Kindergarten Charlottenpflege in der Schwenninger Charlottenstraße waren gestern ebenfalls keine Erzieherinnen anzutreffen – bis auf Leiterin Christine Perrey, die für die Betreuung einer Notgruppe zuständig war. "Letztendlich war es aber nur eine Familie, die die Betreuung ihres Kindes kurzfristig nicht anders hingekriegt hat. Wenn sowohl Vater als auch Mutter berufstätig sind, ist das natürlich nachvollziehbar", sagt Perrey. Dass die übrigen Mitarbeiterinnen zum Streik nach Stuttgart fahren wollten, sei bei den Eltern der 36 zu betreuenden Kinder auf allgemeines Verständnis gestoßen.

"Da es nur ein Tag ist, an dem in der Charlottenpflege kein Normalbetrieb läuft, konnten sich die Eltern gut arrangieren. Sie haben unseren Erzieherinnen sogar viel Glück für den Streik gewünscht", erzählt Christine Perrey.

Während an der Tür des "Campus Minimus", der Kindertagesstätte der Polizeihochschule, ein Eltern-Infozettel mit der Überschrift "Wir streiken heute" angebracht war und auch diese Einrichtung folglich geschlossen hatte, gab es für mehrere Kitas in Schwenningen trotz Gewerkschafts-Streik in der Landeshauptstadt keinen Grund zur Schließung: "Unsere Mitarbeiter wollten nicht streiken, weil sie die Notwendigkeit noch nicht gesehen haben. Zudem hätte die Maßnahme zunächst die Familien getroffen, die ihre Kinder anderweitig hätten unterbringen müssen", sagt Sabine Wiebler vom Kindergarten Am Deutenberg. Und auch die Helene-Mauthe-Kindertagesstätte in der Stuttgarter Straße hat am Streik-Tag Normalbetrieb. "Nicht nur, dass unsere Kinder und Eltern am meisten in der Situation gelitten hätten. Es ist auch ein Tag, an dem die Mitarbeiter kein Geld verdienen, und um das geht es ja bei der ganzen Streik-Aktion", meint die stellvertretende Leiterin Ina Bürkle.

In den Einrichtungen der katholischen und der evangelischen Kirche war gestern ebenfalls ein ganz normaler Tag, da das Arbeitsvertragsrecht anders geregelt ist als für Angestellte der Kommunen. Bei der katholischen Kirche gelte der so genannte dritte Weg, bei dem Vertreter von Mitarbeitern und Dienstgebern die Richtlinien aushandeln, die an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst angelehnt seien, erläutert Andrea Fischer, Kindergartengeschäftsführerin der Verrechnungsstelle der katholischen Kirchengemeinden Villingen.