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Jürgen Zugmantel hat den Schritt in Selbstständigkeit nie bereut

Von Birgit Heinig

Er ist der älteste aktive Tankwart der Stadt. In der Tankstelle am Eingang zum Wohngebiet Haslach ist Jürgen Zugmantel seit 1975 tätig. An den Ruhestand denkt der 71-Jährige noch lange nicht.

VS-Villingen. Von morgens um sieben bis abends halb acht hat er seine Tankstelle geöffnet, anwesend sind er, seine Frau Jana oder sein Sohn Marco dort allerdings täglich 14 Stunden – an allen sieben Tagen der Woche.

Auf die Frage nach Urlaub antwortet er mit einer Gegenfrage: "Was ist das?" Dabei lacht er, denn Jürgen Zugmantel ist trotz ständiger Bereitschaft und Arbeit ein zufriedener und glücklicher Mann. Wenn er und seine tschechische Frau für ein Wochenende nach Prag fahren können, das ist für beide ein großer Schatz. Man spürt die Freude und den Spaß am Leben, an der Arbeit und an den täglichen Begegnungen mit vielen Menschen, wenn Jürgen Zugmantel aus seinem Leben erzählt.

Als 15-Jähriger zu Krauss in die Lehre

1945 ist er in Villingen geboren und in der Luisenstraße aufgewachsen. Als 15-Jähriger begann er beim damaligen VW-Autohaus Krauss die Lehre zum Kraftfahrzeugmechaniker und arbeitet dort bis 1975. Dann kam das Angebot, eine Texaco-Tankstelle in Haslach zu übernehmen.

Den Schritt in die Selbstständigkeit hat Jürgen Zugmantel nie bereut. Daher musste er auch nicht lange überlegen, als sich Texaco 1988 aus dem Deutschland-Geschäft zurückzog und ihm die Tankstelle zum Kauf anbot. Damals war ein Tankwart noch viel in Bewegung: bei jedem Kunden tanken, Scheiben reinigen, auf Wunsch den Ölstand messen. "Die Menschen hatten damals mehr Zeit, es ging alles etwas ruhiger zu als heute", erinnert sich Zugmantel.

Heute ist er hauptsächlich Kassierer, verkauft neben Treibstoff Zeitschriften und Süßigkeiten. Doch besonders bei älteren Kunden ist er immer noch zur Stelle und gerne beim Betanken behilflich. Außerdem erledigt er in der kleinen Werkstadt Serviceaufgaben und führt kleinere Reparaturen durch.

Der Kreis seiner Stammkunden ist stetig gewachsen. Sogar aus Tannheim und Pfaffenweiler kommen sie zu ihm. Das inzwischen vielleicht auch, weil Zugmantel sich hartnäckig weigert, das übliche Hin und Her der mehrmals täglichen Preisanpassung mitzumachen.

Sein frühes Interesse für Autos brachte Zugmantel als Teammanager eines Freundes, einem Formel-III-Fahrer, auf den Nürburg- und den Hockenheimring. Und nach jedem Rennen bereitete er das Fahrzeug in seiner Werkstadt akribisch auf das nächste vor. In seiner Jugend war er zudem ein begeisterter Fußballer und vor allem Boxer. In der SABA-Boxstaffel ist er neben Horst Rascher, Harald Lauble, Harald Schubert und Jupi Naser in den 1960er-Jahren groß geworden und hat 1973 den Boxclub Villingen gegründet, dessen Vorsitzender er 20 Jahre lang war. Bis heute trainiert er oft in seiner eigenen "Folterkammer". Trotzdem hat ihm, der nie geraucht hat und kein Alkohol trinkt, vor drei Jahren plötzlich das Herz Probleme bereitet – eine große Operation musste sein. Trotzdem trainiert er und läuft jeden Tag zweieinhalb Kilometer.

Er genießt Schwatz mit den Kunden

Solange seine Gesundheit mitmache, genieße er seine Tankstelle und die vielen freundlichen Kunden, sagt er. Viele kommen nicht nur tanken, sondern auch auf einen Schwatz.

Und nebenbei zieht Jürgen Zugmantel Tomaten-, Zucchini- und Paprikapflanzen groß und hegt seine Orangen- und Zitronenbäume – schließlich will ein Ruhestand, falls er dann doch einmal eintritt, vorbereitet sein.