Haben ein nachhaltiges Auge auf den städtischen Wald: Forstamtsleiter Tobias Kühn und sein Stellvertreter Roland Brauner. Fotos: Marc Eich/Fotomontage: Stefanie Ulm Foto: Schwarzwälder-Bote

Nachhaltigkeit im städtischen Forst: Naturschutzkonzept, Nassholzlager und erfolglose Nadelnutzholzbohrer

"Von Eva-Maria Huber

Villingen-Schwenningen. Der Krummzähnige Tannenborkenkäfer kann froh sein, dass im städtischen Forst die Gesetze der Nachhaltigkeit herrschen. Ansonsten wäre er mausetot. Doch nicht nur der Verzicht von Insektiziden machen die 6000 Hektar Wald zu einem Areal, das dem Forstpionier Hubert Ganter wohlgefallen würde.

Nicht erst seit der Helsinki-Resolution ist die Nachhaltigkeit im Wald angekommen: Schon im Jahr 1713 prägte ein sächsischer Berghauptmann den Begriff des "sustainable development". Was Carl von Carlowitz damals meinte, ist im gesamten fast 6000 Hektar großen Stadtwald überall sichtbar. "Wenn wir Forstleute Entscheidungen fällen, dann müssen wir 150 Jahre damit leben", bemerkt Roland Brauner, stellvertretender Forstamtsleiter aus VS. Er steht vor dem sanierten Ganter-Denkmal am Rande des Walddistriktes Langmoos, dort, wo Brigach und Kirnach zusammenfließen und blickt auf erlebbare Nachhaltigkeit wie auf die einzelnen Perlen einer kostbaren Kette: Alte Baumriesen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, in deren Schatten die Kinderstube der zukünftigen Waldgeneration, kleine Fichten und Tannen aus natürlichem Samenfall heranwachsen.. "Es gibt neben den wichtigen betriebswirtschaftlichen Parametern eben auch andere, wie die Landschaftsästhetik oder den Naturschutz", so Brauner..

Kiefer, Tanne und Fichte sorgen für Stabilität

Die Naturnähe: Ob wir durch Germanswald, Langmoos oder Neuhäuslewald streifen, überall ist das sichtbar, was Brauner und sein Chef, Tobias Kühn, unter einer naturnahen Bewirtschaftung verstehen. Der Einkauf teurer Pflanzen steht nicht im Budget: "Wir arbeiten nur mit Bäumen, die hier natürlich vorkommen", deutet Brauner auf ein frisch-grünes Trio aus Fichte, Tanne und Kiefern, "und sichern damit stabile Bestände." Angenehmer Nebeneffekt: "Wir sparen dabei auch noch Geld." Geld, das an anderer Stelle wieder investiert werden kann.

Die Erholung: Der Hirsch, der "Chef" im Damwildgehege, lässt sich nicht beirren und käut genüsslich wider. Ein Bild für die Götter, finden auch immer wieder an die 2000 Besucher, die es an schönen Wochenende zum Salvest treibt. "Uns ist es wichtig, auch Kindern die Natur und den Wald näherzubringen", erläutert Revierleiter Hubert Fleig. "Und mit dem Wald auch ein Refugium zu schaffen", ergänzen Brauner und Kühn, ganz im Sinne ihres berühmten forstlichen Ahnen Hubert Ganter. Der Wald als Refugium, das heißt aber nicht nur, dass Wege gepflegt und Rückegassen schonend gebaut und benutzt werden. Dies bedeutet auch, dass die Geräte am Trimm-Dich-Pfad und am Spielplatz ersetzt werden und in die beiden Gaststätten des Forstamtes, modernen Hexenhäuschen gleich, investiert wird. In den letzten sechs Jahren gut 300 000 Euro.

Die Nassholzlager: Im städtischen Forst wird das Holz nass gelagert. Roland Brauner deutet auf etwa 12 000 Festmeter Holz, das an diesem warmen Sommermorgen unablässig besprenkelt wird. Etwas teurer zwar als die Trocken-Alternative, dafür wiegen die Vorteile umso stärker: Zum einen könne man rund um das Jahr Holz anbieten, andererseits sei damit der Verzicht auf Insektizide möglich hungrige holzzerstörende Käfer, wie der Nadelnutzholzbohrer, auch Lineatus genannt, im nassen Holz keine Bruten anlegen kann und es deshalb meidet. Für die Rückewege zur Holzabfuhr wird entweder Material aus dem nahen Steinbruch im Groppertal oder aber unbelasteter Erdaushub benutzt.

Das Bodenpersonal: Sechs Revierleiter und 20 Waldarbeiter schauen im städtischen Forst nach dem Rechten und danach, dass der Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit auch gelingt. Billiglohnkräfte sind im Stadtwald nicht unterwegs, sondern ausschließlich "Leute vom Fach, sonst lassen sich unsere Vorgaben nicht erfüllen", betonen Kühn und Brauner. "Wir bilden auch selbst aus."

Der Naturschutz: Im sommerlichen Spiel des Lichtes erscheint der kahle Stumpf wie ein starker Kontrast zu dem sanften Grün der Farne und Moose. Das Stehenlassen von Totholz ist Teil eines Waldnaturschutzkonzeptes im städtischen Forst. "Verschiedene Flächen", berichtet Brauner, "werden in Ruhe gelassen." So wie jener Stumpf, der Lebensraum für Insekten und Vögel bietet. Nur einmal verzieht Roland Brauner den Mund. Vieles haben sie hier im Griff, nur das indische Springkraut nicht: "Den Kampf haben wir verloren."