Die Narren regieren in Herzogenweiler und Pfaffenweiler. Ortsvorsteher Martin Wangler aus Herzogenweiler (links) musste den Schlüssel an Vize-Glaser-Chef Andreas Neininger ebenso rausrücken, wie Martin Straßacker in Pfaffenweiler an Ober"-Wolfbach-Rolli Thorsten Simon. Fotos: Zimmermann Foto: Schwarzwälder-Bote

Fasnet: Narren übernehmen in Weilersbach, Obereschach, Pfaffenweiler und Herzogenweiler die Rathäuser

Die Narren übernahmen die Macht in den Stadtbezirken und stürmten die Rathäuser.

Villingen-Schwenningen. Wer gehofft hatte, Weilersbach würde von den Narren verschont, wurde enttäuscht: Die Epfelschittler übernahmen natürlich die Macht im Stadtbezirk. Am Feuerwehrgerätehaus hatten sich die Epfelschittler versammelt, um den Baum zum Rathaus zu fahren. Angeführt von den als Hemdglonker verkleideten Musikern und begleitet auch von einigen Dominos wurde der Narrenbaum zum Rathausplatz gefahren.

Im Jubiläumsjahr hatte die Zunft ein besonders langes Exemplar mit 26 Metern vorgesehen. Das allerdings sorgte angesichts des Sturms für Sicherheitsbedenken, die für kurze Diskussionen sorgten. Man einigte sich darauf, den Baum zu stellen, ihn zur Not über Nacht aber auch wieder flach zu legen, um ihn nach Abflauen des Windes wieder aufzurichten. Nach erfolgreichem Rathaussturm ging es mit dem Kappenabend weiter. Am Montag findet in Weilersbach der große Rum und Num-Umzug in Weilersbach statt, der angesichts des 22-jährigen Bestehens der Zunft besonders viele Gäste anlocken dürfte.

Auch Obereschach ist jetzt gänzlich in Narrenhand, nachdem Ortsvorsteher Klaus Martin den Rathausschlüssel an die Gayser-Gilde abtreten musste. Zwar bei herrlichem Frühlingswetter, aber heftigen Sturmböen hatten sich vorher die muntere Schar der Hästräger und der Gayser-Musikanten am Schlossberg versammelt, um sich auf die hohen Tage einzustimmen, bevor sie zum Rathaus zogen und den Schlüssel verlangten. Diesen rückte dann Ortsvorsteher Klaus Martin ohne große Gegenwehr heraus in der Hoffnung, dass die Gayser über Fasnet seinen Schreibtisch aufräumen. Mit einem kleinen Umzug, angeführt durch die Gayser-Musikanten unter der Leitung von Thomas Haberer, ging es dann zum Vereinshaus "Alte Schule" zu einem Umtrunk. Und da Ortsvorsteher Martin den Narren über die hohen Tage Musik und Spiele erlaubt hatte, mussten die Ortschaftsräte auch noch sportliche Höchstleistungen, wie etwa beim Sackhüpfen, vollbringen und das Gayser-Lied auswendig singen, was ihnen aber auch gelang.

Die Narren haben am Schmotzige Dunnschtig auch in den Stadtbezirken entlang des Oberen Wolfsbachs das Staatszepter, sprich Rathausschlüssel, an sich gerissen. Sowohl in Herzogenweiler als auch in Pfaffenweiler kam die Schlüsselübergabe am Schmotzige einem lokalpolitischen Aschermittwoch gleich, bei die die beiden ortsvorstehenden Martins närrischen Dampf über hoffentlich ungelegte städtische Gemeinderatseier abließen. Martin Wangler sei beruflich und auch als Rathaus-Chef in Herzogenweiler schon ein harter Hund, sagte Vize-Glaser-Chef Andreas Neininger, aber über die Fasnet wollten sie den Schlüssel haben, um Herzogenweiler "great again" zu machen, am Aschermittwoch könne er es dann gerne wieder noch "greater" machen. Und diesbezüglich passten ihm die städtischen Allmachtsallüren überhaupt nicht ins Konzept. Wangler beschlich das Gefühl, dass der OB die Dörfer abschaffen will und gar alle Straßen dahinraffen lassen will, denn Risse und Schlaglöcher hätten auch Charme und das sei eine Portion Fitness für den Darm.

Nicht nur die Dorf-Rathäuser wolle man verkaufen, denn dann wären auch die schrägen Ortsvorsteher weg. Mit dem vielen Geld könne man angeblich besseres machen, nämlich Gutachten in Auftrag geben, die keiner braucht. Ein Gang durch den Ort und schon sehe man, was wichtig ist. Ortsentwicklung könne auch sein, einfach ein Gutachten weniger, und mit dem eingesparten Geld sei der Floriweg schon bezahlt.

Ein Vorgeschmack dessen, was ein fehlendes Rathaus bedeuten könnte, erfuhren Narren und Ortsverwaltung hautnah bei stürmischem und nieseligem Wetter. Ohne Rathaus wär es in Pfaffenweiler trist und leer, sieht es der Pfaffenweiler Ortsvorsteher Martin Straßacker. Nicht nur die Ortsverwaltung, auch die Feuerwehr und die Wolfbach-Rolli wären plötzlich obdachlos. Und ein Tisch und ein Stuhl neben dem Gemüsestand auf dem Freitagsmarkt als Ortsverwaltung, das könne es dann doch nicht sein. Vermisst haben die Narren die nächtliche Kirchturmuhr-Zeitansage. Mit der ständig verzögerten Inbetriebnahme des Internets sei es so eine Sache, meinte Straßacker, denn in der hohen Politik gehe alles nicht so schnell. Es sei immerhin schon besser als in der Gegend seines selbst gewählten Exils, strählte er seinem Alter Ego zurück. "Mir nämmet dich au wieder z’ruck", Wiedereingliederungsvertrag unterschreiben, der Rest geht dann ruck zuck. Im Anschluss an die Schlüsselübergabe zogen die Narren als Hemdglonker auf eine kurze Rundtour durchs nächtliche Pfaffenweiler, bei der auch die Kinder ihre Fasnetspuppe ganz schnell im Gebüsch gefunden haben, bevor man sich vom Durst geplagt in der innerörtlichen Tränke niederließ.