Mit vereinten Kräften geht bei der Feuerwehr derzeit gar nichts mehr. Foto: SB-Archiv

Kommandant und einige Kameraden handeln eigenmächtig. Gespräch erst intern.

Villingen-Schwenningen - Bei der Feuerwehr ist mächtig Zunder unter dem Dach. In der jüngsten Verwaltungsausschusssitzung wurde dies wieder einmal deutlich.

Renate Breuning (CDU) brachte das Thema unter Punkt Verschiedenes aufs Tapet. Es sei unglücklich, einen Termin mit den Fraktionen auf den Montagabend zu legen, wo doch alle Welt wisse, dass zu dieser Zeit immer die Fraktionssitzungen stattfinden. Geplant war auf kommenden Montag ein Treffen der Feuerwehrabteilungen mit der Verwaltung und den Fraktionen, um über den im Sommer bereits einstimmig beschlossenen Feuerwehrbedarfsplan zu sprechen.

OB Rupert Kubon meinte, dass diese Sitzung zwar stattfinde, aber zunächst nur mit den Feuerwehrabteilungen. Er sei davon ausgegangen, dass dieser Terminvorschlag von der gesamten Wehr mit 452 Aktiven komme. Das sei aber nicht der Fall gewesen. Offensichtlich haben nur der Villinger Abteilungskommandant Gerhard Jordan, einige Feuerwehrleute aus Villingen und drei aus Schwenningen Gesprächsbedarf angemeldet, dabei aber suggeriert, dass dies von allen komme. Doch die anderen, unter anderem auch der Schwenninger Kommandant Thomas Nagel, waren völlig ahnungslos, ergänzte Bürgeramtsleiter Ralf Glück. »Ein Kommandant hat das initiiert, und die anderen wussten nichts davon.«

Das sei nicht glaubhaft, meinte Breuning, denn in dem Schreiben, das sie bekommen habe, stehe, wer aus Villingen und wer aus Schwenningen an der Sitzung teilnehme. Außerdem fragte sie sich, was denn dagegen spräche, die Fraktionen zu informieren. Dies solle auch geschehen, so Kubon, aber erst dann, wenn die Wehr mit einer Stimme spreche. Ralf Glück wehrte sich gegen den Vorwurf der Lüge. Es lasse sich alles belegen, was er gesagt habe. Das Durcheinander wegen des Termins ist offensichtlich nur die Spitze des Eisbergs.

Der Karren liege im Dreck

Unter den Feuerwehrleuten herrscht schon lange Uneinigkeit. Gerhard Jordan wollte sich gestern nicht äußern. Er wolle die Jahreshauptversammlung heute erst ordentlich durchbringen und in seiner »emotionalen Lage nichts Falsches sagen.« Der Karren liege im Dreck, aber er sei nicht federführend. Er habe zwar den Brief an den OB verfasst, aber im Namen einiger Kameraden, so Jordan. Auch Thomas Nagel wollte nichts sagen, »weil noch nicht alle Fakten daliegen« und die Sache nicht spruchreif sei. Gesamtkommandant Markus Heinzelmann war gestern für eine Stellungnahme gestern krankheitsbedingt nicht zu erreichen.

Wegen des Bedarfsplans sehen einige Feuerwehrleute ihren Status gefährdet. Wie aus gut unterrichteten Kreisen zu erfahren war, geht es nicht ausschließlich darum, zu löschen und zu helfen, sondern auch um ein übersteigertes Selbstwertgefühl zu befriedigen und die Befürchtung, nicht mehr zu den Einsätzen gerufen zu werden. Der Bedarfsplan stellt nämlich die Einsatzzeiten als oberste Priorität dar, das heißt, wenn eine Wehr nicht in der dort festgelegten Zeit am Einsatzort ist, sei sie nicht leistungsfähig und bekomme nach den neuesten Zuschussbestimmungen auch kein Geld mehr vom Land.

In Villingen-Schwenningen sind seit längerem Überlegungen im Gange, zur Verstärkung der Ehrenamtlichen eine Berufswehr einzusetzen, was bei den Freiwilligen auf wenig Gegenliebe stößt. Sie befürchten, dass sie noch weniger zum Zuge kommen, was auch einen finanziellen Nachteil bedeuten würde, denn für jeden Einsatz erhalten sie neun Euro pro Stunde. Auf der anderen Seite wird gesetzlich gefordert, dass die Wehren rechtzeitig (Zielerreichungsgrad 90 Prozent) am Einsatzort sind.

Feuerwehrbedarfsplan

Geregelt wird darin unter anderem die Erhöhung des Zielerreichungsgrades. Dieser gibt an, in wie viel Prozent aller Fälle die Wehr die Eintreffzeit einhält. Die Eintreffzeit wird mit zehn Minuten definiert. Der Zielerreichungsgrad wird bundesweit auf 90 bis 95 Prozent festgelegt.

In Villingen-Schwenningen liegt er kontinuierlich darunter. Im Jahr 2007 lag er bei 71 Prozent, im ersten Halbjahr 2010 bei 80 Prozent. Er soll nun durch organisatorische Optimierung der Ausrückzeiten, Einführung einer Wachbereitschaft für ein Hilfsleistungslöschfahrzeug tagsüber in der Stärke einer hauptamtlich besetzten Staffel im neuen Schwenninger Feuerwehrhaus erfolgen. Eine ehrenamtliche Beteiligung tagsüber an Werktagen ist nicht vorgesehen.

Grundsätzlich fehlt vor allem tagsüber Personal für etwa anfallende Einsätze bei allen Abteilungen, das regelmäßig innerhalb von fünf Minuten zur Verfügung steht, mit Ausnahme der Abteilung Schwenningen. Dieser Zustand könne nicht durch organisatorische Maßnahmen verbessert werden, da er strukturell bedingt sei. Den Zielerreichungsgrad zu steigern sei nur durch den Einsatz von Hauptamtlichen möglich.

Der Stellenplan der Stadt sieht derzeit 5,5 Stellen vor. Um den gesetzlichen Anforderungen nachzukommen, seien sofort drei Stellen mittlerer feuerwehrtechnischer Dienst und eine Stelle gehobener Verwaltungsdienst erforderlich. Der Bedarfsplan soll bis zum Jahr 2014 umgesetzt werden.