Auch Schwarzwaldidylle und eine vorhandene Infrastruktur können den berufsbedingten Fortzug von jungen qualifizierten Bürgen aus Unterkirnach nur zum Teil aufhalten. Foto: Schlenker Foto: Schwarzwälder-Bote

Statistik zeigt Aderlass bei jungen Menschen / Arbeitsplatz spielt eine große Rolle

Von Ulrich Schlenker

Unterkirnach. Eine Auswertung des statistischen Landesamts zeigt, dass weniger junge Erwachsene nach Unterkirnach übersiedelten als von dort fortzogen. Die Gruppe der bis zu 35-Jährigen stellt den größten Wanderungsanteil.

Häufig ist der Beruf ein Motiv für den Umzug. Aus den 2014 vorgelegten Zahlen des statistischen Landesamts von Baden-Württemberg geht hervor, dass es in der Altersklasse der 25- bis 35-Jährigen den größten Aderlass gab. Hochgerechnet auf 1000 Einwohner schrumpfte diese Altersgruppe zwischen 2008 und 2012 im Jahresdurchschnitt um 22,7 Personen. In der darunter liegenden Altersklasse von 18 bis 25 Jahren war der Wanderungssaldo im Dorf ausgeglichen, es gab gleich viel Zuzug wie Fortzug. In ganz Baden-Württemberg zogen laut der Studie des statistischen Landesamts dagegen deutlich mehr junge Erwachsene im Alter von 18 bis 35 Jahren zu als weg.

Fast die Hälfte der Bevölkerungswanderung geht im Ort auf junge Erwachsene bis 35 Jahren zurück. Die Gemeinde macht mit familiengerechten Betreuungsangeboten und dem Erhalt der Infrastruktur viel für ein attraktives Wohnumfeld. Dies anerkennt auch der 27-jährige Florian Glatz, der heute statt in Unterkirnach in Mannheim zu Hause ist. Er würde später gerne in die Region zurückkommen. "In meinem Berufsbereich der quantitativen Marktforschung gibt es dort nur vereinzelt Stellen", ist ihm aber klar. Der passionierte Saxophonist hat auswärts auch die Vorteile der Mobilität ohne ein Auto schätzen gelernt.

Für das Arbeiten in der Ferne macht Musikerkollege Christian Bausch derzeit einen Spagat. Für den 25 Jahre alten Gemeinderat und Musikvereinsvorstand kommt ein Fortzug aus Unterkirnach in den nächsten Jahren nicht in Frage. Obwohl es Stellenangebote in der näheren Umgebung gab, arbeitet der studierte Projektcontroller in Friedrichshafen. "Die mir nach dem Abschluss der dualen Hochschule dort angebotene Stelle bietet mehr Entwicklungsmöglichkeiten", begründet er seine Arbeitsplatzwahl weit weg von seinem kulturellen und lokalpolitischen Lebensmittelpunkt. "In jungen Jahren kann man auch pendeln", sagt der Unterkirnacher. Mit der Aufnahme eines Studiums sei ein zeitweises Leben außerhalb der Ortschaft zwangsläufig, so seine Einschätzung.

Mit Andreas Wagner verlässt demnächst ein in das Gemeindeleben gut eingebundener Bürger das Dorf. Der Elternbeirat der Roggenbachschule und ehemalige Beisitzer im Förderverein ist ein Beispiel für den Zu- und Fortzug im jungen Erwachsenenalter zugleich. Er habe er sich wegen der guten Infrastruktur mit dem Hallenbad und der Spielscheune für Unterkirnach als Wohnort entschieden, verriet der frühere Zeitsoldat.

Nun zieht es den 35-Jährigen mit seiner Frau und den drei Kindern allerdings in den Großraum München. Dort hat der Wirtschaftsinformatiker eine für seinen Werdegang passende Arbeitsstelle gefunden.