Die Redner und Veranstalter beim Wirtschaftstag (von links): Uwe Schreiber (stellvertretender Geschäftsführer AOK Schwarzwald-Baar-Heuberg), Siegfried Gänßlen (ehemaliger Vorstandsvorsitzender Hansgrohe), Waltraud Flaig, Jürgen Guse, Anselm Bilgri, Heinz-Rudi Link und Thomas Brugger (Geschäftsführer). Foto: Schück Foto: Schwarzwälder-Bote

Wirtschaftstag der Gewinnerregion mit Vortrag von Anselm Bilgri

Von Felicitas Schück

Schwarzwald-Baar-Kreis. Im Zeitalter von Industrie 4.0 hält Anselm Bilgri Rückbesinnung auf die Regeln des heiligen Benedikt von Nursia (Ora et labora) für angebracht. Der ehemalige Benediktinermönch, heute Unternehmensberater, Coach und Autor vieler Bücher, sprach zum Thema "Wertewandel-Quo Vadis" beim Wirtschaftstag der Gewinnerregion.

350 Unternehmer, Politiker und Würdenträger der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg waren in die renovierte Stadthalle von Bräunlingen gekommen. Bei Verlust von Handlungskompetenz sowie einfacheren Arbeitsplätzen durch Kommunikation von Maschinen sei von den Arbeitnehmern erhöhtes Abstraktionsvermögen und mehr Hand lungskompetenz gefragt, trug Bilgri, der im Alter von zehn Jahren schon einmal in der Region war, nämlich in Bad Dürrheim zur Kur und anschließend in "Villingen-Schwetzigen" zur Blinddarmoperation, vor. Im Zeitalter von Industrie 4.0 müssten Führungskräfte die Kommunikation der Mitarbeiter untereinander im verstärkten Maße fördern, sagte Bilgri.

Der Theologe und Mediator lobte die "Best Practise"-Beispiele von vier Unternehmen der Region, die den Besuchern vorgestellt wurden, als vorbildlich. Sie alle hätten gemeinsam, dass sie den Menschen, beziehungsweise Mitarbeiter, in den Mittelpunkt ihres Handelns stellten, so Bilgri. "You have to love people", brachte er das Erfolgsgeheimnis auf den Punkt. "Man muss Menschen mögen, das ist das wirkliche Geheimnis." Von Orangen, die die AOK Schwarzwald-Baar-Heuberg ihren Mitarbeitern bei einer Grippewelle auf den Tisch stellt, bis zu Massagen, Familienservice und Gesundheitschecks bei Hansgrohe reichte das Spektrum der "Best-Practise"-Beispiele. Gemeinsam ist allen vieren nicht nur, dass sie den Menschen in den Mittelpunkt stellen, sondern auch familiäre Atmosphäre, die ein Unternehmen mit 4000 Mitarbeitern und vielen Nationalitäten wie Hansgrohe unter anderem mit der Betonung "Heimat statt Beliebigkeit" und der Verwurzelung im Schwarzwald als Stabilitätsfaktor erreicht.

Alle Redner betonten, wie wichtig es sei, dass die Mitarbeiter das Gefühl hätten, wertvoll zu sein und etwas Sinnvolles zu tun. Mit 60 Mitarbeitern kultiviert die Schreinerei Flaig in Hardt das Zusammengehörigkeitsgefühl. Waltraud Flaig lädt beispielsweise zu Besprechungen ein, bei denen sie für die Mitarbeiter kocht, diese dürfen nach Feierabend im Betrieb ihre eigenen Möbel herstellen, wobei der Betrieb ihnen vertraut, dass sie korrekt abrechnen. Schließlich schickt Flaig seine Mitarbeiter zu den "Denkanstößen" nach Rottweil und sorgt mit einer Bibliothek für Bildung. Familiäre Atmosphäre wird auch bei der Brugger GmbH Magnetsystem sehr geschätzt, so sehr, dass viele Mitarbeiter miteinander verwandt sind.

Anselm Bilgri legte dar, dass "Wertewandel so alt wie die Menschheit ist". Von der Antike mit dem glückseligen Leben als höchstem Sinn über das Mittelalter mit ewigem glückseligen Leben im Jenseits als Ziel bis zur Proklamation der Menschenrechte in den USA und Frankreich hin zur individuellen Freiheit in diesem Jahrhundert. "Ziel ist heute, das Leben zum Erlebnis zu machen", so Bilgri. Das gelte auch für die Arbeit. "Arbeit soll Spaß machen und Möglichkeiten der Selbstentfaltung bieten." Der einzelne wolle als Person gewürdigt werden. Nicht Karriere und Geld seien Ziel, sondern ein erfülltes Leben mit Zeit für Familie und Freunde. "Das ist ein echter Wertewandel und stellt Personaler vor Herausforderungen", so Bilgri.