Foto: Schück

Neueste Technik funktioniert immer noch nicht. Sechswöchiger Probebetrieb nach Weihnachtsferien. Mit Kommenar

Schwarzwald-Baar-Kreis - Sogar der Kaffee schmeckt besser als in der Josefsgasse. Alles ist neu in der Integrierten Leitstelle: Der Serverraum, das Führungs- und Einsatzzentrum weisen die neueste Technik auf. Es wird jedoch noch dauern, bis die Disponenten einziehen können.

Erst im nächsten Frühjahr, deutlich später als zuletzt vorgesehen, wird die neue Integrierte Leitstelle in Betrieb gehen. "Es muss zuerst die Technik laufen", sagt Leiter Dirk Sautter. Leider habe es gravierende Mängel gegeben. "Jetzt sieht es aber sehr gut aus, wir müssen nur noch ein paar Details an VS anpassen", meint Sautter. In den nächsten zwei bis drei Wochen, so meint Sautter, würden die Probleme wohl gelöst. Welche sind das? "Nach dem Leistungsverzeichnis waren noch ein paar Punkte offen. Zum Beispiel, dass manche Gespräche entweder zu leise sind oder nicht weitervermittelt werden können. Probleme gab es auch mit der Aufzeichnung von Gesprächen und mit der Voransage bei Notrufen; insgesamt zirka 300 Punkte, die nach dem Leistungsverzeichnis geprüft werden müssen. Für nahezu jedes dieser Probleme, die wie "Kleinigkeiten" wirken, müsse jeweils eine Software-Änderung aufgespielt werden. "Wir sind aber jetzt deutlich weiter, die groben Mängel sind alle beseitigt", ist Sautter überzeugt: "Ich bin zwischenzeitlich guter Dinge, dass das Ende der Josefsgasse bevorsteht". Dort ist die Leitstelle momentan untergebracht. Letzter Stand der Dinge war, dass die neue Integrierte Leitstelle für den Schwarzwald-Baar-Kreis im Oktober diesen Jahres in Betrieb gehen sollte.

Mit dem Problem, dass die Technik nicht funktionierte, waren auch andere Leitstellen vor ihrer Inbetriebnahme konfrontiert. Beispielsweise habe die Leitstelle Ludwigsburg ihren Umzug mehrfach verschoben, aber nicht, wie die Integrierte Leitstelle Schwarzwald-Baar im Vorfeld. "Die haben plötzlich die Reißleine gezogen und gesagt, es muss gestoppt werden. Dieses Risiko wollen wir nicht eingehen", sagt Sautter.

Die Integrierte Leitstelle, die mehrere Millionen Euro kostet, war mit der Einführung des Digitalfunks notwendig geworden. Sautter zeigt den EDV-Raum in der Josefsgasse in Villingen, der bereits mit Servern gefüllt ist. "Die Technik hätte wirklich nicht mehr hineingepasst", sagt er. Schon für 2006 habe es erste Versprechungen gegeben, dass dann der Digitalfunk flächendeckend eingeführt werde. Beim Digitalfunk könne man vorübergehend einzelne Gruppen schalten. Beispielsweise bei einem Hagelunwetter oder bei einem schweren Unfall wie dem auf der B 33 im Oktober. "Alle Fahrzeuge, die mit dem Unfall befasst sind, könnten dann eine Gruppe bilden und miteinander kommunizieren." Bei dem herkömmlichen System ist bei gravierenden Schadensmeldungen Kommunikation nur über einen Kanal möglich, auf dem auch andere Meldungen eingehen. "Man kann sich das so vorstellen, wie Amateurfunk und Handy", sagt der Rettungsassistent, der 1992 begann und 15 Jahre später die Leitstelle als Chef übernahm.

"Trotz der Vorfreude ist alles sehr anstrengend", findet Dirk Sautter. Und er meint, dass die Zeitverzögerung doch normal sei, "zumindest, wenn wir uns mit Berlin vergleichen." In den neuen Räumlichkeiten werden die Mitarbeiter schönere Sozialräume und höhenverstellbare Tische bekommen. "Das ist wichtig, wenn man acht, neun Stunden am Arbeitsplatz sitzt. Das Arbeitsumfeld der Mitarbeiter, das bisher einige Mängel aufweist, wird sich im Neubau deutlich verbessern. Es gibt eine Teeküche und Extra-Umkleideräume, während bisher alles in einem Raum untergebracht ist. Insgesamt 14 Mitarbeiter arbeiten in Schichten und nehmen pro Tag zirka 600 Anrufe aus dem gesamten Kreisgebiet entgegen. Die geschätzten Kosten für die gemeinsame Leitstelle von Kreis und DRK Rettungsdienst gGmbH von 4,3 Millionen Euro werden ungefähr um fünf bis acht Prozent überschritten und hälftig von den den beiden Bauherrn getragen.

Wenn die technischen Probleme im Dezember gelöst sind, kommt die Weihnachtsferienzeit. Der sechswöchige Probebetrieb kann erst danach beginnen. Und erst dann wird die neue Leitstelle gegenüber dem Schwarzwald-Baar-Klinikum offiziell in Betrieb genommen. Die Fahrzeuge sollen freilich in der Josefsgasse stehen bleiben. Der Ruheraum im neuen Zentrum ist aber schon belegt: Die Ersatzkraft, die nachts gegebenenfalls als Verstärkung zur Verfügung steht, hält sich bereits dort auf. Hier ist es schöner als in der Josefsgasse: Ein Bett, Dusche und sogar ein Flachbildschirm an der Wand machen den Aufenthalt angenehm. Auch der Techniker geht hier schon ein und aus. Bis die modernen Lageräume mit dem riesigen Wandbildschirm und dem geräumigen Balkon in Betrieb genommen werden, wird es aber noch bis zum Frühjahr dauern.

Kommentar: Leidstelle

Von Felicitas Schück

Oftmals kommt es anders, als man denkt: Ob nun die neue Straßenmeisterei in Hüfingen, die deutlich teurer wurde, als die Kreisräte dachten, oder der Flughafen in Berlin, der sich geradezu als endlose Geschichte erweist. Immerhin "nur" ein paar Monate länger als kalkuliert dauert (Stand heute) die Inbetriebnahme der Integrierten Leitstelle im Kreis. Das ist eine Institution, die entscheidend für die Rettung von Menschenleben ist. Es muss alles stimmen, wenn Notrufe eingehen und Rettungsfahrzeuge auf den Weg gebracht werden. Auf ein paar Monate mehr oder weniger sollte es nicht ankommen. Dass die Leitstelle, die im Kreistag schon den Spitznamen "Leidstelle" trägt, auch noch teurer wird, ist zwar bedauerlich, scheint aber angesichts der Ausgabensteigerungen für den sozialen Bereich verschmerzbar. Hauptsache, es funktioniert dann wirklich alles.