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Eltern besorgt. Schulleiter weist Polizei darauf hin. Migranten haben Probleme mit europäischer Freizügigkeit.

Villingen-Schwenningen - "Hello Sweetie! Wie ist Dein Name, Mädchen? Woher kommst Du?" – plumpe Anmachen dieser Art, wie sie Schulmädchen zurzeit am Villinger Bahnhof besonders oft passieren. So häufig, dass ein Schulleiter Eltern nun bittet, ihre Kinder für solche Situationen zu sensibilisieren.

Nachdem Eltern von entsprechenden Vorfällen berichtet hatten, war Johannes Treude, Schulleiter der Zinzendorfschulen in Königsfeld, hellhörig geworden. Er ging auf die Polizei zu, sprach mit Thomas Barth, dem Leiter des Villinger Polizeireviers und erkundigte sich nach Möglichkeiten, mit diesem Phänomen umzugehen. Seine Sofortmaßnahme: ein Elternbrief. Sein Ziel: Familien sollen das Thema offen thematisieren, jungen Mädchen Tipps geben, wie sie sich solchen Situationen entziehen können. Aber ganz wichtig: keine Ängste schüren oder gar fremdenfeindliche Hetze betreiben. Vor allem Letzteres lag Treude fern. Da ihm das Thema trotzdem unter den Nägeln brannte, ergriff er die ungewöhnliche Initiative mit dem Elternbrief und wies die Polizei "eindringlich" auf die Problematik hin.

Viele Schüler der Zinzendorfschulen kommen täglich per Bus und Bahn aus dem kompletten Kreisgebiet nach Königsfeld – ein beträchtlicher Anteil steigt am Villinger Bahnhof um, wo das Phänomen derzeit offenbar besonders häufig zu beobachten ist.

Vergangene Woche zum Beispiel. "Das Mädchen saß auf einer der Bänke vorm Villinger Bahnhof und tippte gedankenverloren auf ihrem Handy rum, als sich der Mann neben sie setzte" – eine Donaueschingerin hat beobachtet, wie ein dunkelhäutiger Mann sich neben das Mädchen setzte, es erst ansprach und als keine Reaktion kam, den Arm um sie legte. "Sie hat sich dann sofort weggesetzt" – und damit, so Popp, alles richtig gemacht: "Man soll ruhig bewusst aufstehen und sich einen anderen Platz suchen", rät er. Migranten und Flüchtlinge müssten erst lernen, mit der europäischen Freizügigkeit umzugehen. "Die verstehen das durchaus als Aufforderung, eine Frau anzusprechen." Und dass junge Männer, die oft schon seit Monaten hier sind, den Kontakt suchen, insbesondere zum anderen Geschlecht, sei nachvollziehbar. "Wir kennen diese Problematik", gibt Popp zu und man wolle sie nicht bagatellisieren. Von den Frauen oder Beobachtern solcher Situationen brauche es klare Signale, um zu zeigen, dass ein solches Verhalten "hier nicht gewünscht ist", meint Popp. "Man sollte Zivilcourage zeigen, Frauen in einer solchen Situation ansprechen, fragen, ob alles okay ist, und wenn nicht, ihnen beistehen und das auch deutlich äußern – ›Finger weg von dieser Frau‹", das zeige meist schon Wirkung.

Parallel dazu sind Sozialarbeiter aktiv. Und auch die Leiter der Flüchtlingsheime versuchen den Asylbewerbern, die hiesigen Sitten zu vermitteln. Wünschenswert wäre, so Popp, dass auch weitere Schulleiter Jugendliche informieren – sinnvoll sei es, "Elternabende einzuberufen", damit Familien ähnlich wie hoffentlich nach Treudes Elternbrief, das Thema beim Nachwuchs auf den Tisch bringen.

Was den Villinger Bahnhof anbelangt, so hat der Revierleiter Barth dem Schulleiter Johannes Treude zugesichert, "dem Bahnhofsbereich im Rahmen der polizeilichen Streifen ein besonderes Augenmerk zu widmen". Aber: Solange keine konkreten Straftaten vorliegen, tut sich auch die Polizei da schwer, etwas zu tun", gibt Popp zu. Und eine weitere Problematik kommt hinzu: in sozialen Netzwerken werden häufig Gerüchte gepostet, deren Wahrheitsgehalt "oft fragwürdig ist, teils jeglicher Grundlage entbehrt" – die Spreu vom Weizen zu trennen, fällt nicht immer leicht. "Nichtsdestotrotz gibt es natürlich dieses Phänomen des Ansprechens von jungen Frauen bis hin zu Übergriffen, wie die Vergangenheit, etwa in Köln oder Stuttgart, gezeigt hat. Dass es so weit auch in Villingen-Schwenningen kommt, hofft natürlich niemand. Und wenn doch? "Dann soll man mutig sein und bitte auch die Polizei einschalten!"