Die Führung durch das Schwenninger Moos wird zeitweise durch Enten begleitet. Fotos: Seiss Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimat: Bewölkte frühe Stunden zeigen Naturschutzgebiet von geheimnisvoller Seite

Die Atmosphäre ist wie bei einer Hitchcock-Verfilmung. Bei dämmrigem Licht ziehen leichte Schwaden über die Wasseroberfläche. Die Tour durch das Schwenninger Moos kann beginnen.

VS-Schwenningen. Es ist 6.30 Uhr, als Moosführer Franz Müller an der Helios Arena wartet. Auch er hat zu dieser frühen Stunde noch niemanden durch das Moos geführt. Auf Wunsch des Schwarzwälder Boten lässt er sich auf dieses Abenteuer ein. Begleitet durch das Zwitschern einiger frühen Vögel geht es los.

Vorbei am Bauchenbergweiher und an der Reitanlage des Reit- und Fahrvereins, wird das Naturschutzgebiet Schwenninger Moos betreten. "Das ist der süddeutsche Ausdruck für Moor. Aber das Moos ist gleichzeitig auch der wichtigste Bestandteil eines Moors", erläutert Franz Müller. Seit der Landesgartenschau 2010 ist er Moosführer.

Am Infopavillon erklärt er, wie das Moos entstand, wie sich Fläche und Landschaft im Laufe der Zeit veränderten. "Etwa drei Prozent der Erdoberfläche sind Moore. Sie speichern etwa 30 Prozent der Schadstoffe." Für Biologen und Archäologen seien Moore interessant. "In einem intakten Moor verrottet nichts, sondern bleibt erhalten." Funde im Schwenninger Moos, beispielsweise Römische Münzen, seien ein Beweis dafür.

Weiter geht’s. Das Moos zeigt sich an diesem bewölkten Morgen durch das diffuse Licht von seiner mystischen, teils mysteriösen Seite. 1939 habe das Land das Schwenninger Moos offiziell als Naturschutzgebiet deklariert. Insgesamt 100 Hektar groß sei es.

Auf dem teilerneuerten Steg, der rechts am Moos vorbei führt, folgt ein nächster kurzer Halt. "Die Wiedervernässung war einer der wichtigsten Punkte im Zuge der Renaturierung." Am Übergang vom Holzsteg zum Schotterweg hält Müller kurz inne und erzählt: "Dieser Weg wurde 1916 von russischen und polnischen Kriegsgefangenen angelegt. Deswegen wurde er damals auch Russenweg genannt. Heute sagt das natürlich keiner mehr."

Geheimnisvoll sieht die Landschaft rund um das Moos aus. Immer wieder raschelt es in den Gräsern und Pflanzen, die entlang des Kurses wachsen. Am Wegrand stehen viele abgestorbene Birken. Die Pilzart Porling, wie Müller weiß, frisst sich in das Holz hinein. "Auch die Spechte haben ihre helle Freude an den toten Bäumen." In einem Ordner mit Bildern zeigt er die Blüte des Sumpfblutauges, das in der Umgebung der Bäume wächst.

"Bisher kann ich noch keinen Unterschied feststellen", schmunzelt Müller in Bezug auf die Uhrzeit und die Natur sowie das Vorkommen von Tieren. "Die Vögel sind aktiver", gibt er zu. Drei Enten kreuzen den Weg und begleiten die Moosführung ein Stück weit. Es scheint, als würden sie dem Gespräch lauschen, bis sie ins Wasser schlüpfen, um sich ein morgendliches Bad zu gönnen.

"Des Neckars Ursprung" ist auf einer Tafel, die neben Schilf und Birkenästen im Wasser steht, zu lesen. Leichte Schwaden ziehen über die Moosoberfläche. "Die Stimmung gefällt mir so früh morgens sehr gut", sagt Franz Müller. "Das ist wie in einem Hitchcock-Film." Der Weg geht weiter geradeaus. Linker Hand liegt die Sportanlage.

Der Rundgang geht durch den Wald. Ein erster Jogger ist unterwegs. "Das ist der älteste Baum im Schwenninger Moos", über 100 Jahre ist er alt. Daneben hebt und senkt sich in sogenannten Bulten und Schlenken Torfmoos. "Es kann bis zum 25-Fachen seines eigenen Gewichts an Wasser aufnehmen", erläutert Müller und wringt ein Stück Torfmoos aus. Es hat ein helleres Grün als das, des Goldenen Frauenhaarmooses, welches kaum Wasser aufnimmt.

Auf dem insgesamt rund 3,2 kilometerlangen Moosrundgang sind immer wieder Jogger unterwegs. Oder Spaziergänger, die die Natur für ein Pläuschchen nutzen oder mit ihrem Vierbeiner unterwegs sind. Wer bis zum hinteren Moos läuft, bewegt sich entlang der europäischen Wasserscheide. Im Frühjahr würden hier Frösche quaken und laichen.

An der Infotafel "Der Schatz im Moor" vorbei, gelangen Moosbesucher zu einem Hochmoor. Ein Steg aus hellem Holz führt dorthin. Der Ausblick geht in die Ferne. Bunte Farbtupfer zieren die Landschaft. Rauschbeeren wachsen dort. "Aus der Moorbeere hat man in den USA die Cranberrys weitergezüchtet."

Etwa 400 verschiedene Pflanzen wachsen im Schwenninger Moos. "Diese Artenvielfalt weist auf ein gestörtes, nicht intaktes Moor hin, da dort nur wenige Pflanzen wachsen. Diese stellen sehr wenige Ansprüche an den Untergrund." Auch etwa 120 Vogelarten, von denen einige am Weg entlang fröhlich zwitschern, haben ihre Heimat im Moos. 60 davon seien Durchzügler und nur zeitweise hier. "Zum Beispiel der Eisvogel oder der Kormoran."

Der Rundgang neigt sich dem Ende zu. Viel Wissenswertes über das Moos und allerlei Anekdoten hat Franz Müller zu erzählen gewusst. Und ganz nebenbei hat auch er das Moos auf eine ganz neue Art und Weise kennengelernt. "Die Lichtverhältnisse heute Morgen haben mir schon sehr gut gefallen. Das war eine ganz andere Stimmung als am Nachmittag", resümiert er.

"Ich glaube, das muss ich nochmal machen, wenn der Himmel klar ist und die Sonne über dem Moos aufgeht."