Die Behälter werden nur noch teilweise befüllt, seit Montag um 16 Uhr bestreikt Verdi das Briefverteilzentrum. Foto: Bloss/Schmidt

Tarifkonflikt bei der Post eskaliert: Zahlreiche Briefe und Pakete kommen in den nächsten Tagen nicht an. Unbefristeter Arbeitsausstand.

Villingen-Schwenningen - Am Montag hat die Gewerkschaft Verdi entschieden: Die Mitglieder in den Briefverteilzentren gehen in unbefristeten Streik. Um 16 Uhr begann dieser beim Briefverteilzentrum 78, Villingen-Schwenningen.

Die Post habe sich in sechs Verhandlungsrunden keinen Millimeter auf eine Lösung des Konflikts hinbewegt, sondern ein Angebot der Gewerkschaft ignoriert, erklärte Verdi-Vize Andrea Kocsis gestern in Berlin. "Wir müssen den Druck nun massiv erhöhen."

In dem Tarifkonflikt, so teilt Verdi mit, geht es um Bezahlung und Arbeitszeit für rund 140.000 Beschäftigte. Kern der Auseinandersetzung ist aber der Aufbau von 49 regionalen Gesellschaften für die Paketzustellung. Die dort Beschäftigten – rund 6000 Paketboten – werden nicht nach dem Haustarif der Post bezahlt, sondern erhalten die oft niedrigeren Löhne der Logistikbranche.

Rund 170 Mitarbeiter sortieren im Briefverteilzentrum in Schwenningen im Drei-Schicht-Betrieb sämtliche Briefsendungen für den Postleitzahlenbereich 78. Das Einzugsgebiet des Briefzentrums, das zur Niederlassung Reutlingen gehört, reicht somit von Oberndorf bis Konstanz und Furtwangen bis Stockach. Mit den Maschinen können bis zu 1,5 Millionen Sendungen pro Tag sortiert werden.

Den ersten Streik in dem aktuelle Tarifkonflikt gab es vor knapp einem Monat, am 12. Mai. Die Verdi-Organisierten Postbeschäftigten legten damals für 24 Stunden die Arbeit nieder. "Wir wünschen uns, dass die bestehenden Arbeitsplätze nicht in eine GmbH ausgegliedert, sondern im Konzert beibehalten werden", erklärte damals Gewerkschaftssekretär Christian Filusch. Das ist auch heute noch eine Hauptforderung.

Der jetzt ausgerufene – unbefristete – Streik in den Verteilzentren bedeutet, dass hier Briefe und Pakete liegen bleiben, aber man schafft es nicht, solch ein Verteilzentrum wie das Schwenninger ganz lahm zu legen. Dies führt der zuständige Verdi-Koordinator für die Region, Andreas Henze, darauf zurück, dass es noch von früher verbeamtete Mitarbeiter gibt, als die Post noch staatlich war, und der Arbeitgeber auch auf Leiharbeiter zurückgreift.

Das Szenario beschreibt Henze folgendermaßen: Da im Briefverteilzentrum im Drei-Schicht-Betrieb gearbeitet wird, werden in jeder Schicht die Verdi-Mitglieder streiken und somit nicht zu ihren Arbeitsplätzen gehen. Der Arbeitskampf ist unbefristet, wann er beendet wird, ist im Moment völlig offen. In der Auswirkung werden die Briefträger und Paketzusteller weniger zum Zustellen haben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie in Zwangsurlaub gehen müssen, "sie haben einfach weniger zu tun."

Darüber hinaus, führt Andreas Henze aus, ist es im Moment völlig offen, ob der Arbeitskampf im Lauf der Woche noch auf weitere Bereiche ausgeweitet werde. Eine Ausweitung könnte wirklich bedeuten, dass gar keine Post mehr bei den Empfängern ankommen wird, denn die Verdi-Briefausträger und Paketboten könnten sich in den Streik integriert werden.

Melanie Kreis, Konzernpersonalvorstand und Arbeitsdirektorin der Deutsche Post DHL Group, zeigte sich gestern verwundert über das Verdi-Angebot, das von der Post abgelehnt wurde: "Der Verdi-Vorschlag leistet keinen Beitrag zur Zukunftssicherung für Mitarbeiter und Unternehmen. Mit der Forderung nach Abschaffung der seit Monaten schon tätigen Regionalgesellschaften für die Paketzustellung stelle die Gewerkschaft ihre eigenen regionalen Tarifverträge für die Speditions- und Logistikbranche in Frage. Nun werden 130 000 Beschäftigte bei der Deutschen Post AG zum Streik aufgefordert, um gegen Regionalgesellschaften vorzugehen, in denen 6000 Mitarbeiter nach Verdi-Tarifverträgen bezahlt werden."