Jetzt fand die letzte Mahnwache des Vereins "Pro Stolpersteine VS" für diesen Winter auf dem Münsterplatz statt – Ende Oktober wird die Erinnerungsreihe wieder aufgenommen. Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder-Bote

Stolpersteine: Engelke: "Ausgrenzung darf es nie wieder geben" / Wachsende Aufmerksamkeit

Von Birgit Heinig

"Wir betreiben die Politik der kleinen Schritte und die tun wir unbeirrt" – Friedrich Engelke, Vorsitzender des Vereins "Pro Stolpersteine VS", blickt auf zwölf Mahnwachen in diesem Winter zurück und voraus auf die nächsten im Winter 2016/17.

VS-Villingen. Die vorerst letzte Mahnwache befasste sich am Sonntagabend mit jüdischen Opfern, die in Auschwitz ermordet wurden.

Längst hat der Verein auch weitere Opfergruppen des Naziregimes in den Fokus genommen: Sinti und Roma, politisch und religiös Verfolgte, Menschen mit Behinderungen. Deren Schicksal habe bisher nur wenig Aufmerksamkeit erfahren, sagt Engelke.

Außer ihm sind es die Vereinsmitglieder Dieter Brandes, Heinz Lörcher und Heinrich Schidelko, die die Themen der Mahnwachen – diesmal drei auf dem Schwenninger Muslen- und neun auf dem Villinger Münsterplatz – erarbeiteten. Dabei konnten sie auf Fakten und Daten von Ekkehard Hausen und Kurt Schlenker, sogar einer in Berlin lebende Historikerin zurückgreifen.

Zum ersten Mal habe man in diesem Winter an jedem Samstagvormittag im jeweiligen Stadtkern Werbung für die sonntäglichen Termine gemacht. Dabei habe er nicht nur Zuspruch erlebt, gibt Engelke zu. Als "ewig Gestriger" sei er schon beschimpft worden und habe den Ratschlag erhalten, unter das Unrecht von vor 70 Jahren doch endlich einen Schlussstrich zu ziehen. Doch davon sind er und seine Mitstreiter weit entfernt.

"Erinnerung daran ist eine moralische wie politische Forderung", sagt Engelke und er will, dass aus der Schuld- eine Verantwortungsdebatte wird. Auch und gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingsströme. "Ausgrenzung, Fremdenhass, Intoleranz und Stigmatisierung" dürfe es nie wieder geben.

Die persönlichen Schicksale derer, die bei den zurückliegenden zwölf Mahnwachen verlesen wurden, will der Verein der Öffentlichkeit demnächst zusammengefasst in einer Broschüre zur Verfügung stellen.

In der Frühjahrsversammlung werde zunächst über die Finanzierung zu sprechen sein, sagt Engelke und liebäugelt dabei mit Spenden.

Wann der erste Stolperstein liegen wird? "Das wird noch lange dauern", sagt Engelke. Ein erneuter Antrag an den bislang mehrheitlich ablehnenden Gemeinderat sei nicht geplant.

Vielmehr setzen er und sein Vorstandsteam auf eine wachsende Aufmerksamkeit, die man erfahre. In Spaichingen hält er demnächst einen Vortrag zum Thema, sagt Friedrich Engelke, Tuttlingen, wo demnächst die ersten Stolpersteine verlegt werden, stand man mit Rat und Tat zur Seite.

Im Landratsamt in Villingen werde demnächst eine Ausstellung zum Thema "Grafeneck" zu sehen sein.

Und mit dem Jahrestag der Judendeportation nach Gurs am 22. Oktober werden sie wieder aufgelegt: die Mahnwachen auf dem Münster- und dem Muslenplatz an jedem Sonntagabend um 19 Uhr.