Uli Noack (rechts) und sein Freund machen am Schwenninger Bahnhof eine Pause. Die Männer aus dem Hunsrück radeln entlang des Neckartalradwegs und streifen Schwenningen. Foto: Horstmann Foto: Schwarzwälder-Bote

Fahrradklima-Test: Jahresbericht des ADFC / Kein zusammenhängendes Netz / Touristen bemängeln Stadtbild

Im Jahresbericht des ADFC Fahrradklima-Tests, der alle zwei Jahre veröffentlicht wird, ist für die Doppelstadt ernüchternd, vor allem schneidet Schwenningen schlecht ab. Radtouristen hingegen bemängeln eher das Erscheinungsbild der Stadt.

VS-Schwenningen (mh/st). Zu den in Baden-Württemberg bewerteten Städten zwischen 50 000 und 100 000 Einwohnern belegt VS den 13. und letzten Platz, heißt es in der Mitteilung des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC). Villingen-Schwenningen ist seit 2011 Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft der fahrradfreundlichen Kommunen in Baden-Württemberg. Auch wurden in den vergangenen zwei Jahren sichtbare Verbesserungen im Radwegenetz mit der Fertigstelltung zum Beispiel der Neckar-Unterführung in Schwenningen vorgenommen. Zwar kann die grüne Umgebung der Stadtbezirke schnell mit dem Rad erreicht werden. Doch der Fahrradklimatest zielt nicht auf einzelne Bauprojekte ab, oder bewertet den Rad Freizeitgenuss, sondern gibt die Situation des Alltagsradlers im Stadtverkehr wieder. Hier besteht nach Ansicht des ADFC noch Nachholbedarf: werden Radwege häufig gereinigt, überwacht die Stadt streng, dass Autos nicht auf Radwegen parken, sind Ampelschaltungen gut auf Radfahrer abgestimmt, werden im Winter Radwege geräumt und gestreut, sind Radwege angenehm breit, glatt und eben, findet der Radler überall komfortable und sichere Abstellmöglichkeiten, kann er Fahrräder einfach und preiswert in öffentlichen Verkehrsmittel mitnehmen, kann er zügig und direkt Ziele mit dem Rad erreichen und werden Radfahrer bequem und sicher an Baustellen vorbeigeführt.

Bei der Auswertung fiel die große Schwankungsbreite der einzelnen Bewertungen auf. Die Kreisgruppe des ADFC Schwarzwald-Baar führt das auf die unterschiedliche Qualität des Radwegenetz in Villingen und Schwenningen zurück. Während Villingen über ein zusammenhängendes Radnetz verfügt, ist dies in Schwenningen praktisch nicht vorhanden. Die Verkehrswege-Situation ist in Schwenningen durch die baulichen Randbedingungen recht kompliziert, schreibt der ADFC.

Die Kreisgruppe fordert schon seit längerem mindestens für den Stadtbezirk Schwenningen einen Radverkehrsplan und zwar von externen Spezialisten. Der Landkreis hat zum Beispiel für die Radwegeplanung außerhalb der Stadtgrenzen ein externes Verkehrsbüro engagiert und eine Prioritäten-Maßnahmen-Liste aufgestellt. Ein solches Vorgehen ist auch für Schwenningen dringend erforderlich. Radwege-Förderung nach dem Gießkannenprinzip führe zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis. Hier sind die Stadtverwaltung, die Parteien und die Gemeinderäte aufgefordert, eine fahrradfreundliche Politik in Villingen-Schwenningen umzusetzen. Die Kreisgruppe Schwarzwald-Baar des ADFC würde dies gerne konstruktiv unterstützen.

Jüngst fand eine Ortsbesichtigung der Schwenninger Radwege mit der Fraktion der Bündnisgrünen, Franz-Josef Holzmüller sowie Henning von Schnackenburg vom Stadtbauamt und Vertretern des Fahrradclubs statt (wir berichteten). Das Fazit war einvernehmlich: Um Gefahren für die Teilnehmer am Stadtverkehr zu vermeiden, müssen Radfahrer sowie Fußgänger eigene schmale Straßen erhalten und die Kreuzungspunkte mit den Autofahrern möglichst für alle entschärft werden. Das Budget im städtischen Haushalt für Radwege wurde für das Jahr 2017 aufgestockt.

Und dann sind da noch die Radler, die Schwenningen touristisch erkunden wollen. Es gibt zwei Sachen, die sich abstoßen wie zwei Pluspole an einem Magneten, sagen Kritiker gerne: Touristen und Schwenningen. Doch die Realität sieht anders aus. Viele Fremde kommen hauptsächlich mit dem Fahrrad in die einst größte Uhrenstadt der Welt. Der Schwarzwälder Bote machte gestern den Test: Uli Noack und seine Freunde aus dem Hunsrück zum Beispiel begannen in der U(h)rsprungsstadt des Neckars ihre Tour auf dem Neckartalradweg. Jedoch starteten die schwerbepackten Herren in Villingen. "Dorthin ist das Bahnticket billiger", so Noack. Und wo die einen losfahren, ist Schwenningen nichts weiter als eine Zwischenstation auf der anstrengende Reise. Doro und Sergio sind seit Mittwoch auf dem Radwanderweg unterwegs entlang des Neckars und befinden sich auf der Reise zum Bodensee. Gestartet sind sie in Mannheim, wo der Neckar in den Rhein mündet. 400 Kilometer haben sie schon hinter sich, etwa 85 noch vor sich. So besonders schön finden die beiden Schwenningen aber nicht.