Teil vier unserer Stadtteilserie: Rinelen / Nördlichstes Viertel Schwenningens entstand in den 1950ern und 1960ern

Von Alicja Bienger

VS-Schwenningen. "Am Neckar, am Neckar, do ischt e Jedes gern": Dieses Volkslied wird auch heute noch gerne gesungen. Wir bauen eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart und stellen die sieben großen Stadtviertel von Schwenningen in loser Reihenfolge vor. Teil vier: Rinelen, "der Ruhepol".

Gepflegte Vorgärten vor kleinen Reihenhäuschen. Ruhige Sträßchen inmitten üppigen Grüns. Kleine, wenige Geschäfte, in denen sich Stammkunden zum Plausch treffen: All das ist Rinelen.

Spaziert man durch Schwenningens nördlichsten Stadtteil, fällt vor allem die Ruhe hier auf.

Eine beschauliche Gegend mit viel Grün und wenig Autos

Nur wenige Menschen sind auf der Straße, die meisten genießen die Frühlingssonne auf ihren Balkonen oder in ihren kleinen Gärten. Fahrende Autos sieht man kaum. "Eine gute Gegend", denkt man spontan, sowohl für Ältere als auch für Familien, die ihre Kinder ruhigen Gewissens auf der Straße spielen lassen können, ohne einen Unfall befürchten zu müssen.

"Eine gute Gegend", das sagen auch diejenigen, die hier leben. So wie das Ehepaar Schönemann, das seit Jahren im Hochhaus "Vor dem Hummelsholz" wohnt, eine der beiden Straßen, die Rinelen zusammen mit der gleichnamigen Straße gewissermaßen umschließt. Aus dem elften Stock hat man einen wunderbaren Panoramablick nicht nur über den Stadtteil, sondern über ganz Schwenningen, über die Alb und – bei gutem Wetter – bis hinüber zu den Alpen, auf Eiger, Mönch, Jungfrau und den Säntis. "Wir fühlen uns sehr wohl hier", erzählen die Schönemanns, "wir möchten hier nicht mehr weg."

Kein Wunder: Rinelen ist, im Vergleich zu der Mehrzahl der übrigen Schwenninger Stadtteile, in vielerlei Hinsicht verwöhnt. Das liegt nicht nur an der ruhigen, abgeschiedenen Lage am Wald- und Wiesenrand, abseits von Lärm und Trubel, sondern auch an der dennoch guten Infrastruktur. "Wir haben hier eine Bäckerei, eine Bankfiliale, einen Friseur, einen Massagesalon, eine Postfiliale und zahlreiche Arztpraxen", zählt Harald Mager auf, der seit 2002 einen Zeitschriften- und Schreibwarenladen auf Rinelen betreibt. "Zu mir kommen immer die gleichen Kunden, man kennt sich." Sein Kiosk ist am ehesten so etwas wie ein Treffpunkt im Stadtviertel, denn einen offiziellen gibt es nicht. Die Anwohner sind bunt gemischt: In den kleinen Reihenhäuschen, die alle in den 50er- und 60er-Jahren erbaut wurden, wohnen zwar viele ältere Menschen. Da die Häuser aber alle einen ähnlichen Grundriss aufweisen – unten Wohnzimmer und Küche, oben Schlafzimmer –, sei das ständige Auf- und Abgehen der Treppen für viele Ältere inzwischen mühsam geworden, so Mager. Deshalb sei derzeit ein ständiger Wechsel auf Rinelen zu beobachten: Viele ältere Menschen ziehen weg, Jüngere kaufen die Häuschen, die sie dann mit ihren Familien bewohnen.

Laut Flurnamenverzeichnis von Otto Benzing geht der Name "Rinelen" bis ins 13. Jahrhundert zurück. Entstanden ist das Wohngebiet jedoch erst Ende der 50er- und in den 60er-Jahren. Damals ließen die drei Baugenossenschaften GEWOG, das Siedlungswerk der Diözese Rottenburg sowie die GWBAG die markanten Reihenhäuser sowie einige Mehrfamilienhäuser errichten, die zu günstigen Darlehen erworben werden konnten. Da die Siedlung laut den Plänen der Architekten ein abgeschlossenes Ganzes bilden soll, müssen auch die Gärten einheitlich gestaltet werden. Das ist im Wesentlichen bis heute so geblieben. Anfang der 60er-Jahre kommen dann die beiden achtgeschossigen Hochhäuser im östlichen Winkel von Rinelen hinzu, später schließlich entstehen die drei elfgeschossigen Blöcke "Vor dem Hummelsholz".

1972 entsteht das Rinelenzentrum, 2004 wurde es in "Markuszentrum" umbenannt. Das Gemeindezentrum mit integriertem Gebetsraum wurde nach der Markuskirche auf dem Alten Friedhof benannt, die einst als Kirche für den nördlichen Stadtbezirk Schwenningens fungierte. 2004 wurde diese an die Stadt zurückgegeben und heißt seither "Sophienkirche". Seit 2013 hat der Diakonieverein seinen Sitz im Markuszentrum; die Kirchengemeinde gehört wieder, wie vor 1956, zur Stadtkirche.

Ob mit oder ohne Kirche: Die Einwohner Rinelens werden, allein schon aufgrund der geschlossenen Struktur des Wohngebiets oben auf dem "Eschachbuckel", wohl immer eine eingeschworene Gemeinschaft bleiben – zumindest, was das Äußere ihrer Häuser und Gärten angeht.