Die ersten Schadensersatzklagen im Hess-Skandal haben das Landgericht Konstanz erreicht. Foto: dpa

Erster Schwung der Klagewelle im Hess-Skandal. Landgericht: Ende "absolut nicht prognostizierbar".

Villingen-Schwenningen - Die ersten Schadensersatzklagen im Hess-Skandal haben das Landgericht Konstanz erreicht. Der Absender: die Insolvenzverwalter Volker Grub und Martin Mucha. Sie fordern in zwei getrennten Klagen für die Hess AG Schadensersatz. Einen Prozessauftakt markiert der Eingang der Klagen jedoch noch lange nicht: Wann die Ermittlungen beendet seien, sei "absolut nicht prognostizierbar", sagt Peter Jochem vom Landgericht Konstanz. Erfahrungswerte zeigten aber: "Dieses Jahr nicht mehr."

Als Insolvenzverwalter Volker Grub im Gespräch mit unserer Zeitung die Vorwürfe erläutert, die nun schwarz auf weiß in Klageform im Raum stehen, offenbart sich ein kompliziertes Konstrukt.

Die erste Klage befasst sich mit einem Nachbargrundstück des Werks in Löbau, "das fast integraler Bestandteil des Anwesens Hess ist". Die ehemaligen Hess-Vorstände hätten mit dem Eigentümer im November 2011 einen Vertrag abgeschlossen, um das Grundstück für 580 000 Euro zu kaufen. Käufer sei jedoch nicht die Hess Lichttechnik GmbH gewesen, sondern eine "K und K Objekt GmbH" in Essen, deren Chefin eine gewisse Kirsten B. sei. Im Eigentum der K und K Objekt GmbH sei das Grundstück nicht geblieben, sondern für 1,1 Millionen Euro an die Hess Lichttechnik GmbH, also den ursprünglichen Interessenten, die in Kenntnis des ursprünglichen Preises waren, weiter verkauft worden. Nun klagt Mucha im Namen der Hess Lichttechnik GmbH auf Schadenersatz in Höhe von 500 000 Euro – "der Betrag, der zu viel bezahlt wurde" – gegen die Ex-Vorstände Hess und Ziegler sowie die K und K Objekt GmbH.

Im Zentrum des zweiten Falls, Streitwert rund 280 000 Euro, stehen drei große Maschinen im Hess-Werk in Löbau, die am 13. Juli 2009 für 13 328 Euro brutto an die GIF GmbH in Weißenstadt verkauft worden seien. Mit Rechnungsdatum vom 29. Juni 2009, also vor dem Datum des Verkaufs an die GIF GmbH, soll das Unternehmen die Maschinen an die VULKAN GmbH in Hannover veräußert haben für 269 178 Euro, in drei getrennten Rechnungen werde dann der Verkauf der drei Maschinen an zwei weitere "Zwischenhändler" dokumentiert, ehe sie für summa summarum 269 178 Euro von der Hess AG gekauft worden seien.

"Die Maschinen stehen in den Büchern der Hess AG, wurden dort abgeschrieben und gleichzeitig der Deutschen Bank als Sicherheit übereignet", erklärt Grub. Der Gipfel: alle drei Maschinen hätten den Standort in Löbau nie verlassen. Gegen einen der zwei letzten "Zwischenhändler" habe man vor rund 14 Tagen Klage eingereicht, und diese werde in den nächsten Tagen nun auch auf den ehemaligen Hess-Finanzvorstand Peter Ziegler ausgeweitet, da er die Anweisungen zu diesem Verfahren gegeben habe, was aus dem sichergestellten E-Mail-Verkehr zweifelsfrei hervorgehe, so Grub.

Ein Einzelfall? "Nein, das ist nur einer von vielen Fällen", meint Grub, womit eine ganze Klagewelle wahrscheinlich zu werden beginnt.