Alexandra Protasova, Austauschschülerin aus Tula, verbringt einige Tage in VS. Foto: Schimkat Foto: Schwarzwälder-Bote

Bildung: Alexandra Protasova aus der VS-Partnerstadt Tula besucht derzeit das Gymnasium am Romäusring

Alexandra Protasova, Austauschschülerin aus dem russischen Tula, besucht derzeit das Romäusring-Gymnasium in Villingen. Sie wohnt bei ihrer Gastfamilie in Schwenningen.

Villingen-Schwenningen. Mit dem Tablet als Navigator in der Hand kommt Alexandra Protasova zu dem Treffpunkt mit dem Schwarzwälder Boten im VAU in Schwenningen. Sie ist ein Frischluftfan und möchte draußen sitzen. Dann erzählt sie in hervorragendem Deutsch von ihrem Land und ihren Ambitionen für die Zukunft.

Sie wohnt bei Gastfamilie in Schwenningen

Sie gehört zu den Austauschschülern aus der VS-Partnerstadt Tula und besucht das Gymnasium am Romäusring in Villingen für acht Tage, lebt aber bei ihrer Gastfamilie in Schwenningen. Sie sei das erste Mal im Ausland und dann noch in Deutschland, ihrem Lieblingsland, erklärt sie.

In Tula besucht sie ab September die elfte Klasse, macht im Juni 2018 ihr Abitur. Als Pflichtfächer habe sie in Russland Mathematik und Russisch, alle anderen Fächer seien Wahlfächer, Unterricht in Politik und Religion gebe es an keiner Schule in Russland, erklärt sie. Ab der zweiten Klasse konnte man an ihrer Schule eine Fremdsprache wählen, alle Schüler hätten sich für Englisch entschieden, nur sie für Deutsch, fährt sie fort. Ab der neunten Klasse habe sie Intensivunterricht in Deutsch mit eigenem Lehrer, den ihre Eltern extra bezahlen müssen, ansonsten sei der Besuch der Schule kostenlos.

Es gibt hier viele Präsentationen

Sie interessiere sich für andere Länder und ihre Geschichte, auch für deren Menschen und Kultur, betont sie. "Die Schule hier ist besser, die Schüler haben auch nicht so viele Hausaufgaben", erklärt sie. Der Unterricht sei interessanter, es gebe viele Präsentationen mit besseren Geräten als in Russland, erklärt sie.

Durch die ausgesprochen vielen Hausaufgaben in Russland haben die Schüler kaum Freizeit, betont sie. Im Sportunterricht gebe es in Russland vor allem Fußball und andere Ballspiele, dazu Leichtathletik und Fitness.

In ihrer Freizeit würden viele Russinnen und Russen Ballett- und Boxunterricht nehmen. "Wir feiern Weihnachten am 7. Januar, in der Kirche müssen Frauen Kopftücher und lange Röcke tragen", erklärt sie und meint, dass sie nicht so oft in die Kirche gehe. Da ihre Mutter nicht arbeiten gehen könne, habe ihr Vater zwei Jobs angenommen, so Alexandra.

Auf ihr Lauftraining angesprochen, antwortet Alexandra Protasova, dass sie erst im April damit angefangen habe. Das Ziel, einen Marathon zu laufen, sehe sie in weiter Ferne, da sie mit einer Organisation, die autistische Kinder unterstützt, trainiere. "Ich bin sozusagen die Praktikantin und mache in der Organisation mit, da ich einen autistischen Bruder habe", erzählt sie. Ihr Bruder sei 15 Jahre alt. Ihre Mutter begleitete ihn in die Schule, sie sei im Unterricht dabei. Er sei sehr von ihrer Mutter abhängig, betont sie. Sieben autistische Kinder würden in der Gruppe mitlaufen, am ersten Marathon in Moskau seien sie fünf Kilometer gelaufen, am nächsten Marathon Ende August in Tula werde man zehn Kilometer laufen und sich nach und nach bis zum Marathon steigern, betont sie. "Die Kinder, sie sind eigentlich schon Jugendliche, lieben das Laufen, sie sind ganz schön stark und schneller als ich", schmunzelt sie.

Sie will Tula schöner machen

Auf ihre Zukunftspläne angesprochen, antwortet Alexandra Protasova, dass sie nach dem Abitur fünf Jahre "Internationale Beziehungen" an der Hochschule studieren werde. Anschließend wisse sie, welchen Beruf sie einschlagen möchte. Auf jeden Fall möchte sie dazu beitragen, dass in ihrer Stadt einiges verbessert werde, angefangen von den Verkehrsmitteln bis zu dem Erscheinungsbild von Tula. Auch soziale Themen seien ihr sehr wichtig, unterstreicht sie. Sie möchte später ihren Landsleuten einmal erklären können, wie es in anderen Ländern aussehe. Dafür müsse sie auch die Länder besucht haben.

Auf die Frage, wieviele Autisten in Russland leben, schreibt sie blitzschnell eine Mail an ihre Mutter in Russland, die Antwort kommt postwendend: 60 Autisten gebe es, aber das seien wahrscheinlich nur die, von denen man es wisse, meint sie. "Wir müssen die Gesellschaft hier aufklären, was Autismus ist, das wissen die Menschen nicht", betont sie und erklärt abschließend, dass ihr Bruder sehr gerne singe, natürlich nicht in einem Chor, sondern für sich alleine.