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Nachbar sorgt für vorzeitiges Ende des Sommerfests am Walkebuck. Vereine überlegen neuen Vorstoß. Mit Kommentar

Villingen-Schwenningen - "Kann es sein, dass ein einziger bestimmt, wann Schluss ist?", ärgert sich nicht nur der Stadt- und Bürgerwehrchef Karl-Heinz Schwert. Ein Nachbar habe dafür gesorgt, dass bei den Sommerfesten am Villinger Walkebuck am Samstagabend um 23 Uhr Feierabend ist.

Nicht wirklich gerne erinnert sich Andreas Kühn, Vorsitzender der Südstadtclowns, an das Sommerfest im Jahr 2016. "Um 22 Uhr musste die Band ihre Instrumente einpacken, obwohl die Gäste noch Zugaben gefordert haben", berichtet er im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Gegen 23 Uhr seien zehn Besucher dagewesen, um ihre Gläser auszutrinken. "Und wir Helfer hatten noch unser Feierabend-Bier auf den Tischen stehen." Das Sommerfest endete für Kühn und sein Team jäh mit einer Verwarnung durch die örtliche Polizeibehörde. Von anderen Vereinen hörte er, dass auch sie aus dem gleichen Grund Ärger mit dem Amt bekommen hätten. Auch Schwert traute seinen Augen im Sommer 2016 ebenfalls nicht, als gegen 21 Uhr zwei Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes "auftauchten, um Lärmmessungen zu machen".

Schlecht fürs Geschäft

Die eingeschränkte Regelung besteht zwar schon seit einigen Jahren. Doch die finanziellen Auswirkungen machen den Vereinen nach wie vor zu schaffen. Sommerfeste "sind unsere Haupteinnahmequelle", so einige Vereinsvertreter, zu denen neben den Südstadtclowns auch Fazenedle, Schanzelzunft, Stadt-und Bürgerwehrmusik und die Siedlergemeinschaft Südstadt gehören. Umsatzeinbußen seien nicht ausgeblieben, denn viele Gäste sagen sich, "da gehen wir erst gar nicht mehr hin". Für Harald Beha, Siedler-Vorsitzender, ist die Regelung durch das Verwaltungsgericht Freiburg ebenfalls ein Unding: "Das sind ein paar Stunden zu wenig." Für die Vereine ist das Thema deshalb noch lange nicht vom Tisch.

Nicht nur Andreas Kühn schwelgt in der Erinnerung an "alte Zeiten", als nach Mitternacht noch lange nicht Feierabend war". Doch seit Jahren sei mit dem langen Feiern am idyllischen Platz Schluss. "Ein einziger Anwohner", erzählt er, "habe sich über den Lärm beschwert, mit durchschlagendem Erfolg." Seither müssen die Vereine für sie "empfindliche Sperrzeiten" beherzigen. Ab 22 Uhr darf keine Musik mehr spielen, ab 23 Uhr muss der Ausschank beendet, darf kein einziger Gast mehr zu sehen sein. Für Kühn und seine Mitstreiter ist das alles nicht nachvollziehbar, handele es sich mittlerweile nur noch um insgesamt sechs Feste. Kühn und Beha überlegen sich, gemeinsam mit den anderen Vereinen das Gespräch mit der Stadtspitze zu suchen. Der Stadt- und Bürgerwehr-Vorsitzende Schwert nimmt kein Blatt vor den Mund: "Es ist traurig, dass in der Südstadt ein einziger darüber bestimmen kann, wie lange ein Festbetrieb sein darf." Der Hexenzunft-Vorstand dagegen hält sich sehr bedeckt: "Wir rütteln da nicht dran", meinte Zunftmeister Meik Gildner. "Aber wir können das Thema gerne nochmal besprechen."

Anwohner wundern sich

Bei einem solchen Gespräch käme sicherlich auch ein Kompromissvorschlag zur Sprache, den einige Vereinsspitzen aufbrachten und den Pressewart Michael Schmieder (Schanzelzunft) so formuliert: "Warum dürfen wir nicht bis 23 Uhr die Musik laufen lassen und um Mitternacht den Ausschank beenden? Damit wäre uns allen sehr geholfen." Den Vereinen wäre geholfen, und den meisten Anwohnern wäre eine lockere Regelung der Schlusszeiten egal. Wie eine kurze Umfrage unter Anrainern ergab, hat kaum jemand Verständnis dafür, "dass da einer immer Terror macht", meint einer. Andere können genauso wenig wie ihre Nachbarn verstehen, "dass die Meinung eines einzelnen so viel Gewicht hat". Bis Mitternacht feiern? "Das wäre für uns alle kein Problem." Für fast alle.

Stadt-Pressesprecherin Oxana Brunner räumt zwar ein, dass es häufig einzelne Bürger seien, die sich wegen Lärms beschweren. Die Stadt stehe auf dem Standpunkt, dass man jeden einzelnen Bürger und jede Beschwerde ernst nehmen müsse. Ähnlich argumentiert auch das Verwaltungsgericht Freiburg: "Es kommt aber immer auf den Einzelfall an. Aus dem hohlen Bauch treffen wir keine Entscheidungen." Und wie sieht der Beschwerdeführer die Angelegenheit? Dieser war gestern leider nicht zu erreichen.

Kommentar: Gut gebrüllt

Von Eva-Maria Huber

Es zieht sich wie ein roter Faden durch manche Beschwerde-Mails an die Verwaltung: Einzelne Bürger machen Gastronomen, "Scheuer"-Verantwortlichen und Vereinen das Leben schwer. Wohlgemerkt: Es geht nicht um Anwohner, die sich zu Recht über unverschämte Krawallbrüder und -schachteln beschweren, sondern um eine überschaubare Zahl an Konzerten an der Kalkofenstraße, an eine Bonsai- Bewirtung in einem kleinen Innenhof und sechs Sommerfeste am Walkebuck. Viele Stimmen verpuffen im Nichts, während Einzelne mit allen Mitteln ihr Recht einfordern. Wer auch immer hier die Weichen für Einschränkungen stellt, ob Justiz oder Stadt, ist zu Recht in der Kritik: Interessen einer Mehrheit werden Einzelinteressen geopfert. Demokratische Spielregeln werden nach dem Motto missachtet: Wer am lautesten brüllt, der wird gehört.