"Mann über Bord" trifft den Geschmack des Publikums

VS-Villingen (tri). Wenn Männer um die fünfzig sich ihrer Männlichkeit nicht mehr so sicher sind, versuchen sie vielleicht, bei einem gemeinsamen Angel-Wochenende ihre Rollen zu überdenken oder ihre heimlichen Ängste zu überspielen.

Natürlich jeder Typ auf seine eigene Art: der rundlich gewordene Nicht-Schwimmer Bert (Simon van Parys) wagt sich auf komische Weise ins Wasser – "Fett schwimmt oben" –, der schüchterne Martin (René Hofschneider) wird von den anderen dazu gebracht, einen Flirt zu beginnen; Boris (Stephan Bürgi), den die anderen für homosexuell halten, erweist sich als langjährig treuer Liebhaber und Ehemann, der ausgerechnet die Angebetete des großspurigen Stefan für sich gewinnen konnte, und Stefan (Matthias Freihof), der anfangs so großartig mit Erfolgen bei Frauen und im Beruf angibt, ist am Ende der Verlierer, der bescheiden ein neues Leben beginnen muss.

Aber diese nur angedeutete klischeehafte Handlung ist unwichtig; was in dem Stück "Mann über Bord" (Autoren Robert und Ulrike Brambeer) zählt, sind die zahlreichen Musiktitel neueren und auch älteren Datums, in denen die Darsteller ihre altersbedingten Leiden singen und tanzen, zum Beispiel ihr "Nicht-Alt-Sein", ihr Wohlbefinden und ihren Haarausfall, ihre Vergesslichkeit, ihren Hexenschuss.

Und wer seinen Job und seinen Chef hasst, stellt das singend und tanzend und von den anderen begleitet dar, lässt sich übereden zu kündigen, und wenn er dann in der Patsche sitzt, helfen ihm die Kumpel. Sie versuchen naturnah zu leben, und dann müssen sie sich auf komische Art vieler Mücken erwehren. Und natürlich gibt es einen Song, wie schwierig es für Männer ist, Frauen zu verstehen; Stefan belehrt den schüchternen Martin: "Denk dran, Frauen sind zum Shoppen geboren; der Trick ist, sich so unwiderstehlich zu machen, dass sie dich einfach mit nach Hause nehmen müssen".

Die oft recht witzigen Darbietungen ernteten viel Gelächter. Die Inszenierung von Matthias Freihof für das Theater im Rathaus Essen wurde untermalt durch die musikalische Begleitung von Dominik Franke (Keyboard), Siamak Satari (E-Gitarre), Lexa A. Thomas (E-Bass) und Micha L. Uchner und Alexander Hoetzinger (Schlagzeug). Jörg Tucholski entwarf das Bühnenbild, einen Bootssteg mit Kahn am Bodensee.

Der Autor schreibt im Vorwort zu seiner musikalischen Midlife-Krise: "Ich habe mich gefragt, an welchem Punkt die männliche Verzweiflung so groß ist, dass sie schon wieder komisch wird." Die (vielleicht zu) zahlreichen rhythmischen Songs mit vielen Wiederholungen und die lebhaften Tanzbewegungen der vier Männer trafen den Geschmack des Publikums im Theater am Ring, das auf einfache Weise unterhalten werden wollte. Es dankte mit reichem Applaus.