Die türkischstämmige Autorin Serap Cileli berichtete im Hoptbühl-Gymnasium von ihrer Arbeit und diskutierte engagiert mit jungen Leuten. Foto: Hoptbühl-Gymnasium Foto: Schwarzwälder-Bote

Serap Cileli erzählt vor Schülern von ihrem Schicksal / Zwangsverheiratet in der Türkei

VS-Villingen. Im Gymnasium am Hoptbühl (GaH) erlebten die Schüler der elften Klassen einen außergewöhnlichen Nachmittag. Die türkischstämmige Autorin Serap Cileli war zu Gast, berichtete von ihrer Arbeit und diskutierte engagiert mit den Zuhörern.

Thema war die brisante Menschenrechtslage bei Töchtern konservativ-muslimischer Einwanderer in Deutschland. Cileli weiß, wovon sie spricht: Mit zwölf Jahren zwangsverlobt, entging sie zunächst durch einen Selbstmordversuch ihrem Schicksal, bevor sie mit 15 Jahren in die Türkei gebracht und mit einem älteren Mann verheiratet wurde.

Sieben Jahre dauerte die unglückliche Ehe, bevor die junge Frau sich der Kontrolle des Familienclans entzog und mit zwei Kindern in ein deutsches Frauenhaus floh. Heute lebt sie mit dem Mann ihrer Wahl in Deutschland und setzt sich für die Rechte muslimischer Mädchen und Frauen ein. Sie schrieb das Buch "Wir sind eure Töchter, nicht eure Ehre" und gründete 2008 "Peri – Verein für Menschenrechte und Integration", der sich um die Opfer häuslicher Gewalt in Einwandererfamilien kümmert und Mädchen hilft, die von Zwangsheirat oder Ehrenmord bedroht sind. Für diese Arbeit erhielt sie 2005 das Bundesverdienstkreuz. Über 900 Mädchen wandten sich bisher an Serpa Cileli.

Die Referentin berichtete vor den Schülern von den jährlich 3000 Zwangsverheiratungen in Deutschland und von jungen Männern, die erklärten, bereit zu sein, ihrer Schwester die Kehle durchzuschneiden, wenn sie wie eine "deutsche Schlampe" lebten.

Deutlich kritisierte Cileli viele deutsche Feministinnen, die feige seien und aus falsch verstandener Toleranz und in "krankhaftem Multikultiwahn" die Opfer im Stich ließen. Es dürfe für die Täter keinen "Kulturbonus" geben.

Junge Leute reagieren unterschiedlich

Muslimische Organisationen wie Ditib und Milli Görüs würden ihre Menschenrechtsarbeit nicht unterstützen, sondern boykottieren, türkische Zeitungen gegen sie Stimmung machen. Erschreckend war zu hören, dass Serpa Cileli immer wieder aggressiv bedroht wird und ihre Arbeit im Sinne des Grundgesetzes seit Jahren nur unter Polizeischutz für sich und ihre Familie vornehmen kann.

Die Zuhörer im  Hoptbühl-Gymnasium begegneten einer Frau, die sich in einem schmerzvollen Prozess aus erstickenden Traditionen befreite. Sie appellierte an die Schüler: "Wer von Menschenrechtsverletzungen weiß und sie hinnimmt, macht sich mitschuldig." Während einzelne Schüler Cilelis offene Worte ablehnten, wurde Cileli von anderer Seite als "mutig und stark" gelobt und aufgefordert, ihre Arbeit unbedingt weiterzuführen.

Möglich geworden wurde die Veranstaltung durch die Hilfe des Vereins der Freunde des GaH und durch eine großzügige Spende des Clubs "Soroptimist International", der sich auch in diesem Falle für die Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements von Frauen einsetzte.