Kuratorin Nila Weisser mit einem Werk von Regina Baierl "privates Gehäuse für Ludwig den Frommen". Foto: Simon Foto: Schwarzwälder-Bote

Ausstellung: "Re-Vision" beschäftigt sich mit 4. Juni und urkundlicher Erwähnung

Villingen-Schwenningen. Der 4. Juni 817 ist ein einschneidendes Datum in der Geschichte Villingen-Schwenningens. In diesem Jahr, auf dem Höhepunkt des karolingischen Zeitalters, wurden die Stadtbezirke Schwenningen, Tannheim und Villingen erstmals urkundlich erwähnt.

Somit Anlass für den Kunstverein VS in Kooperation mit dem Franziskanermuseum ein ehrgeiziges Kunstprojekt, das gestern im bestens besuchten Museum eröffnet wurde, zu realisieren. Mit dem vermeintlich sperrigen und amtsdeutsch klingenden Namen "Re-Vision 817" wird zunächst einmal Rückschau auf das frühe neunte Jahrhundert gehalten. In eine Zeit von der nur wenige Fakten und Daten überliefert sind, abgesehen von der besagten urkundlichen Erwähnung, die eben Anlass für das Stadtjubiläum ist. 100 Künstler wurden eingeladen, sich auf dieses historische Datum zu beziehen. Rund 50 Künstler hatten Vorschläge ausgearbeitet, die von einer Jury bewertet wurden.

Die Künstler haben alle Freiheiten – und nutzen sie auch

Die Juroren, der Künstler Daniel Bräg, Museumsleiter Michael Hütt, Kunstvereinsvorsitzender Helmut Kury, die Leiterin des Kunstmuseums Albstadt Veronika Mertens und die Kuratorin Nila Weisser haben sich letztlich für 21 Konzepte, die von insgesamt 25 Künstlern erarbeitet wurden, entschieden. Herausgekommen ist eine von Nila Weisser klug zusammengestellte Ausstellung mit einem hohen kreativen Potential. Die Künstler hatten alle Freiheiten und sie haben sie auch genutzt. Die Werke beziehen sich auf die Vergangenheit von Stätten und Stadt, aber auch ganz im Sinne von Vision auf ihre Gegenwart und Zukunft. Der historische Bezug war sicherlich Ausgangspunkt des künstlerischen Schaffens, aber die Resultate sind alles andere als historisierend. "Die Aufbrüche in Re-Vision 817 sind in Anbetracht der Erstnennungsurkunde vielgestaltig", erläuterte die Kuratorin. Der Eindruck des (Un-)Leserlichen ergehe sich in Ausdrücken mit je subjektivem Vokabular in verschiedenen Übersetzungen. So hat Angela M. Flaig zu Beginn ihre Gründungsurkunde aus Fichten- und Kiefersamen geschaffen. Die Urkunde der Ersterwähnung war auch das Thema der Gemeinschaftsarbeit der Künstlerinnen Panka Chirer-Geyer und Birgit Wenninghoff. Auf über 20 Quadratmetern erscheint ihre "Abschrift" aus Gips auf dem Fußboden des Refektoriums. Das Schriftbild ist genauso wenig oder nur mit Mühe zu entziffern wie im Original, das im Kloster St. Gallen archiviert ist. Passend erscheint dazu das Graffiti des Konzeptkünstlers Tobias Maximilian Schnell, bei der es inhaltlich um die Lesbarkeit einer "Sauklaue" geht. Verständlicher oder auch nicht geht es eine Wand weiter zu. Dort war der Künstler Paul Revellio zugange. Er habe eine "Wandmalerei aus karolingischer Zeit neu entdeckt und zum Jubiläum rechtzeitig freigelegt". So ist es zumindest im Katalog vermerkt. Ob nun sofort ersichtlich, oder mehrmals um die Ecke denken gefragt ist, der Kunstverein ist zum Stadtjubiläum mit einem herausragenden Projekt präsent, das weniger geschichtliche Kenntnisse als vielmehr persönliche Vorstellungen und die individuelle Phantasie abverlangt, von den Künstlern wie Besuchern gleichermaßen.

Weitere Informationen: "Re-Vision 817" im Villinger Franziskanermuseum bis 21. Mai. Dienstags bis samstags von 13 bis 17 Uhr, sonn- und feiertags von 11 bis 17 Uhr. Führung mit der Kuratorin Nila Weisser am Sonntag, 9. April, um 15 Uhr.