Zeitumstellungen - was bringen die eigentlich? Foto: fotolia

Na, angekommen in der Winterzeit? Wie verschiebt sich da nochmal was genau? Und wie, wann und wo kam es überhaupt zur Einteilung von Zeitzonen? Wir haben die Fakten.

Stuttgart - Wenn in London zur Mittagszeit der Big Ben läutet, ist es in Stuttgart bereits 13 Uhr, in Istanbul sogar noch eine Stunde später. Diese Städte liegen in unterschiedlichen Zeitzonen. Doch wie kam es zu dieser Einteilung? Wann wurden sie eingeführt? Und wo genau verlaufen sie?

Der Anlass

Im 18. Jahrhundert wurde die Uhrzeit noch vom Sonnenstand bestimmt. Es galt die sogenannte Wahre Ortszeit (WOZ). Das bedeutet: 12 Uhr mittags läutete es an einem Ort erst dann, wenn die Sonne ihren Zenit tatsächlich erreicht hatte. Schlugen also in München (11. Längengrad) die Rathausglocken gerade Mittag, war es in Stuttgart (9. Längengrad) erst 11.50 Uhr. In Zeiten von Pferden und Kutsche war das nicht weiter problematisch. Mit dem aufkommenden Eisenbahnverkehr wurde es jedoch immer schwieriger, die Fahrpläne an die unterschiedlichen Ortszeiten anzupassen. Eine neue Regelung war nötig.

Der Entstehungsprozess

Um die Erstellung der Fahrpläne zu erleichtern, wurden zunächst überregionale Standardzeiten etabliert, die sich jeweils an der WOZ der Hauptstädte orientierten: So galt in Preußen die Wahre Ortszeit von Berlin, in Bayern die Uhrzeit Münchens. 1883 unterteilten die Eisenbahngesellschaften Nordamerikas die USA und Kanada sodann in vier (später fünf) Zeitzonen. Ein Jahr später wurde die Einteilung, wie wir sie heute kennen, auf der Internationalen Meridiankonferenz in Washington vorgenommen. Dabei wurde der Londoner Greenwich-Meridian als Nullmeridian bestimmt. Die Festlegung erfolgte willkürlich, da Längengrade keinen natürlichen Mittelpunkt haben – im Gegensatz zu den Breitengraden, bei denen der Äquator die Erde in zwei Hälften teilt.

Die Berechnung

Ausgehend vom neu bestimmten Nullmeridian wurde die Welt in 24 gleich große Zeitzonen untergliedert – sogenannte Kugelzweiecke, die sich über jeweils 15 Längengrade erstrecken. Die Zeitdifferenz zwischen zwei Zonen beträgt immer eine Stunde. Gen Osten nimmt die Uhrzeit zu (15, 16, 17 Uhr), gen Westen nimmt sie ab (15, 14, 13 Uhr). Die Datumsgrenze verläuft vom Nord- zum Südpol entlang des 180. Längengrades quer durch den Pazifik. Dieser Längengrad wurde ausgewählt, da er durch dünn besiedeltes Gebiet führt. Wird er von Ost nach West gequert, verschiebt sich die Uhrzeit um 24 Stunden – ein Kalendertag wird übersprungen. Andersherum wird das bisherige Datum beibehalten.

Pro Zeitzone gilt eine durchgängige Zonenzeit (beziehungsweise zwei Zonenzeiten, falls in der Zeitzone die Sommerzeit angewendet wird). Diese entspricht idealerweise der mittleren Sonnenzeit der Zonenmitte. Würde sich die Uhrzeit am Sonnenstand orientieren, wiche sie an den Rändern jeder Zone um je eine halbe Stunde ab: Am östlichen Rand wäre es eine halbe Stunde früher, am westlichen eine halbe Stunde später als in der Zonenmitte.

Ursprünglich wurden die 24 Zonenzeiten mit Hilfe der Greenwich Mean Time (GMT) – der Zeit am nullten Längengrad – berechnet. Seit 1972 misst man die Zonenzeiten mit der koordinierten Weltzeit oder Universal Time Coordinated (UTC). Diese setzt sich aus den Uhrzeiten von über 260 Atomuhren in rund 60 Zeitinstituten zusammen, deren Arbeit vom Internationalen Büro für Maß und Gewicht in Paris koordiniert wird.

Die deutsche Zonenzeit entspricht seit dem Jahr 1893 UTC +1 (Mitteleuropäische Zeit oder MEZ) beziehungsweise UTC +2 zur Sommerzeit (MESZ).

Die Realität

Die Aufteilung der Welt in 24 gleichgroße Zeitzonen besteht jedoch nur auf dem Papier. De facto weichen die Zeitzonen oft von den theoretisch durch die Längengrade vorgegebenen Grenzen ab. Stattdessen orientiert sich die offizielle Zeit eines Landes meist an seiner Staatsgrenze oder – in Ländern mit mehreren Zeitzonen – an innerstaatlichen Grenzen. Es kann aber auch die Zonenzeit einer benachbarten oder anderen idealen Zeitzone gewählt werden. Dies geschieht aus geografischen, historischen, politischen, wirtschaftlichen oder kulturellen Gründen. Eine Zeitzone umfasst geografisch folglich die Fläche aller Staaten und ihres Territoriums, die sich eine Zonenzeit teilen, sowie den ozeanischen Regionen, die zu der jeweiligen idealen Zeitzone gehören.

Da sich manche Staaten auf eine nicht ganzstündige Verschiebung zur UTC festgelegt haben (wie Indien: UTC + 5:30) oder an einer Datumsgrenze das Datum der anderen Seite gewählt haben (wie Samoa), gibt es faktisch mehr als 24 Zeitzonen.