Zahlreiche Hesse-Liebhaber nutzten die Gelegenheit, bei der Vortragsreihe des Schwäbischen Albvereins in die Welt des Dichters einzutauchen. Fotos: Schlenker Foto: Schwarzwälder-Bote

Volker Michels macht Abend zum literarischen Genuss / Referent stellt Bezug zu heute her

Von Ulrich Schlenker

VS-Schwenningen. Der Schwäbische Albverein Schwenningen setzte seine Vortragsreihe um Dichter Hermann Hesse und dessen Großvater fort.

Volker Michels ließ Hesse-Liebhaber im Martin-Luther-Haus in Villingen für zwei Stunden in die Welt des begnadeten Dichters eintauchen. Bei der in Kooperation mit der evangelischen Erwachsenenbildung und dem Schwarzwälder Boten angebotenen Veranstaltung sprach Lektor Michels zum Thema "Hermann Hesse – auf den Einzelnen kommt es an". Zahlreiche Hesse-Zitate machten klar, warum der Autor aus dem 20. Jahrhundert in den Augen des Redners auch im 21. Jahrhundert mehr Zukunft als Vergangenheit hat. "Überall finden seine Leser eine Stärkung des Individuellen", wies der Referent auf einen Kernpunkt hin. Hesse ermuntere dazu, jeden Tag mit Zuversicht und Neugier zu beginnen. Seine Dichtungen seien Krisenbewältigung, in der sich Menschen unterschiedlicher Kulturen erkennen könnten. Michels nannte den Roman "Unterm Rad" als Beispiel. Das mit dem autoritären Schulsystem seiner Zeit abrechnende Werk sei in Japan populär.

Volker Michels stuft Hesses Bücher als Ermutigung zum humanen Widerstand ein und sieht darin unter anderem Vorläufer der Umweltbewegung. Vor allem die bei Hermann Hesse Verständnis für ihre Konflikte findende Jugend zwischen 14 und 35 Jahren liest laut dem in Villingen geborenen Referenten dessen Werke. Aber auch in höherem Alter fänden viele nicht mehr Karrieregetriebene zum Autor Hesse und den guten Vorsätzen ihrer Jugend zurück, so Michels.

Die gut 50 Zuhörer gehörten eher der zweiten Gruppe an. Ihre fundierten Fragen machten klar, dass sich eine Liebhaberrunde für die literarische Welt von "Siddharta", "Narziß und Goldmund" und anderen lebensintensiven Romanen gefunden hatte. Volker Michels ließ bei seinen bis ins Einzelne gehenden Antworten einen Blick hinter die Kulissen der Lebenswelt von Hermann Hesse zu.

Den später wertvollen Aquarellen von Maler Hesse seien anfänglich rührend dilettantische Zeichenversuche vorhergegangen. Bei einem Besuch von Hesses späterem Wohnsitz in Montagnola bekam der seit jungen Jahren vom Dichter begeisterte Referent einen Eindruck, welche Postberge dieser bereits zu Lebzeiten erhielt. Dass zwei Ehen des lieber mit seiner Katze als seinen Partnerinnen frühstückenden Nobelpreisträgers scheiterten, schrieb Michels Ticks und Eigenarten des Dichters zu.

Die abschließende Gedichtlesung machte deutlich, welch breites Spektrum der Dichter auch auf diesem literarischen Gebiet hinterlassen hat.

Den Genussabend haben die Hesse-Liebhaber Fritz Wilhelm Lang zu verdanken. Der Ehrenvorsitzende des Schwäbischen Albvereins hat die Fäden zu Volker Michels geknüpft und das Lustwandeln auf den Spuren von Hermann Hesse ermöglicht. Am 14. Mai veranstaltet der Verein eine richtige Wanderung auf die Höri, wo Hermann Hesse zeitweise lebte.