Klein beigeben will Viktor Puhlmann auf keinen Fall. Foto: Eich

Vom Hundehaufen ins Gefängnis: Ist Viktor Puhlmann ein Opfer der "Hunde-Mafia"? Widerstand gegen Polizisten.

Villingen-Schwenningen - Er ist wohl das, was man einen streitbaren Geist nennt. Klein beigeben will Viktor Puhlmann auf keinen Fall. Er fühlt sich verfolgt, von der "Hunde-Mafia", aber auch von der deutschen Justiz. In dieser Überzeugung ging er sogar ins Gefängnis. Ausgestanden aber ist die Sache auch damit noch nicht.

Viktor Puhlmanns Geschichte dürfte ganze Aktenordner füllen. Sie begann vor fast genau drei Jahren damit, dass der heute 59-Jährige eine Wohnung in der Villinger Breslauer Straße bezog. Willkommen gefühlt habe er sich dort von Anfang an nicht. Das Grundstück, auf dem das Mehrfamilienhaus steht, sei seit jeher, schon vor seinem Einzug dort, von Hundehaltern als Hundeklo missbraucht worden, erzählt Puhlmann. Das habe er nicht hinnehmen wollen.

In der Folge schildert er in der Redaktion des Schwarzwälder Boten, wie sehr ihm die Hundehaufen auf der Wiese gestunken haben. Teilweise seien es die reinsten Tretminen gewesen. Und er erzählt, dass die Herrchen und Frauchen der Verursacher auf seine unverhohlene Verärgerung nicht mit Verständnis, sondern teilweise sogar mit weiteren Provokationen reagiert hätten. Wie Puhlmann erzählt, schaukelte sich der Ärger in der Nachbarschaft immer weiter hoch. Hunde, die demonstrativ, nur zum Häufchen machen vor seinen Balkon geführt worden seien, "Beleidigungen, faule Eier, Kaugummi, Müll, zerstochene Reifen", der Nachbarschaftsstreit bekommt in seiner Aufzählung viele Facetten.

Um sich zu wehren sei er von Pontius zu Pilatus gerannt – dem Ordnungsamt in Villingen-Schwenningen, zur Polizei um Anzeige zu erstatten, vom Vermieter habe er sich ebenso vergeblich Hilfe erhofft wie von der Staatsanwaltschaft oder Politikern. Aus den Unterlagen, die der Mann in die Redaktion mitbringt, geht hervor, dass mit stichprobenartigen Streifengängen oder vereinzelten Gesprächen zwar offenbar reagiert worden ist, doch seine Schilderungen machen ebenso Glauben, dass all das nichts änderte. "Sie müssen hier wegziehen, das hilft alles nichts", habe ihm sogar ein Polizist geraten. Dem Rat sei er irgendwann gefolgt.

Die Anmeldebestätigung der Stadt Villingen-Schwenningen vom 6. November 2013, die seinen Umzug nach Schwenningen zum 1. November 2013 bescheinigt, legt Viktor Puhlmann vor sich auf den Tisch. "Sehen Sie, ich habe alles dokumentiert, ich habe mich korrekt umgemeldet", sagt er vehement und klopft mit der flachen Hand auf besagtes Papier. Warum das so wichtig ist? Weil sein Kampf gegen die "Tyrannei", wie er den Nachbarschaftsstreit umschreibt, auch bei der gegnerischen Partei offenbar entsprechende Reaktionen nach sich zog.

Dass der Zwist zwischen beiden Parteien bisweilen ausartete, gibt Puhlmann unumwunden zu: "Ich war empört, ich war wütend, aber ich habe nie geschlagen oder irgendetwas in dieser Art", beteuert er eifrig und sagt, wie unglaublich wütend er sei, dass ihm seine ehemaligen Nachbarn genau ein solches Verhalten in einer Anzeige vorgeworfen hätten, die schließlich sogar zu einer Gerichtsverhandlung geführt habe. Von dieser habe er, weil er trotz Nachsendeantrag zunächst keine Post erhalten habe, allerdings erst im Nachgang erfahren. Plötzlich sei ein Schreiben über eine in Abwesenheit verlaufene Gerichtsverhandlung eingetroffen, bei der er wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei: zweimal 60 Tagessätze zu je 15 Euro.

