Als Anwalt für alle Hunde hält Martin Rütter Herrchen und Frauchen den Spiegel vor. Foto: Schimkat Foto: Schwarzwälder-Bote

Unterhaltung: Martin Rütter weiß, was Basset und Co. wirklich denken / Programm "Freispruch" begeistert

Auf der Bühne geht ein Mann im Stechschritt hin und her, bleibt stehen und brüllt "hier". Nein, das ist nicht der Wächter vor dem Buckingham Palast, sondern Martin Rütter in der ausverkauften Neuen Tonhalle in Villingen.

VS-Villingen. Mit seinem neuen Programm "Freispruch" hält Rütter als Anwalt aller Hunde deren Herrchen und Frauchen den Spiegel vor, wenn sie zu ihm gerannt kommen und klagen: "Mein Hund hat seltsame Angewohnheiten."

Mit seinem Stechschritt macht er sich über die Hundebegleiter-Ausbildungen lustig. Der Hund muss links von Herrchen ganz dicht an seinem Knie laufen, denn rechts trägt Herrchen sein Gewehr, spottet er. Dabei muss Hund immer zu Herrchen hochschauen, bis er Genickstarre hat, geht es weiter. Das Publikum ist aus dem Häuschen.

Als der einzig wahre Hundepapst erklärt er an zahlreichen Beispielen, was Hund zum Beispiel bei irren Befehlen von Herrchen oder Frauchen wirklich denkt. Er trägt alle Eigenschaften der verschiedenen Hunderassen vor, wobei man schon an seiner Mimik und Gestik erkennt, welche Rasse er meint. Köstlich, wenn er den Basset, der erst am nächsten Tag reagiert, imitiert. Der Macho Dobermann, der sich auch schon mal blamiert und der Schäferhund, der Kontrollfreak, der am liebsten Knöllchen verteilt, bringt die Zuschauer zum Jubilieren.

Rütter hat eine Liste mit Anklagepunkten von zehn Hunden dabei. Er liest die Anklagepunkte vor, verteidigt den armen Wicht, am Schluss zeigt er mit dem Finger auf das Publikum und alle grölen: "Freispruch". Rütter ist hoch zufrieden. Die Mischlingshündin Myra ist wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt angeklagt. Die Staatsgewalt ist Frauchen. Frauchen ruft und pfeift, Kyra reagiert nicht. Frauchen ruft: Die Mama ist gleich weg. Kyra denkt, na und? Frauchen keift und Kyra denkt: Solange ich die Alte noch höre, ist sie noch da. Rütter empfiehlt: Schleppleine, Rückruf üben, erst mal im Wohnzimmer, so geht das.

Angeklagte Nummer zwei ist Luna wegen versuchter Körperverletzung am Postboten. Postboten werden öfter gebissen als Zeugen Jehova, verrät Rütter. Die nerven aber auch. Kommen jeden Tag, donnern an die Tür und wecken Hunde vom Sofa auf. Das gehe so wochenlang während der Hund, in diesem Fall Luna, Frust aufbaut und den Postboten eines Tages vom Hof tackert. Aber der komme ja wieder. Vorschlag von Rütter: Die Post möge alle Postboten mit Leckerli ausstatten, die sie den Hunden wie beim Fasnetumzug zuwerfen, das baue ein gutes Verhältnis auf. Also: Freispruch für Luna.

Hunde würden Fremdsprachen sprechen und Ausländer sofort integrieren. Wenn also das Frauchen vom Schäferhund auch noch einen Afghanen kaufe, würde der Schäferhund sagen: "Du hast zwar eine blöde Frisur, aber komm mit." Anarchistisches Verhalten der Hunde passiere in der Pubertät genauso wie bei den Kindern. Alle Kommandos seien gelöscht, hier müsse man viel Zeit mit dem Hund oder dem Sohn alleine verbringen, tue allen gut und man blamiere sich nicht.

Die Dogge Rudi ist wegen Betteln und Hausieren angeklagt, die mit depressivem Leidensgang und Psychoterror den Besitzer terrorisiere, sodass dieser nach drei Tagen wieder Wurstbrote und Fleisch vom Esstisch rausrücke.

"Hunde packen euch bei den Emotionen, da müsst ihr durchhalten", fordert Rütter, und Rudi wird freigesprochen. Am Schluss peitscht Rütter das Publikum ein, wie sie ihn zu feiern haben, wie sie johlen und klatschen müssen, damit er eine Zugabe, die er sowieso geben würde, heraushole. Das Publikum ist restlos begeistert. An den Nummernschildern in der Tiefgarage erkennt man, dass viele weit gefahren sind, um den Hundeanwalt zu sehen.