Begeistert vom Banjosound des amerikanischen Bluegrass, gründete Hansjörg Malonek den "Folk-Club Rapunzel", um dieser Musik auch in Villingen eine Bühne zu geben. Foto: Schwarzwälder-Bote

Jubiläum: Seit 40 Jahren eine Institution für Musikfans / Unzählige Erinnerungen an tolle Konzerte und Begegnungen mit Künstlern

Sie haben sich dem Folk in seiner ganzen Bandbreite verschrieben, pflegen Kontakte rund um den Globus und holen die Größen der Szene in den Schwarzwald: die Macher des Folk-Clubs Villingen, der "als einer der letzten Überlebenden" in Deutschland nun den 40. Geburtstag feiert.

VS-Villingen. Grund zum Feiern für den harten Kern um Michael Hils, Hans-Reinhold "Erbse" Ebers, Richard Hehn und Kilian Schmidt allemal, denn viele solcher Clubs gibt es nicht mehr. Wie die Pilze seien sie vor 40 Jahren bundesweit aus dem Boden geschossen, erinnert sich Hils, der seit den Anfängen mit von der Partie ist. Da landauf, landab die Kulturämter mit der aufkeimenden Folkbewegung und den politischen Liedermachern nichts anzufangen wussten, ergriffen junge Leute die Initiative und stellten selbst etwas auf die Beine.

Hansjörg Malonek war es in Villingen, der schon früh dem Banjosound des amerikanischen Bluegrass verfallen war, den Club gründete und von der Stadtjugendpflege die leer stehende Scheuer für Konzerte zur Verfügung gestellt bekam. Einzeln von Hand gemalt waren damals die Plakate, erzählt Hils. Und mit einem solchen stand Malonek eines Tages in seinem Schokoladengeschäft und bat, es aufhängen zu dürfen. "Bis dahin hatte jeder von uns gedacht, er sei der einzige Fan dieser Musik in Villingen", schildert der begeisterte Bluegrasser die damalige Begegnung mit einem Schmunzeln.

Es war der Beginn einer Bluegrass-Zelle im Schwarzwald, die sich schnell einen Namen machte. Bretonische Bands, amerikanische Countrymusiker oder deutsche Liedermacher, sie alle standen in der Scheuer auf der Bühne, manchmal gar für das einzige Konzert in Deutschland im Rahmen einer Tournee. Größen wie der Mandolinespieler David Grisman, Thommie Bayer, Hannes Wader und natürlich unzählige Bluegrass-Bands traten in Villingen auf. Und viele schauen bis heute im Folk-Club vorbei. "Mancher, der am Anfang seiner Karriere bei uns war, kehrt gerne immer mal wieder für ein Konzert zurück", stellt Hehn fest. Zum einen seien über die Jahre freundschaftliche Kontakte entstanden, zum anderen schätze so mancher den kleinen Saal. Und das Publikum: "Das ist bei den Künstlern beliebt, denn es hört zu", ergänzt Schmidt.

An die 30 Konzerte stellt das Team inzwischen im Jahr auf die Beine, unterstützt von einem breiten Freundeskreis an der Theke. Die Nachfrage der Künstler übersteige bei weitem die Zahl der Termine, zeigt sich Ebers stolz auf den Ruf des Villinger Folk-Clubs. Auch die Fans reisen teils aus der Schweiz oder Frankreich an, so wie jetzt zum Auftritt der "Krüger Brothers" in der Jubiläumswoche, das bereits ausverkauft ist. "Im Moment boomt es, die Konzerte sind immer gut besucht oder ausverkauft", freut sich Hils über die Resonanz.

So blicken er und seine Mitstreiter gut gelaunt auf die Geschichte des Folks-Club zurück, der in den 40 Jahren so einige Höhen und Tiefen erlebt hat. Die Macher gaben Impulse für das kulturelle Leben, ob das erste und bisher einzige Bluegrass-Festival in Villingen, "Film, Folk und Blues im Zirkuszelt", das Festival der kleinen Künste oder schließlich das Innenhof-Festival, das im Spätsommer zum 26. Mal über die Bühne ging.

Aber es gab auch schwarze Zeiten. Finanzielle Sorgen machten dem Team ebenso zu schaffen wie die monatelangen Kämpfe für eine neue Scheuer, die Ende der 80er-Jahre am Zusammenbrechen war. Nur noch der Leim der Plakate habe die Wände zusammengehalten, hatte es der Kabarettist Thomas C. Breuer zum 25-jährigen Bestehen des Folk-Clubs humorvoll auf den Punkt gebracht. 1991 hatte der Gemeinderat schließlich den Neubau bewilligt, dessen Eröffnung 1992 anstand.

Im Gespräch über die Ereignisse werfen sich Ebers, Hehn, Hils und Schmidt die Bälle nur so zu. Da fällt ihnen das Erlebnis mit einem Musiker ein, der sich in Zeiten ohne Navi nach einem Besuch bei Hohner in Trossingen verirrte, drei Stunden für die Fahrt nach Villinger brauchte und erst mit viel Verspätung in der Scheuer auftauchte. Oder eine der politischen Stimmung 1978 entsprechende Begegnung: Bei einem Frühstück in einem altehrwürdigen Café kamen die langhaarigen Musiker Lody van Vlodrop und Bart van Schaaren mit ihren seltsamen Instrumentenkisten einer Bedienung so verdächtig vor, dass sie die Polizei alarmierte, die plötzlich mit einer Maschinenpistole vor dem Tisch stand. Erinnerungen an vergangene Tage, als die Musiker im Sommer auch spontan ganz ohne Strom im Hof auftraten und es einen regen Briefverkehr nach Amerika gab, um Bands zu engagieren.

Längst haben E-Mails Einzug gehalten, die neue Scheuer ist als Veranstaltungsort nicht mehr wegzudenken und die kleine Anlage einer modernen Technikausstattung gewichen. Doch eines ist über all die Jahre geblieben: Die Begeisterung für die Musik, unter die sich inzwischen neben Folk auch ruhig mal ein bisschen Punk oder Rock mischen darf.

Die musikalische Vielfalt des Folk-Clubs Villingen spiegelt sich auch im Programm zur Jubiläumswoche wider, mit der die Macher zusammen mit den Besuchern von Dienstag, 1. November, bis Samstag, 5. November, das 40-jährige Bestehen feiern. Bluegrass und Countrymusik haben die "Krüger Brothers" im Gepäck, die in Amerika lebenden Brüder aus der Schweiz treten zum Auftakt am Dienstag, 1. November, in der Scheuer auftreten, Der Dokumentarfilm "Mercedes Sosa – die Stimme Lateinamerikas" kommt am Mittwoch, 2. November, in Zusammenarbeit mit dem Kommunalen Kino Guckloch auf die Leinwand. Americana haben die Musiker von "US Rails" im Gepäck, die am Donnerstag, 3. November, zu Gast sind. Mit ihrer Mischung aus Balkan-Blues, Polka‘n‘Roll, Taiga-Twist und Wildwest-Walzern heizt die Band "Hiss" am Freitag, 4. November, ein. Und zum Abschluss der Jubiläumswoche präsentiert der Singer und Songwriter Kornelius Flowers aus Trier am Samstag, 5. November, Lieder zwischen Folk und Punk.

Beginn der Konzerte ist um 20 Uhr, der Film startet um 20.15 Uhr. Karten gibt es im Vorverkauf bei Morys Hofbuchhandlung in der Rietstraße in Villingen und unter E-Mail tickets@folk-club.de. Ein Kombi-Ticket für alle fünf Abende kostet 60 Euro.