Düsseldorf - „Ich reiche die Scheidung ein!“ Oft ist es nicht das verflixte siebte Jahr: 14,9 Ehejahre haben die meisten der im Jahr 2015 voneinander geschiedenen Paare miteinander verbracht. Insgesamt scheitert in Deutschland jede dritte Ehe. Hier ein Überblick, was Eheleute danach erwartet.

Was ist der erste Schritt einer Scheidung?
Die Partner trennen sich und beginnen so das Trennungsjahr. Das kann ganz formlos passieren, Anwälte sind in diesem Moment noch nicht notwendig. „Wer die Scheidung will, sollte aber später nachweisen können, wann genau die Trennung vollzogen wurde“, sagt der Düsseldorfer Familienrechtler Christoph Thieme. Das könnte zum Beispiel durch Zeugen geschehen, die den Auszug der früheren Partner aus der gemeinsamen Wohnung bestätigen.
Ist ein Auszug grundsätzlich notwendig?
Nein, beide Ehepartner haben das Recht, während der Trennungszeit in der Wohnung zu bleiben. Egal, wem die bisherige Wohnung gehört oder wer sie gemietet hat. Es darf jedoch keine „häusliche Gemeinschaft“ mehr bestehen. Die Trennung kann vollzogen werden, indem zum Beispiel die Räume jeweils auf die Eheleute aufgeteilt werden.
Gibt es bereits einen Anspruch auf Unterhalt?
Bereits während des Trennungsjahres besteht ein Unterhaltsanspruch, und zwar auf Trennungsunterhalt. Voraussetzung: Einer der Partner ist bedürftig, der andere leistungsfähig. Der Trennungsunterhalt wird berechnet wie der spätere Nachscheidungsunterhalt und längstens bis einen Monat nach der Verkündung des Scheidungsurteils gezahlt. „Trennungsunterhalt muss sofort gefordert werden – nachträglich gibt es nichts“, sagt Fachanwalt Thieme.

Wie das Familiengericht arbeitet

Wie lange dauert es bis zur Scheidung?
Zunächst muss das Trennungsjahr abgewartet werden (Ausnahmen sind möglich, etwa bei Gewalttätigkeiten). Es wurde unter anderem deshalb eingeführt, damit die Eheleute genügend Zeit haben, ihre Entscheidung zu überdenken. Erst nach Ablauf des Trennungsjahres kann einer der beiden einen Scheidungsantrag beim Familiengericht stellen. Dazu ist ein Rechtsanwalt nötig.
Was passiert nach dem Scheidungsantrag?
Das Familiengericht bereitet den Versorgungsausgleich vor, also die Verteilung von Rentenansprüchen. Dafür erhalten die Ehepartner Unterlagen, in denen sie Angaben etwa zu ihrer gesetzlichen Rentenversicherung machen müssen. Das Familiengericht holt Auskünfte bei den Rententrägern ein und berechnet den Ausgleich. Das allein kann mehrere Monate dauern. Ist der Versorgungsausgleich erledigt, setzt das Familiengericht einen Verhandlungstermin fest.
Wie werden gegenseitige Ansprüche geklärt?
Bis zum Scheidungstermin müssen sich die Ehepartner, sofern keine drei Jahre getrennt, über einige Punkte einigen: Unterhalt, Hausrat, die Rechte an der Ehewohnung und – sofern minderjährige Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind – zusätzlich auf eine Regelung der elterlichen Sorge, des Umgangsrechtes und der Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern. Eine solche Scheidungsfolgenvereinbarung kann durch die Ehegatten selbst aufgesetzt werden, durch Rechtsanwälte oder einen Notar, alternativ kann das Familiengericht die Einigung protokollieren – dann aber müssen beide Eheleute beim Termin durch einen Rechtsanwalt vertreten sein. Kommt eine Einigung nicht zustande, werden die Angelegenheiten mit gesondertem Antrag anhängig gemacht und dann mit der Scheidung entschieden.

Wie sich eine Scheidung steuerlich auswirkt

Was passiert beim Termin am Familiengericht?
Die Eheleute werden befragt, wie sie den Zustand der Ehe einschätzen. Auch wenn einer von beiden dem Scheidungsantrag widerspricht, kann das Familiengericht die Scheidung aussprechen – es kommt darauf an, ob der Richter die Ehe als gescheitert betrachtet. Der Termin dauert oft nur eine Viertelstunde.
Wie teuer wird das Scheidungsverfahren?
Das hängt vom Streitwert ab, der nach Einkommen, Vermögen sowie den einzelnen Streitgegenständen (zum Beispiel Umgangsrecht, Hausrat, Zugewinnausgleich) bestimmt wird. Die Ehepartner zahlen ihren Anwalt jeweils selbst, die Gerichts- und Sachverständigengebühren werden geteilt. Die Rechtsschutzversicherung übernimmt typischerweise nur eine Erstberatung beim Anwalt. Der Durchschnittsverdiener sollte mit etwa 2000 bis 5000 Euro Kosten rechnen.
Kann man Scheidungskosten absetzen?
Die Scheidungskosten können als außergewöhnliche Belastung beim Finanzamt geltend gemacht werden (EStG § 33). Berücksichtigt werden sie allerdings nur, wenn sie die „zumutbare Eigenbelastung“ des Steuerpflichtigen übersteigen. Wie viel das ist, ergibt je nach Familienstand und Kinderzahl aus einem Prozentsatz des Gesamtbetrages der Einkünfte. Schwerste Finanzlast eines Geschiedenen ist meist die Pflicht, an die oder den Ex Unterhalt zahlen zu müssen. Bis zu 13 805 Euro im Jahr können davon als Sonderausgaben abgesetzt werden (EStG § 10). Bei diesem sogenannten Realsplitting muss der Unterhaltsempfänger die Einnahmen allerdings als sonstige Einkünfte in der eigenen Steuererklärung angeben und unter Umständen versteuern.