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Unbekannte laden in Unterführung mehrmals ihren Hausmüll ab. An "Brennpunkten" stapelt sich’s an Wochenenden.

Villingen-Schwenningen - Regelmäßig wird VS an den Wochenenden von Müllbergen überschwemmt. Zigarettenschachteln, Flaschen, Bonbonpapier, sogar ganze Abfalltüten werden in der Öffentlichkeit abgestellt. Stadt und Einwohner sind dagegen machtlos.

Dieter Stockburger ist genervt. Gewaltig. Auf den ersten Blick ist der Grund dafür nicht ersichtlich, denn im Wohngebiet am Vorderen See in Schwennigen schaut’s doch eigentlich ganz sauber aus. Doch die Idylle trügt: "Jeden Montag ist hier alles voll mit Müll", sagt er und zeigt auf den öffentlichen Parkplatz in der Austraße vor dem Le Prom. Sowohl dort als auch direkt vor den Wohngebäuden stapele sich der Unrat jede Woche neu – so lange, bis "einer von der Stadt" alles aufräumt. Die städtischen Mitarbeiter kämen regulär zwei- bis dreimal pro Woche, und inzwischen sei immerhin der große hohle Betonkübel in der Straße meist sauber. Und doch: "Erst gestern hat einer eine Glasflasche gegen die Mauer geworfen." Auf die Frage, wer die Scherben entsorgt habe, antwortet Stockburger trocken: "Ich." Er habe sich inzwischen aus Resignation selbst Eimer und Zange besorgt und sammele regelmäßig den Müll vor dem Gebäude auf, denn, so Stockburger: "Wenn man’s liegen lässt, kommt noch mehr dazu."

Ein weiterer Müll-Schwerpunkt in Schwenningen ist der Neckarpark. Eine Gruppe Studenten liegt in der Sonne – auf den Holzbänken vor dem Beachvolleyballfeld, wo Glasscherben im Sand glitzern. "Wir haben uns extra nicht auf den Rasen gelegt", sagt eine junge Frau, und fügt hinzu: "Am Wochenende häuft sich’s hier schon mit dem Müll."

Szenenwechsel: Immer wieder fällt wild abgeladener Unrat, zum Teil säckeweise, in der Bahnunterführung in der Villinger Sebastian-Kneipp-, Ecke Friedrichstraße, auf; zuletzt am Mittwoch. Ein Ärgernis – aber bei Weitem nicht das einzige. Wüst sieht es regelmäßig auch in der Niederen Straße und an der Romäusquelle aus (wir berichteten); und Hans Hübner kann angesichts der am Dienstag vergleichsweise sauberen Grünflächen am Eisweiher nur müde lächeln. "Ihr seid am falschen Tag da", so der Anwohner. "Die Stadt räumt jeden Dienstag hier auf. Montags ist das hier alles eine einzige Müllhalde." Er habe sich "bestimmt schon zehnmal" bei der Stadt beschwert, doch es sei jede Woche das Gleiche: überall leere Pizzakartons, Flaschen, Zigarettenschachteln. Laut Verwaltung sollte daraufhin ein Stadtsheriff regelmäßig nach dem Rechten sehen, doch den habe er bisher noch nie zu Gesicht bekommen, sagt Hübner.

Die Stadt betont, dass täglich schichtweise kontrolliert werde, jedoch: "Die Sheriffs können nicht überall sein", so Pressesprecher Nicolas Lutterbach. Generell meinten viele Bürger, dass es in ihrem Umkreis am schlimmsten sei. Im Sommer steige die Anzahl der Beschwerden aufgrund der Grillfeste. Außerdem, so Lutterbach, "sieht man den Müll im Winter nicht." Vor allem, wenn die Aktion "saubere Landschaft" bevorsteht, missbrauchten viele Bürger den guten Willen ihrer Mitmenschen und würfen ihren Abfall direkt vor die Füße der Helfer. Schuld an diesem Verhalten ist laut Lutterbach das heutige Konsumdenken: "Vor 50 Jahren gab es nicht so viel Verpackungsmaterial, Coffee-to-go-Becher waren zum Beispiel nie so beliebt wie heute."

Auch der technische Dienst, der für die Müllbeseitigung in VS zuständig ist, betrachtet das Problem gesellschaftlich. "Es ist immer situationsbedingt, wie viele Mitarbeiter zum Dienst ausrücken müssen", so Betriebsleiter Andreas Thomma. Weil der Müll sich flächendeckend in der Stadt verteile, sei es schwer zu sagen, welche Gebiete am stärksten betroffen seien.

Das Problem ist auch beim Landratsamt bekannt. Martin Fetscher, Leiter des Abfallwirtschaftsamts, bestätigt: "Wir haben den Eindruck, dass sich das Problem von Zeit zu Zeit verstärkt." Das Amt erhalte häufig Hinweise aus der Bevölkerung, denen die Mitarbeiter, wenn möglich, nachgingen. Fetscher appelliert an die Bürger, nicht selbst tätig zu werden, um mögliche Spuren nicht zu verwischen. Der jüngste Fall, in dem ermittelt werde, sei die illegale Entsorgung von Hausrat an der Romäusquelle. "Wenn wir den Täter ermitteln können, erwarten ihn die Übernahme der Entsorgungskosten sowie ein Bußgeld in mindestens drei-, wenn nicht sogar vierstelliger Höhe", sagt Fetscher.