Erst 23 Jahre alt, aber mit beachtlicher Reife: Der Villinger Johannes Lienhart. An der Orgel der Johanneskirche bietet er eigene Ideen und barocke Meister. Foto: Kouba Foto: Schwarzwälder-Bote

Sommerliche Musik bewährt sich / Tradition profitiert von der Moderne

Von Siegfried Kouba

VS-Villingen. Die "Sommerliche Orgelmusik" in der evangelischen Johanneskirche bewährt sich vor allem mit der Anreicherung des traditionellen Programms durch die Moderne.

Das heißt beispielsweise, Buxtehude und Bach stehen neben aktuellen Improvisationen. Die neuen Pfade beschritt auch der aus Villingen stammende Johannes Lienhart, der durch Kirchenmusikdirektorin Heike Hastedt vorgestellt wurde.

Sie wies auf die neuen Klänge hin, die durch die Eigenerfindungen des Organisten verwirklicht werden. Der Einfallsreichtum des 23-Jährigen war bewundernswert. Kurz und prägnant waren fünf "Skizzen". Die Titel wurden zwar nicht komplett programmatisch umgesetzt, aber die bezaubernden Ideen regten den Zuhörer zu entsprechenden Empfindungen an, wie bei "Der Fels" mit seinem marschmäßigen Fundament und schwungvollem Rhythmus. War es Petrus oder Goliath? Die Spitzflöte ließ den "Hauch" herüber wehen, ein vielfarbiges Stück und sommerliche Wärme mit tänzerischem Impetus verbreitete der "August". Man bedauerte, dass ein Monat so schnell vergehen kann.

Fiebrig, vielschichtig und mit jazzigen Elementen wurde das "Perpetuum mobile" gestaltet, das in einem großen Crescendo endete. Ein Kobold schien flink über die Tastaturen zu eilen, um die thematisierte Böe zum "Wirbelwind" werden zu lassen. Hut ab vor der romantischen Phantasie zu "Dank sei dir Vater". Die Johann-Crüger-Melodie wurde variationsreich wieder gegeben. Holzflöte, Tremulant, Verlegung des Cantus firmus in Bass oder Manuale, Intermezzi, Accellerandi, Anklänge an große Franzosen, Triller, ekstatische Steigerung und prachtvolle Gestaltung mit erhellendem Schluss prägten die Invention. Geradezu klassischen Zuschnitt hatte das "Triptyque improvisée" mit großer "Intrada", dem "Sombre-Intermezzo" und dem brillanten "Finale". Mit breit angelegten Sätzen entstand ein pittoreskes Gemälde, das mit spontanem Applaus bedacht wurde.

Die facettenreichen Eingebungen des schon versierten Johannes Lienhart waren der Rahmen für Bachs Triosonate in G-Dur. Das letzte Werk in der sechsteiligen Reihe des Eisenacher Meisters (BWV 530) wurde plastisch gestaltet. Kleine Unebenheiten trübten den Gesamteindruck nicht. Nach dem Muster schnell-langsam-schnell wurde bewundernswerte Größe und Ausdrucksstärke transportiert: "Man kann von ihrer Schönheit nicht genug sagen" – wie es Nikolaus Forkel (1749-1818) formulierte. Ähnliches gilt für Dietrich Buxtehudes Präludium in a-Moll, mit dem das Programm eröffnet wurde. Bei freiem Tempo waren die klare Gliederung in den Manualen und der bedeutungsvolle Orgelpunkt zu spüren. Der fugierte Teil kam in betonten, nicht zu scharfen Staccati angenehm daher, schön wurden Legatopassagen gestaltet. Gefällig waren die reduzierte Registrierung, die Verzierungen, der Wechsel in den Manualen und die hämmernden Triolen. Bewundernswert die Beinarbeit und die "schnellen Finger".