Der Ortschaftsrat trifft sich regelmäßig im Dietinger Rathaus – zumindest noch. Foto: Hezel

In Dietingen sitzt nicht nur die Verwaltung der Gesamtgemeinde, sondern auch ein eigener Ortschaftsrat. Ein seltener Fall in Baden-Württemberg, der neben Vorteilen auch Nachteile mit sich bringt, weshalb nun über eine Auflösung debattiert wurde.

„Ein Ortschaftsrat am Hauptort der Gemeinde ist selten in Baden-Württemberg anzutreffen“, erklärte Ortsvorsteher Klemens Schmid im Gremium. Durch den seltenen Umstand in Dietingen entstünden immer wieder gewisse Überschneidungen.

Sachentscheidungen könnten durch alleinige Zuständigkeit der Gemeindeverwaltung beschleunigt werden, gab der Ortsvorsteher zu bedenken. Bürger aus Dietingen gingen mit Anliegen vermehrt direkt an die Gemeindeverwaltung oder den Bürgermeister, berichtete Schmid. Die Findung von relevanten Tagesordnungspunkten für die Ortschaftsratssitzung gestalte sich immer wieder schwierig.

Blick in die Zukunft

„Mit den Kommunalwahlen im kommenden Jahr steht ein Blick in die weitere Zukunft der Ortsvertretung an“, so Schmid. Diese erfordere für den Ortschaftsrat eine ausreichende Kandidatenzahl zur weiteren Besetzung des Gremiums. Bei der Kommunalwahl 2019 seien durch eine Wählerinitiative keine Kandidaten für den Ortschaftsrat, sondern lediglich für den Gemeinderat aufgestellt worden, gab Ortsvorsteher Schmid an.

Nun steht die Option im Raum, den Dietinger Ortschaftsrat aufzulösen. Ortsvorsteher Schmid gab zu bedenken, dass die Abschaffung des Ortschaftsrats eine Lücke hinterlassen würde, bei Kirchen und Vereinen. Bei Mitgliederversammlungen seien der Ortsvorsteher und Ratsmitglieder bei Würdigung und Wahlen zur Verfügung gestanden; und durch den Ortsvorsteher habe ein guter Austausch mit den Vereinen stattgefunden, teilte Schmid mit. Diese Tätigkeiten könnten aber durch Gemeinderäte, Bürgermeister oder Vertreter anderer Vereine aufgefangen werden.

Die anwesenden Ortschaftsräte gaben allesamt an, eine Auflösung mittragen zu können. „Was haben wir in den letzten fünf Jahren entscheiden dürfen? So gut wie nichts!“, äußerte Ortschaftsrat Silas Eints. Ortsvorsteher Schmid wendete ein, dass nach Vorberatung des Ortschaftsrats der Gemeinderat meist der Linie des Beratungsentschlusses folge.

„Hin- und hergerissen“

Ortschaftsrat Alexander Ettwein erklärte „hin- und hergerissen“ zu sein. Einerseits sehe er es als Doppelgremium, zumal einige Ortschaftsratsmitglieder auch Teil des Gemeinderats sind. Allerdings betrachte er es als Vorteil, einige Angelegenheiten vorab zu besprechen und im Gemeinderat zu vertreten. Es stehe und falle mit der Bereitschaft der Bürger, sich für den Ortschaftsrat aufstellen zu lassen.

Dem pflichtete Ortschaftsrat Gerhard Schneider bei. Ortschaftsrätin Franka Ettwein-Baur zeigte sich erschrocken über die mangelnde Anzahl an Interessierten in der Sitzung, obwohl die Thematik als Tagesordnungspunkt öffentlich bekannt gemacht wurde: „Daran sieht man, was wir hier für eine Stellung haben!“

„Ich schätze das jetzige Gremium sehr“, lobte Bürgermeister Frank Scholz. Im Falle der Auflösung brauche es für die Verwaltung eine Unterstützung, für die Zusammenarbeit mit Vereinen und Kirchen. Scholz betonte aber auch, dass die Doppelstrukturen manchmal nicht förderlich seien. Wichtig sei, dass die Entscheidung einvernehmlich getroffen wird.

„High Noon“ am 17. Juli

In der kommenden Ortschaftsratssitzung am Montag, 17. Juli, soll die Entscheidung fallen. Sollte sich der Ortschaftsrat tatsächlich auflösen, muss die Gemeindesatzung zur nächsten Kommunalwahl 2024 geändert werden.