Inge Fromm testet, ob das neue Blindenleitsystem in der sanierten Innenstadt etwas taugt. Die Rillentiefe überzeugt sie: Der Streifen hebt sich deutlich vom restlichen Pflaster ab.   Fotos: Bienger Foto: Schwarzwälder-Bote

Behindertenbeirat entdeckt Mängel in sanierter Fußgängerzone

Von Alicja Bienger

VS-Schwenningen. Die neue Schwenninger Mitte macht optisch schon mal viel her – doch wie sieht es mit der Barrierefreiheit aus? Der städtische Behindertenbeirat nahm den ersten Bauabschnitt der frisch sanierten Fußgängerzone gestern genauer unter die Lupe.

Brauchen Blinde wirklich einen Wegweiser zum nächsten Optiker? Könnte man meinen, wenn man sich die Führung des Leitsystems für Sehbehinderte in der sanierten Mitte Schwenningens einmal genauer anschaut. Kein Scherz: Jene Rillen, die die Blinden eigentlich in die Friedrich-Ebert-Straße leiten sollten, münden direkt in das Geschäft Optik Schatz gegenüber des City-Rondells.

Die städtische Behindertenbeauftragte Renate Gravenstein, die Mitglieder des Behindertenbeirats und einige Gäste, die beim gestrigen Rundgang durch die frisch sanierte Innenstadt dabei waren, sehen’s mit Humor – doch Gravenstein sagt auch ganz klar: "Das kann so nicht bleiben, das muss man beheben." Denn abgesehen davon, dass die Rille nicht in die Querstraße mündet, verläuft sie auch noch direkt entlang eines neuen Baumtrogs – für Gravenstein und ihre Mitstreiter neben fehlenden Behindertenparkplätzen ebenfalls ein Manko, das sie der Stadt melden wollen.

Nachdem der Behindertenbeirat bei den Bürgerworkshops zur Innenstadtsanierung Wünsche geäußert hatte, "wollen wir jetzt kontrollieren, ob alles so geworden ist, wie es gewollt war", erläuterte Gravenstein den Grund für die Begehung. "Vor allem für Blinde ist es ein großes Problem, sich zurechtzufinden. Die Querrillen sollen ihnen helfen, die Orientierung zu behalten."

Inge Fromme ist eine von ihnen. Vorsichtig geht sie, gestützt an den Arm von Hannelore Radigk, die neue Fußgängerzone entlang; ihr Stock gleitet über die Rillen. "Das ist gut so", gibt sich Frommer zufrieden; zur Kreuzung Friedrich-Ebert-/In der Muslen findet sie ohne Schwierigkeiten. In der Fußgängerzone ist für den Verkehr Schritttempo erlaubt. Der Behindertenbeirat hatte sich deshalb dafür ausgesprochen, an den Kreuzungen sogenannte "Aufmerksamkeitsplatten" – genoppte Pflastersteine – anzubringen. "Sie sollen den Blinden signalisieren: ›Achtung, hier ist was‹", erklärt Renate Gravenstein. Eine solche Aufmerksamkeitsplatte findet sich beispielsweise ebenfalls vor dem Trog neben der Optik Schatz.

Und was ist mit den Rollstuhl- und Rollatorfahrern sowie Eltern mit Kinderwagen? "Alles okay", sagt Manfred Kemter, Behindertenbeauftragter für den Schwarzwald-Baar-Kreis.

Kemter sitzt seit vielen Jahren im Rollstuhl und hatte schon mit so manchem Hindernis zu kämpfen, die neue Fußgängerzone aber gefällt ihm: "Die Platten sind schön groß und dicht verlegt, die wasserführenden Rinnen sind nicht zu tief, so dass man nicht hängenbleiben kann. Ich finde es positiv, dass die Stadt sich so für uns einsetzt."