Er habe seinen Augen nicht getraut, schildert Puhlmann. Und dann habe er getan, was er bis heute immer wieder, beinahe schon gebetsmühlenartig tut: Er schrieb an das Gericht, widersprach, legte Einsprüche ein und blieb auf seinem Standpunkt, dass er nicht rechtskräftig verurteilt sein könne, weil er von dieser Verurteilung und dem Gerichtsverfahren nichts gewusst habe. Parallel zu diesen Schreiben bekam er Post mit den Forderungen, die Strafe zu bezahlen. "Ich bezahle nicht!" An Puhlmann ist ein echter Rebell verloren gegangen.

Die Justiz wollte ihm das aber offenbar nicht durchgehen lassen. Schließlich, erzählt er, habe Puhlmann, mittlerweile in einer anderen Kreisgemeinde wohnhaft, persönlichen Besuch von zwei Polizeibeamten bekommen. Sie hätten ihn zur Zahlung aufgefordert und prophezeit, ins Gefängnis zu müssen, wenn er nicht bezahle. Doch Viktor Puhlmann wähnte sich in Unschuld, er habe doch wieder und wieder dieser Forderung widersprochen, sogar schriftlich.

"Tatsächlich bin ich entrechtet!"

Ein offenbar wirkungsloser Akt: Im Januar diesen Jahres überraschte ihn die Polizei erneut. Er sei gerade vom Einkaufen gekommen, aus dem Auto gestiegen und habe in der Garage eine Glasplatte aus dem Kofferraum seines Autos geladen. Mitkommen wollte Puhlmann nicht. Später beschreibt er, dass die Polizisten ihn zu Boden geworfen hätten. Den Kopf in den Kies gedrückt, habe man ihm, bei Eiseskälte am Boden liegend, ein Knie in den Rücken gestemmt, um seine Hände hinter dem Rücken mit Handschellen zu fesseln. Und dann habe er mitkommen müssen. Viktor Puhlmann im Gefängnis. "Mit allem drum und dran", er schildert, wie er sich erkennungsdienstlich untersuchen lassen musste. Und wie er dann in Villingen fünf Stunden lang in Haft gesessen habe, bis seine Frau tatsächlich bezahlt habe. Damit war die Körperverletzungsgeschichte endgültig vom Tisch. Eine andere jedoch nicht: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte lautete der neue Vorwurf.

Im Urteil eines Gerichtsprozesses wird später zu lesen sein, dass er versucht habe, die Polizisten mit der Glasplatte wegzuschieben. "Aus diesem Grund wurde er von den Beamten am Boden abgelegt".

Am Boden ist Puhlmann irgendwie noch immer: In einer Verhandlung, bei der ihm der Beistand eines Pflichtverteidigers "verweigert" worden sei, wurde er wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung – "ich habe zu denen ›Trottel‹ gesagt" – zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung verurteilt. "Beim Angeklagten ist – wie vorliegend ersichtlich – mit Geldstrafen keinerlei Wirkung zu erzielen", erklärt das Amtsgericht. Einher geht mit der Bewährungsstrafe allerdings auch die Auflage, zugunsten des Bezirksvereins für soziale Rechtspflege VS eine Geldauflage in Höhe von 1500 Euro zu bezahlen.

Doch der Rebell macht weiter und pocht nun auf ein Wiederaufnahmeverfahren. Er, der sich als Opfer der "Hunde-Mafia" sieht, solle plötzlich der Täter sein? Für den 59-Jährigen unbegreiflich. "Tatsächlich bin ich entrechtet", sagt er traurig im Gespräch mit unserer Redaktion. Aber der Rebell in ihm zieht die nächste Vorladung für Anfang März 2016 beim Landgericht Konstanz aus dem Briefkasten und will auf seine Art weiterkämpfen: "Ich habe unter diesen Umständen, ohne richtigen Anwalt, nicht vor, dem Gericht beizuwohnen!"